Beiträge von julia von droste

    Das Stockholm Oktavo ist kein historischer Roman wie viele andere. Schon der Titel hat unsere Aufmerksamkeit geweckt. Stockholm klang verlockend, Oktavo geheimnisvoll. Das Buch selbst ist sehr schön gestaltet in Blau- und Silbertönen mit einer kecken Rokokozeichnung.
    Auch die Zeit in der das Buch spielt ist ungewöhnlich - das ausgehende Rokoko. Soweit wir wissen gibt es nicht viele Bücher, die in dieser Zeit spielen, geschweige denn in Stockholm.
    Im Mittelpunkt einer Geschichte, die aufrührerische Turbulenzen um den Schwedenkönig Gustav mit der Revolution in Frankreich und dem Sturz Ludwig XVI. verknüpft, steht der Sekretär Emil Larsson, der durch ein geheimnisvolles Kartenspiel - das Oktavo - gegen seinen Willen eine Schlüsselrolle bei den politischen Ereignissen in Stockholm bekommt. Dabei entwickelt Emil sich von einem oberflächlichen, frauenjagenden Lebemann zu einem gereiften Mann mit Tiefgang, der lernt, den Wert von Freundschaft und Loyalität zu schätzen. Dabei wird sein Schicksal mit den anderen acht Figuren seines Oktavos verknüpft, von denen jede nicht nur eine bestimmte Rolle, z.B. Kurier, Gefangener, etc. einnimmt, sondern diese auch erfüllt und wie im Falle von Johanna überwindet. Alle acht Figuren sind dabei eng mit dem Attentat auf König Gustav verknüpft. Da ist die Baronesse Uzanne, die im Laufe der Handlung immer böser und fanatischer wird und am Ende einen hohen Preis dafür bezahlt, ihre skrupellose Komplizin Anna Maria, die ebenso wenig wie die Uzanne vor Mord zurückschreckt und Johanna, die erst in ihrem Elternhaus, später bei der Uzanne von ihren Lebensumständen gefangen ist, sich am Ende aber befreien kann. Madame Sparv, die Gegenspielerin der Uzanne, bekämpft diese mit ihren Spielkarten, während die Uzanne ihren Fächer Kassiopeia als Waffe einsetzt.
    Beim Lesen wurde uns ziemlich schnell klar, dass die Autorin Karen Engelmann mit Leib und Seele bei der Sache gewesen ist. Das Buch strotzt vor wunderschönen atmosphärischen Beschreibungen, vielen kleinen interessanten alltagshistorischen Details und ungewöhnlichen Blicken auf ihre Figuren. Dennoch dauerte es ziemlich lange, bis der Funke ganz und gar bei uns übersprang. Das lag einerseits daran, dass wir die Figuren, die die Rolle der "Guten" spielen lange nicht sympathisch fanden. Außerdem ist die Handlung am Anfang sehr verwirrend, verdichtet sich aber immer mehr bis hin zum spannenden Höhepunkt.
    In vielen Szenen fühlten wir uns an ein Theaterstück erinnert oder an den Film "Gefährliche Liebschaften". Die Idee Fächer und Spielkarten als sehr weibliche Waffen zu wählen, war toll und bot viele interessante Informationen. Die leichtlebige "Tanz auf dem Vulkan" Atmosphäre des Rokoko wurde ebenfalls sehr schön getroffen. Was dagegen noch ein bisschen klarer hätte werden dürfen, waren die politischen Verhältnisse in Schweden zu dieser Zeit und wie sie sich auf das Leben und Denken dort ausgewirkt haben. Und Romantikerinnen werden im Roman das Fehlen einer wirklichen Liebesgeschichte vermissen.