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Inhalt: Tuba ist die Tochter eines persischen Gelehrten, der seine Tochter unterrichtet. Da er vor allem ein tiefgläubiger Mann ist und früh stirbt, bleibt bei Tuba nur ein bruchstückhaftes Wissen über den Islam und die Welt außerhalb Persiens. Die Mutter ist froh, als eine Prinzessin der herrschenden Kadscharen-Dynastie Tuba als Frau für ihren Bruder wählt, denn Tuba ist zu diesem Zeitpunkt bereits einmal von einem sehr viel älteren Mann geschieden. Der Prinz ist auch nicht viel jünger als der erste Mann und zudem ein leichtfertiger Hallodri, den auch vier Kinder nicht zu Hause halten. Mit der Absetzung der Kadscharen verliert die Familie nicht nur Einfluß, sondern auch die materielle Sicherheit, und der Prinz zeigt wenig Neigung, seine Familie zu ernähren. Tuba beginnt wieder mit dem Teppichknüpfen und vermietet Räume in ihrem Haus, zum Leidwesen ihres Mannes. Als dieser erneut heiratet, erzwingt Tuba die Scheidung. Für die drei Töchter wählt aber der Prinz noch die Ehegatten aus und natürlich werden sie „standesgemäß“ verheiratet. Die älteste Tochter schafft sich in den säkularen Strukturen des neuen Iran ihre Freiräume, die zweite bleibt mit ihrem Mann in Frankreich, die jüngste folgt nach einer gescheiterten Ehe ihrer Mutter auf derem Weg der Mystik. Tubas Haus ist aber auch Anlaufpunkt für eine Reihe weiterer Verwandter, deren Sorgen und Nöte sich auf Tuba förmlich übertragen. Als alte Frau hält sie zwar die Familie zusammen, aber die Wandlungen in der Welt außerhalb ihres Hauses versteht sie nicht mehr.
Meine Meinung: Parsipur vermischt insbesondere in den Wahrnehmungen Tubas, aber nicht nur in ihrer, „Realität“ und Visionen, und nicht immer war mir klar, wo die Grenze genau verläuft. Vielleicht ist das auch gar nicht so wichtig, und es hat mich auch nicht sonderlich gestört. Lediglich zum Ende hin nahm es für meinen Geschmack etwas überhand.
Anfänglich war mir Tuba recht sympathisch, weil sie intelligent ist und den Eindruck machte, auch ein vergleichsweise selbstbestimmtes Leben führen zu können und zu wollen. Dieser Eindruck verlor sich aber im Laufe des Buches. Sicher spielt eine Rolle, daß man sich mit zunehmendem Alter eher an Vertrautes klammert und nicht mehr den unbedingten Willen aufbringt, sich an Neues zu gewöhnen oder auch nur damit auseinanderzusetzen. Angesichts von Tubas Intelligenz und ihrer relativen ökonomischen Unabhängigkeit schien mir ihre Hinwendung zum Mystizismus aber keine nachvollziehbare Reaktion. Sie steigert sich in eine Rolle als Hüterin des Hauses und der Seelen der darin Verstorbenen hinein, die sie für die menschlichen Tragödien der Lebenden in ihrem Umfeld völlig blind macht, sie befördert sie sogar noch. Zugegebenermaßen kann ich aber nicht einschätzen, inwieweit das Umfeld sie nicht doch dazu getrieben hat.
Vieles bleibt hier unausgesprochen und für jemanden, der mit der Kultur des Landes zu jener Zeit von innen vertraut ist, ist es wahrscheinlich besser verständlich als für mich. Auf jeden Fall war es aber ein interessantes Buch, das einen Iran im Umbruch zeigt und die Auswirkungen insbesondere an den Frauenfiguren verdeutlicht.
Schönen Gruß,
Aldawen