Beiträge von Buchbesprechung

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    REZENSION – Weltweit starben bis Mitte Mai etwa 300 000 Menschen an Covid-19. Diese Zahl sowie der globale Verlauf der aktuellen Corona-Pandemie und deren Auswirkungen auf Menschen in aller Welt sind es, die den Wissenschafts- und Umweltthriller „Leben“ von Uwe Laub (49), im April im Heyne-Verlag erschienen, vom Autor ungewollt und völlig überraschend so erschreckend aktuell werden lassen. Denn seinen Roman hatte Laub bereits im Sommer 2019 abgeschlossen, als von Covid-19 noch lange nicht die Rede war.

    Das eigentliche Thema des Romans ist deshalb auch nicht ein einzelnes Virus, sondern die grundsätzliche Gefährdung der Spezies Mensch als kleines, wenn auch beherrschendes Glied unseres globalen Ökosystems. Wie das Titelbild des Buches das in einer Sanduhr verrinnende Leben zeigt, geht es in Laubs Roman um nichts Geringeres als das Überleben der Menschheit, das durch das von Wissenschaftlern anhand der Vielzahl bereits ausgestorbener Spezies nachgewiesene sechste Massensterben der Erdgeschichte längst gefährdet ist.

    Folgerichtig beginnt Laubs ungemein fesselnder Thriller „Leben“ mit dem Tod: Wildtiere verenden in Südafrika zu Tausenden ebenso wie in Europa. Bedrohte Tierarten sterben binnen Tagen aus, andere sind durch das Arten übergreifende Massensterben in ihrer Existenz bedroht. Sogar die Menschheit scheint todgeweiht, wie der junge Pharmareferent Fabian Nowack feststellen muss. Er ist bereits am todbringenden Progerie-Syndrom erkrankt, einem unheilbaren Gen-Defekt, der binnen weniger Wochen weltweit 200 Millionen Todesopfer gefordert hat. Die Jagd nach einem Heilmittel wird zum Kampf ums Überleben.

    Zwei Pharmakonzerne stellt der Autor gegenüber: Der eine behauptet, ein wirksames Medikament entwickelt zu haben und verdient Milliarden an der Pflichtimpfung aller Menschen, obwohl Insidern bewusst wird, dass dieses Medikament letztlich doch nicht hilft, sondern nur den Tod hinauszögert. Das Medikament des anderen Konzerns würde tatsächlich heilen, doch dessen Konzernchef vertritt als radikaler Umweltschützer die Ansicht, der Globus vertrage nur eine Milliarde Menschen, weshalb er sein Medikament an entsprechend Auserwählte verteilen lässt und bewusst den Tod der restlichen sieben Milliarden Menschen in Kauf nimmt.

    In seinem Thriller verbindet Uwe Laub, der bereits durch seinen Überraschungserfolg „Blow Out“ (2013) und den Bestseller „Sturm“ (2018), der 2019 für den Deutschen Phantastikpreis 2019 nominiert war, sich einen Namen als Autor von Umwelt- und Wissenschaftsthrillern gemacht hat, nach mehrjähriger Recherche auf faszinierende Weise wissenschaftliche Fakten und eine überaus spannende Handlung um seinen Protagonisten Fabian Nowack. So tröstlich der fesselnde Spannungsroman auch endet, wirkt seine drängende Botschaft, bedingt durch viele Handlungsdetails, die der aktuellen Corona-Lage ähneln, momentan umso nachdrücklicher und nachhaltiger. Ob wir Menschen aus der aktuellen Pandemie unsere Lehren ziehen und diese Krise als einmalige Chance zu mehr Klima- und Naturschutz nutzen werden? Der britische Physiker Stephen Hawking (1942-2018) begrenzte die verbleibende Lebensdauer der Menschheit auf nur noch hundert Jahre, sollten wir unsere Lebensweise beibehalten. Schuld sei die stetig wachsende Übervölkerung der Erde durch die Spezies Mensch, dessen Raubbau an der Natur sowie seine schädigenden Eingriffe in das sensible Ökosystem.

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    REZENSION – Mit „Namibia“ setzt Autor Sebastian Fickert (44) die Reihe seiner interessanten Reiseerzählungen fort, die 2007 mit dem Band über Japan begann, gefolgt von Kasachstan (2011), dem Berg Ararat (2015) und Ecuador (2017). Etwa alle drei Jahre zieht es den promovierten Juristen, seit 2016 Richter am Oberlandesgericht Bamberg, nur mit dem Notwendigsten ausgerüstet, in ein ihm völlig unbekanntes fernes Land, auf das er sich zuvor durch intensives Studium historischer Quellen und zeitgenössischer Literatur vorbereitet.

    Im Sommer 2019 durchquerte er mit Zelt und Geländewagen zwei Wochen lang das südwestafrikanische Namibia durch die Wüste bis zum Atlantik, vom Inselberg Spitzkoppe bis in die Etosha-Pfanne, anfangs in Begleitung seines Bruders, später völlig allein. Er bestieg die Dünen der Namib und aß Apfelkuchen nach deutscher Rezeptur. Die Küstenstadt Swakopmund begeisterte ihn durch die baulichen Relikte aus deutscher Kolonialzeit (1884-1915), die Township Katutura (Windhoek) offenbarte ihm die aktuelle Problematik des erst 1990 in die Unabhängigkeit entlassenen Staates. Begegnungen mit Einwohnern und Wildtieren, der Kontrast von moderner Zivilisation und ursprünglicher Natur blieben dem Reisenden als prägende Erinnerungen.

    Gerade die in den Bericht eingestreuten Rückblicke in die wechselvolle Geschichte des Landes und Zitate aus Tagebüchern aus deutscher Kolonialzeit, verknüpft mit seinen persönlichen Eindrücken aus Begegnungen mit Land und Leuten, machen Fickerts Reiseerzählung so interessant und lesenswert. In lockerem, leicht lesbarem Stil geschrieben, humorvoll und mit gelegentlicher Selbstironie, gelingt es dem Autor, das ihm unbekannte afrikanische Land nicht aus oberflächlicher Sicht eines deutschen Touristen nur unvollkommen zu beschreiben, sondern trotz der relativen Kürze seiner nur zweiwöchigen Fahrt dank umfassender Vor- und Nachbereitung und intensiver Eindrücke den Lesern die Komplexität historischer wie neuzeitlicher Probleme aufzuzeigen.

    Der Aufprall unterschiedlichster Kulturen, der sich sogar in den schwarzen Townships zeigt, wo die verschiedenen Stämme ihre jeweils voneinander getrennten Wohnviertel haben und Kontakte zwischen den Stämmen vermieden werden, machen eine Lösung alter wie neuer Konflikte kaum lösbar, musste Fickert erfahren. Es geht in Namibia eben nicht nur um den einen Konflikt zwischen Schwarz und Weiß, es gibt nicht nur „die Schwarzen“. Es zeichnet den Autor aus, diese Konflikte an keiner Stelle aus deutscher Sicht werten zu wollen. Er bleibt nur Beobachter, will nicht Richter sein. „Es braucht noch viel Zeit, die Probleme dieses Landes aufzuarbeiten“, äußert sich Fickert später in einem Interview. Aus persönlichen Begegnungen mit Einwohnern sei ihm die Erkenntnis des deutschen Geologen Henno Martin (1910-1998) geblieben: „Die Menschen sind mit komplexen Systemen überfordert. Wir müssen deshalb nachsichtig miteinander sein.“

    Allein in der Wildnis habe ihm die Stille und Einsamkeit großen Respekt vor dem Land eingeflößt. Der die deutsche Großstadt gewohnte Autor muss wie Henno Martin erkennen: „Was nutzt schon Ellbogenraum in der grenzenlosen Einsamkeit der Wüste?“ Seine Wahrnehmung sei durch die unmittelbare Nähe zur Natur geschärft worden. Nicht nur seine Erlebnisse mit Wildtieren in ihrer ursprünglichen Lebenswelt blieben ihm in Erinnerung, sondern vor allem die Namib-Wüste und der scharfe Kontrast, wenn der Wüstensand bei Swakopmund in den Atlantik zu fließen scheint, aber auch der dichte Sternenhimmel über unbewohnter Steppe, das warme Licht der untergehenden Sonne und die für Namibia so typische rotbraune Landschaftsfarbe.

    Gerade der Eindruck dieser intensiven, warmen Farben bleibt Besuchern Namibias nachhaltig in Erinnerung. Doch genau dies lässt das bei Königshausen & Neumann im Mai veröffentlichte Buch, nur mit wenigen Schwarz-Weiß-Fotos lieblos illustriert, schmerzlich vermissen. Auch ist es dem Leser unmöglich, die Route des Autors zu verfolgen, da die Karte im Anhang leider keinen Routenplan zeigt. Trotz dieser Kritik bleibt Sebastian Fickerts „Namibia“ eine informative, teils spannende und sogar abenteuerliche, in jedem Fall empfehlenswerte Reiseerzählung. Namibia-Kennern holt sie manche Erinnerung wieder ins Gedächtnis, alle anderen lässt sie über einen Besuch des „großen Landes mit wenigen Menschen“ nachdenken.