Und, hat jemand gestern abend "Das Gelübde" auf arte gesehen?
Wir hatten ja im Dezember letzten Jahres eine kleine, aber feine Leserunde zu der gleichnamigen Romanvorlage von Kai Meyer und ich war von da ab schon sehr gespannt auf die Verfilmung.
Insgesamt hat mir der Film sehr gut gefallen; die Atmosphäre des Romans wurde sehr gut eingefangen und auf die Leinwand projeziert. Die Darsteller, allen voran Misel Maticevic als Clemens Brenano, passten perfekt zu ihren Rollen und haben mich wirklich überzeugt. Auch das Setting in Dülmen und Annas kleine Welt war genauso, wie ich es mir bei der Lektüre des Romans vorgestellt hatte.
Wenn ich allerdings die Hoffnung hatte, dass irgendwelche offenen Fragen aus dem Roman beantwortet werden würden, so musste ich diese begraben. Die Handlung des Films ist zwar ziemlich genau der Romanhandlung nachempfunden, aber nur, was den Rahmen betrifft. Die Begegnung zwischen Anna Emmerich und Clemens Brentano, seine Hinwendung zur ihr und ihren Visionen und die Neuausrichtung seines künftigen Lebens als Protokollant an der Seite der früheren Nonne ist sehr gut umgesetzt und sogar mit einigen zusätzlichen, abrundenden Szenen ergänzt worden.
Was im Film nicht oder nur sehr oberflächlich dargestellt wird, sind die Inhalte von Annas Visionen. Verständlich, denn in der Romanvorlage vermischen sich ja religiöse und sexuelle Motive, was zum einen nicht leicht darzustellen ist, zum anderen nicht ganz leicht zu schlucken ist. So denke ich, dass der unvorbelastete Zuschauer die Glockenszene am Ende bestimmt ganz anders interpretiert hat als jemand, der das Buch schon gelesen hat. Andererseits ist es keine einfaches Unterfangen, diesen religiös-mystischen Anteil des Romans zu vermitteln und dabei einen doch irgendwo unterhaltsamen Film entstehen zu lassen.
Also sehe ich den Film als das, was er ist; ein eindrucksvolles Portrait zweier prominenter Persönlichkeiten des 19. Jahrhunderts, deren Lebensweg für mehrere Jahre verknüpft war und deren Dasein im Zeichen der religiösen Hingabe und Sinnsuche stand. Ich finde die Adaption gelungen und freue mich für Kai Meyer, dass sein Werk nun einem weitaus größeren Publikum bekannt wird, und vielleicht greift ja der eine oder andere doch auch noch zum Roman und lässt sich auf dieses faszinierende, aber nicht ganz einfache Werk ein.
Viele liebe Grüße
Miramis