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Zum Inhalt: Der Waisenjunge Kim wächst in den Straßen von Lahore auf, wo er sich mit Bettelei und Gelegenheitsarbeiten durchschlägt. Als er sich mit einem tibetanischen Lama anfreundet und diesen auf seiner Suche dem „Fluß des Pfeils“ begleitet, erfüllt sich schnell auch eine ihn betreffende Prophezeihung. Mitglieder eines britischen Regiments erkennen in ihm den Sohn eines irischen Soldaten und er wird, mit finanzieller Unterstützung des Lamas, auf die Schule nach Lucknow geschickt. In den Ferien erhält er weiteren Spezialuntericht. Man hofft, seine Fähigkeiten und seine Nähe zur indischen Bevölkerung nutzbringend im „Großen Spiel“, dem vor allem mit Geheimdienstmitteln ausgetragenen Ringen zwischen Großbritannien und Rußland um Zentralasien und Indien, einsetzen zu können. Nach einigen Jahren in der Schule gewährt man Kim aber zunächst Urlaub, um mit dem Lama weiter durchs Land zu ziehen. Als die beiden sich den Bergen zuwenden, sollen sie Kims Vorgesetzten, dem Bengalen Hurree Chunder Mookherjee, aber auch dabei behilflich sein, zwei Spionen Rußlands wertvolles Material abzunehmen. Kim und der Lama kehren krank und geschwächt in die Ebene zurück, wo der Lama endlich seinen Fluß findet und auch Kim an seiner Erkenntnis teilhaben lassen will, so daß dieser letztlich mit der Entscheidung konfrontiert ist, weiter am „Großen Spiel“ teilzunehmen und sich langfristig als Europäer zu bekennen oder dem spirituellen Weg zu folgen oder zu versuchen, beides zu verbinden. Das Ergebnis läßt Kipling offen.
Meine Meinung: Vordergründig ist Kim zunächst einmal ein spannender Abenteuerroman, und als solcher hat er wohl auch seinen Platz in der Kinder- und Jugendliteratur gefunden, wenngleich dies wohl nciht Kiplings Absicht war. Kipling zeigt auch nicht das Leben der kolonialen Oberschicht, sondern ein buntes und intensives Bild der indischen Städte und Dörfer, der Landschaften und Menschen. Alles ist vertreten: Arme und Reiche, verschiedenste Religionen und Volksgruppen, die einander mehr oder weniger offen gegenüberstehen.
Man hat Kipling vorgeworfen (wohl auch, weil er mit Dialekten gearbeitet hat), er karikiere die Inder, und ihn deswegen einer imperialistischen Grundhaltung verdächtigt. Dem würde ich, obwohl der sprachliche Aspekt in der mir vorliegenden Übersetzung verloren gegangen ist, so nicht zustimmen wollen. Ja, manche Personen wirken etwas lächerlich, aber nicht weil sie Inder sind, sondern sich eben einfach albern benehmen, das wäre auch so, wenn sie z. B. Engländer wären. Ich hatte beim Lesen jedoch nicht das Gefühl, daß Kipling sich über die Inder lustig machen wollte oder sie gar abschätzig betrachtet, im Gegenteil spricht – bei aller Naivität des Lamas – v. a. aus dessen Beschreibung eine ungeheure Sympathie. Eher sind schon die wenigen Europäer ausgesprochen lächerliche Typen und alles andere als souveräne Vertreter einer überlegenen (Kolonial-)Macht. Ich kann mir jedenfalls gut vorstellen, das Buch in ein paar Jahren noch einmal zu lesen, würde dann aber sicher zum englischen Original greifen.
Schönen Gruß,
Aldawen