Alison Bechdel: Fun Home. 240 Seiten, 19,95, gebunden. Kiepenheuer & Witsch
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Kurzbeschreibung - Klappentext innen
Der größte literarische Überraschungserfolg des Jahres 2006 aus den USA erzählt von einer jungen Frau, die einem Familiengeheimnis auf die Spur kommt. Sensationell ist die Form, in der die Geschichte erzählt wird: In Worten und Bildern, die sich zu einem Meisterwerk der Comic-Kunst zusammenfügen. Alison Bechdel, Autorin und Erzählerin von »Fun Home«, verstand in ihrer Jugend nie, warum ihr Vater, Bestattungsunternehmer und Englischlehrer an der örtlichen High School, offenbar seine Bücher mehr liebte als seine Familie. Sie leben in einem Haus aus dem Jahr 1867, stilvoll und detailversessen restauriert vom Vater. Als Alison 19 Jahre alt ist, kommt ihr Vater ums Leben. Selbstmord oder Unfall? Das wird sich nicht mehr klären lassen. Was aber ans Licht kommt, ist ein Geheimnis, das Vater und Tochter teilen: Beide sind sie homoS.e.x.uell. Mit diesem Wissen nähert sich Alison in »Fun Home« ihrem Vater, den sie schon vor seinem Tod vermisste wie ein Amputierter sein fehlendes Glied. In Kapiteln, die nach den großen Klassikern der Weltliteratur benannt sind, umkreist Alison Bechdel die Zeit vor und nach dem Tod des Vaters. Dabei zieht sie alle Register: Sie bedient sich bei der griechischen Mythologie ebenso wie bei der Existenzphilosophie, bei Oscar Wilde, Marcel Proust und im Trivialmythenschatz der amerikanischen Kultur. Heraus kommt ein irrwitzig komisches, melancholisches und kluges Buch einer Tochter, die dem Vater in Wort und Bild die Liebe nachträgt. »Fun Home« wurde vom Time Magazine noch vor den jüngsten Romanen von Richard Ford und Cormac McCarthy zum besten literarischen Buch des Jahres 2006 gewählt, zahlreiche andere Würdigungen folgten.
Meine Meinung
Dies ist ein ernsthaftes "literarisches" Buch, welches eigentlich unter "Sonstiger Belletristik" einzuordnen wäre. Nur die gewählte Darstellungsweise in Form eines Comics "zwingen" mich, hier einen Thread zu eröffnen. Comics, die von der Geschichte her einen ähnliche Ausrichtung haben wie herkömmliche Bücher, gibt es bisher nur wenige. Hier wird eine Familiengeschichte erzählt. Kann sie jedoch so bewegen wie Thomas Manns klassische "Buddenbrooks" oder der moderne Franzen mit seinen "Korrekturen" um nur zwei recht gute Beispiele aus der Vielzahl herauszugreifen? Die Antwort lautet für mich nein. Die Bilder haben mich nicht in gleicher Weise erreicht wie dies Texte können. Und doch: Die Bilder sind die Stärke dieses Comics. Sie sind schwarz/weiß und stellenweise mit einem verwaschenen Grün-Grauton coloriert. Der Vater, dessen Mund meist nur mit einem Punkt dargestellt wird, zeigt durch diesen zeichnerischen Trick die Sprachlosigkeit in der Familie. Auch die anderen Figuren lachen wenig. Die S.e.x.uelle Entwicklung der Tochter ist ein wichtiges Thema und wird auch bildlich nicht ausgespart. Die Texte sind nicht immer einfach zu lesen. Überraschende Vergleiche des Familienlebens mit bedeutenden Romanen der Weltliteratur (siehe Kurzbeschreibung) sind eine interessante Idee, wenn man die Romane jedoch nicht kennt, wirkt es auch ein wenig langweilig. Gerade die langen literaturwissenschaftlichen Ausführungen zu Ulysses dürften manchen Leser eher ermüden. Die Idee mit der Weltliteratur finde ich ausgesprochen originell, dennoch gelingt es der Autorin in den kurzen Texten nicht, den Funken auf mich als Leser überspringen zu lassen. Keines der mir unbekannten Werke möchte ich nun lesen. Bei den mir bekannten Werke ist die ein oder andere interessante Erkenntnis dabei, aber das ist mir alles zu dünn.
Kommen wir zur Bewertung. Auf amazon.com findet man sehr viele 4 und 5 Sterne-Bewertungen, was ich angesichts der Komplexität dieses Comics schon überraschend finde. Ich habe mich durch die etwas andere Form durchaus unterhalten gefühlt, dafür vergebe ich dann doch 4 Punkte, einen bleibenden Eindruck hinterlässt dieses Buch bei mir aber nicht. Ein Buch, welches man mal ausprobieren sollte.
Gruß, Thomas