Hallo Ihr,
nachdem ich erfahren habe, dass Alexander Solschenizyn am 03. August 2008 verstorben ist, hielt ich es für eine gute Idee, meine erste Rezi für den SLW-Wettbewerb ihm zu widmen.
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„Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“ von Alexander Solschenizyn
Aleksandr Issajewitsch Solschenizyn wurde am 11. Dezember 1918 im russischen Kislowodsk geboren. Er studierte Mathematik und Physik.
Während des Zweiten Weltkrieges diente er in der Roten Armee als Artillerieoffizier und geriet in deutsche Kriegsgefangenschaft.
Kurz vor Kriegsende 1945 wurde er wegen kritischer, politischer Äußerungen verhaftet und verbrachte zunächst acht Jahre im sowjetischen Arbeitslager, bevor er 1953 in die „ewige Verbannung“ nach Sibieren geschickt wurde. Nach Stalins Tod 1956 erfolgte seine Rehabilitation.
Seine Erfahrungen mit dem stalinistischen Lagersystem verarbeitete er in seinem Roman „Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch“, der starke autobiografische Züge
trägt. Die Veröffentlichung 1962 erregte der starkes Aufsehen und brachte ihm Weltruhm ein.
Es folgten weitere Bücher, die ebenfalls eine autobiografische Abrechnung mit dem Stalinismus waren. Sein Buch „Der erste Kreis der Hölle“ durfte in der UdSSR nicht publiziert werden und er geriet zunehmend in Konflikt mit dem Sowjet-Regime. 1969 erfolgte sein Ausschluss aus dem sowjetischen Schriftstellerverband und als er 1970 den Nobelpreis für Literatur erhielt, wurde ihm die Ausreiseerlaubnis zur Entgegennahme des Preises verweigert, so dass die Verleihung in seiner Abwesenheit erfolgen mußte. Sein Buch „Archipel Gulag“, eine dokumentarische Darstellung über politische Verfolgung in der UdSSR von 1918 bis 1956, wurde 1973 in Paris publiziert und erregte große internationale Aufmerksamkeit.
1974 wurde er erneut verhaftet und ausgebürgert. Er lebte zunächst mit seiner Familie in Zürich in der Schweiz und ging 1976 in den USA. Nach dem Zusammenbruch der UdSSR kehrte er 1994 in die Heimat zurück und ließ sich in Moskau nieder.
Am 03. August 2008 ist er in Moskau verstorben.
Alexander Solschenizyn beschreibt in seinem Roman einen willkürlich ausgesuchten Tag im Leben des Iwan Denissowitsch Schuchow, der nach einer absurden Anklage wegen Hochverrats – er wurde im Laufe des Krieges als Rotarmist von den Deutschen gefangen genommen – zu zehn Jahren Arbeitslager verurteilt wurde und seit acht Jahren sein Leben als „Häftling Nummer S 854“ in einem sowjetischen Gulag fristet. Der immer gleiche und und von der Lagerleitung streng reglementierten Lageralltag beginnt mit dem Wecksignal am frühen Morgen und endet am Abend, wenn Schuchow einschläft. In den dazwischen liegenden Stunden versucht er, listig und klug, sein Überleben zu sichern und seine Lage etwas angenehmer zu gestalten. Das ganzes Handeln und Denken des immer hungrigen Häftlings dreht sich hauptsächlich um das Essen und darum, für sich möglichst eine Extraportion rauszuschlagen. Dazu kommt die Sorge um warme Kleidung, da bei seiner Arbeit im Freien klirrender Frost mit bis zu 40 Grad Minus herrscht. Trotzdem versucht er seine Arbeit anständig zu erledigen, damit er am Abend stolz und zufrieden sein kann. Hinzu kommt die allgegenwärtige Angst vor der Willkür der Bewacher, sowie die Gedanken an die Familie und die Befürchtung, diese nicht mehr lebend wiederzusehen und natürlich, der Gedanke an den Tod.
Zweimal im Jahr darf er einen Brief nach Hause schreiben, aber selbst da muß er mit Repressalien der Bewacher rechnen.
Alexander Solschenizyn schildert in seinem Buch in einfachen Worten den tristen und menschenunwürdigen Lageralltag unter Stalin, den er selber erlebt hat.
Es ist ein willkürlich ausgesuchter Tag im Leben des ebenfalls willkürlich ausgesuchten Häftlings Nummer „S 854“. Ihn zeichnet nichts besonderes aus, nur die Tatsache, dass sein Schicksal Millionen von Menschen in der UdSSR teilten.
Das von Stalin ins Leben gerufene System gehörte ein Vierteljahrhundert zum täglichen Leben fast aller Sowjetbürger. Es gab kaum eine Familie, aus der nicht mindestens ein Verwandter in einem Lager war.
Ungeschönt wird die Wirklichkeit beschrieben, die in der UdSSR lange Zeit Realität war.
Über diese Tatsache durfte lange Zeit nicht gesprochen werden.
Ohne das Grauen und die Unmenschlichkeit auch nur mit einer Zeile zu beschreiben, entlarvt er in seinem Roman das stalistische Lagersystem, in dem der Alltag der Menschen von Terror, Tod und Zwangsarbeit gezeichnet ist.
Der Alltag wird in einfachen, sachlichen Worten geschildert, der Autor will kein Mitleid erregen, so wie auch der Protagonist nicht in Selbstmitleid versinkt. Die Wertlosigkeit des Individuums , das Dasein als Nummer wird ganz nüchtern geschildert, ein ganz normaler Tag, ganz normale Gedanken in einem Lageralltag.
Die Vorstellung, dass Millionen Menschen Tag für Tag jahrelang solche Tage verleben mußten, macht betroffen und sprachlos.
Das Buch kommt völlig ohne Effekthascherei aus, es ist ein leises Buch und gerade deshalb ist es so beeindruckend.
Ich gebe dem Buch ohne Bedenken
Liebe Grüße
gretchen