Halldór Laxness - Am Gletscher

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    Ein Pfarrhaus in nordischer Gletschereinsamkeit ist der Schauplatz dieses ironisch-weisen Romans des isländischen Nobelpreisträgers Halldor Laxness. Ein junger Theologe, vom Bischof zur Aufklärung mysteriöser Vorfälle dorthin entsandt, sieht sich mit Reden und Taten konfrontiert, die er nicht versteht. Die bodenständige Esoterik der Einheimischen läßt sich mit seinem Tonbandgerät nicht einfangen, und die frappierende, humane Logik des Lebens am Gletscher ist so offenbar, daß sie leicht übersehen werden kann. Es ist dieselbe Logik, die auch die Sagas und die Poesie regieren. Laxness setzt ihr mit diesem Roman aufs neue ein Denkmal: Das abgeschiedene Haus am Firn, er zeigt es und als unbemerkten Nabel der Welt.


    Teilnehmer:
    Saltanah
    Bettina
    kaluma
    jääkaappirunous
    Schokotimmi?


    Viel Spaß!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo liebe MitleserInnen,


    habt ihr schon angefangen? :winken:


    Ich habe vorhin die ersten vier Kapitel gelesen und muß sagen, ich habe etwas ganz anderes erwartet. Es ist ja das erste Buch von Laxness, das ich lese, und irgendwie war meine Erwartung mehr so in Richtung ernsthaft-gesellschaftskritisch (vielleicht, weil seine Bücher auch in DDR-Zeiten gedruckt und ziemlich gelobt wurden...)
    Allerdings, Saltanahs Inhaltsangabe nennt das Buch ja schon "ironisch-weise", hätte ich also nur mal genauer lesen sollen.


    Schon der Eingangsdialog zwischen dem Bischof und seinem Beauftragten, dem jungen Theologen, trieft ja nur so von Ironie :breitgrins:.
    Köstlich. Bis jetzt macht es mir Spaß, und die tieferen Hintergründe (die ich immer noch erwarte) werden sich vielleicht mit der Zeit noch auftun.


    Der Schreibstil ist etwas gewöhnungsbedürftig (der Erzähler wechselt an offenbar bedeutsamen Stellen von der dritten Person zur Ich-Perspektive), manchmal etwas knapp, aber gefällt mir gut.


    Heute abend lese ich weiter und hier werde ich morgen wieder hineinschauen.


    Viele Grüße,
    und euch allen viel Spaß beim Lesen!
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Habe die ersten Kapitel heute Morgen im Zug gelesen.


    Der Einstieg in diese Laxness-Lektüre war bisher einfacher als in seine übrigen Romane, die ich bisher gelsen habe. Hier offenbart Laxness bereits am Anfang seine humoristische Seite und entsprechend seiner Entstehungszeit wirkt "Am Gletscher" bisher moderner. Aber in alter Tradition gibt es natürlich wieder ein paar absonderliche Charaktere wie Stößeldora, mit der man anfangs sicherlich nicht unbedingt das verbindet, was ihr Name ausdrücken soll :zwinker: und die typische isländische Mystik (Elfenwidder).


    Ich habe vorhin die ersten vier Kapitel gelesen und muß sagen, ich habe etwas ganz anderes erwartet. Es ist ja das erste Buch von Laxness, das ich lese, und irgendwie war meine Erwartung mehr so in Richtung ernsthaft-gesellschaftskritisch (vielleicht, weil seine Bücher auch in DDR-Zeiten gedruckt und ziemlich gelobt wurden...)
    Allerdings, Saltanahs Inhaltsangabe nennt das Buch ja schon "ironisch-weise", hätte ich also nur mal genauer lesen sollen.


    Nicht alles in der DDR Veröffentlichte ist von vornherein ernsthaft-gesellschaftskritisch. Laxness hatte eine teilweise sozialsitische Einstellung, was ihn natürlich in DDR-Kreisen beliebt gemacht hat. Daher wurde ihm wohl auf ostdeutscher Seite mehr Beachtung geschenkt.
    Thematisch sind seine Werke schon weit gestreut, jeweils sicherlich auch der Zeit geschuldet. Immerhin umfasst seine Schaffensperiode einen sehr langen Zeitraum.

  • Ich bin gerade etwas eingestiegen - danke an Töchterchen, die zwar keinen Mittagsschlaf will, aber Mami drei Kapitel lesen ließ.


    Viele Worte macht Laxness ja nicht, als er Vebi seine Mission erklärt und ihn auf seine Reise schickt. Der Stil sehr knapp, aber irgendwie abgehackter, als ich es erwartet hatte. Aber das machte etwas am Witz aus, den die ersten Seiten haben, finde ich: Der Bischof hat von der modernen Welt wenig Ahnung, Vebi von der religiösen nicht viel. Vebi soll drei Tage lang eine merkwürdige Gemeinde beobachten und berichten und bloß nicht selber drüber nachdenken. Es gibt schon Radio und Fernsehen, aber die Welt am Gletscher soll merkwürdige Riten pflegen. Und auch auf der Busreise mit Menschen, die vermeintlich zivilisierter leben, begegnet Vebi noch ganz althergebrachtem Aberglauben. Die Schwalben kommen erst ab einem bestimmten Tag, und schon gar nicht vor der christlichen Messe.


    Dabei ist Snaefellsjökull gar nicht sooo weit weg von Reykjavik - na gut, immerhin am letzten Zipfelchen einer Halbinsel (bei guter Sicht kann man die helle Kappe des Bergs z. B. von Kevlavik aus sehen). Ich habe zwar gelernt, dass es drei Snaefells auf Island gibt, aber dass genau dieser Berg zur besseren Unterscheidung von den anderen Snaefelssjökull genannt wird. Auf Wikipedia steht:
    Er gilt als einer der berühmtesten Berge der Insel. Dies hat er nicht zuletzt dem französischen Autor Jules Verne zu verdanken, der in seinem Roman Reise zum Mittelpunkt der Erde den Einstieg in die Unterwelt genau am Snæfellsjökull anlegt. Außerdem werden dem Vulkan von Esoterikerseite her Qualitäten als Träger besonderer Kraftfelder zugesprochen. Der isländische Nationaldichter Halldór Laxness hat mit seinem Roman Am Gletscher der Mystik isländischer Landmarken und besonders dem Gletscher ein Denkmal gesetzt.


    Das wirkt sehr kurzweilig.
    Heute Abend werde ich weiterlesen.

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    Einmal editiert, zuletzt von Bettina ()

  • Hallihallo :winken: ,


    ich habe jetzt die ersten 9 Kapitel gelesen und sehe immer noch aus wie ein Fragezeichen. Ebenso wenig wie der Vebi weiß ich, was da am Gletscher abgeht. Zwischen der "Metropole" Reykjavik, die ja immerhin Fernsehen kennt und dem Land, wo elektrischer Strom (in den 60er Jahren!) die allerneueste Errungenschafr ist, scheinen Welten zu liegen. Hier lebt man nach anderen Regeln als in der Stadt. Welche Regeln das sind, wird sich sicher noch weisen.


    Interessant finde ich jedenfalls, dass die Kirche, die ja gemeinhin gerade auf dem Land eine sehr starke Stellung hat, hier eher eine untergeordnete - oder jedenfalls eine andere Rolle als "von oben" gewollt - spielt. Der Pfarrer ist auch hier eine wichtige Person, so viel wird deutlich, auch wenn er noch nicht selbst aufgetaucht ist, aber nicht als Hirte, sondern als ... ja was?

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • ... ich habe jetzt die ersten 9 Kapitel gelesen und sehe immer noch aus wie ein Fragezeichen. ...


    Das wievielte Laxness-Buch lesen wir jetzt zusammen :breitgrins: Jedenfalls war bisher jedes anders als das vorherige. Allen gemeinsam sind einige unerklärliche Elemente, die uns zum Rätseln gebracht haben, aber bisher war - über Alles gesehen - keines wie das andere. Es sieht ganz so aus, als erwarte uns auch hier wieder eine ganz neue Erfahrung.

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  • Ich habe auch gerade mit dem Buch bekommen, denn ich wollte heimlich hier mitlesen. Jetzt melde ich mich doch zu Wort, ich kanns halt einfach nicht lassen :zwinker:
    Mir gefällt bis jetzt ganz gut, was ich lese (und bei mir ist es der erste Laxness). Ich mag diesen Humor... Alle reden aneinander vorbei (der Bischof und Vebi, Vebi und Sira Jon,...) und die Bestandsaufnahme in der Kirche ist wirklich genial. Das mit den "Unterzeichnetem" hab' ich nicht gleich kapiert... :gruebel::breitgrins: Jetzt allerdings gefällt mir der Stil und die Art der Erzählung wirklich gut. Ist mal etwas Neues... :zwinker:
    Bin jetzt bei Kapitel 16 und ich kann für nichts garantieren (darum hab' ich mich ja auch nicht für die LR angemeldet :breitgrins:), aber vielleicht hört ihr ja wieder von mir!

    Auch ungelebtes Leben<br />geht zu Ende<br />- Erich Fried


  • Ich habe auch gerade mit dem Buch bekommen, denn ich wollte heimlich hier mitlesen.


    :entsetzt: :entsetzt: :entsetzt:



    Jetzt melde ich mich doch zu Wort, ich kanns halt einfach nicht lassen :zwinker:


    :bang:



    Mir gefällt bis jetzt ganz gut, was ich lese (und bei mir ist es der erste Laxness). Ich mag diesen Humor... Alle reden aneinander vorbei (der Bischof und Vebi, Vebi und Sira Jon,...) und die Bestandsaufnahme in der Kirche ist wirklich genial. ... Ist mal etwas Neues... :zwinker:
    Bin jetzt bei Kapitel 16 und ich kann für nichts garantieren..., aber vielleicht hört ihr ja wieder von mir!


    Wenn sich Dein Eindruck hält, dann hoffentlich noch auf viele Postings von Dir. Wir freuen uns! :winken:

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  • Ich bin nicht allzuviel weiter, aber ich muss trotzdem einen Eindruck loswerden.


    Was ist denn das für ein schräger Klamauk? So jedenfalls wirkt das Buch auf mich gerade - und das meine ich positiv. Es überrascht mich gleichzeitig völlig, weil ich mit zwei solchen Personen zum Einstieg nicht die Bohne gerechnet habe.


    Vebi ist nicht der Hellste. Der macht sich ja ulkige Gedanken. Seine Aufzeichnungen über die Anreise muss er bei irgendwelchen Möven abbrechen, weil es zu dunkel wird, er überlegt, ob er ethisch vertretbar ein paar nervige Fliegen zerdatschen darf. Und Stößeldora nimmt alles, was passiert, so selbstverständlich hin, dass ihr lediglich eine 50 Jahre alte Begebenheit einfällt, als es heißt, sich mit dem Gast zu unterhalten. Sie lässt ihn stundenlang sitzen, um Unmengen an Kuchen und Keks zu fabrizieren?


    Die Kirche und das Gelände sind arg heruntergekommen - nicht einmal die Haushälterin hält sich für das, was sie ist (jedenfalls gehe ich davon aus, dass Dora die Haushälterin ist). Man lebt halt irgendwo und macht, was dort zu tun ist. Kein Pfarrer, keine Pfarrersfrau. Strom ist nur im äußersten Notfall zu verwenden.
    Lässt Laxness da bereits die mythische Stimmung vom Snaefellsjökull anklingen, die man dieser Region nachsagt?


    Übrigens:
    Der Pfarrer wird doch Primus genannt - etwa, weil er Primus-Kocher reparieren kann?

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  • Sie lässt ihn stundenlang sitzen, um Unmengen an Kuchen und Keks zu fabrizieren?


    Das ist doch toll, oder? :zwinker: Und das Kalb verhungert, weil es nichts zu Fressen kriegt, man fragt sich nur, was da alles in den Kuchen ist... Laut eigener Aussage bekommt das Kalb nur Kaffee und altes Gebäck; ich bin ja kein Spezialist, aber ich denke doch, dass in einem Kuchen irgendwelche Bestandteile enthalten sind, die auch Kälber mögen (Milch?)...


    Wenn sich Dein Eindruck hält, dann hoffentlich noch auf viele Postings von Dir. Wir freuen uns! :winken:


    :klatschen::breitgrins:

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  • Und das Kalb verhungert, weil es nichts zu Fressen kriegt, man fragt sich nur, was da alles in den Kuchen ist... Laut eigener Aussage bekommt das Kalb nur Kaffee und altes Gebäck; ich bin ja kein Spezialist, aber ich denke doch, dass in einem Kuchen irgendwelche Bestandteile enthalten sind, die auch Kälber mögen (Milch?)...


    Ich glaube nich so recht daran... Aber es ist Frühling und in einem der ersten Kapitelchen heißt es bereits, das sei die Zeit, wo das meiste Vieh stirbt. Das Heu ist aufgebraucht und das Gras ist noch nicht recht gewachsen. Aus einem anderen Laxness weiß ich noch, dass dort Richtung Frühling hin auch Probleme mit dem Heu insofern herrschten, weil das, was noch da war, faulig oder schimmlig war.


    Mit den Tieren sind die Isländer nicht allzugut umgegangen, wenn man die anderen Laxnesse als "Informations-Grundlage" nimmt. Dort hat man u.a. auch geglaubt, zuviel Licht und frische Luft seien schädlich für das Vieh. :spinnen:

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  • Apropos Kalb - wie sieht der Stuhlgang einer Kuh eigentlich aus, wenn sie Durchfall hat? :angst: Das möchte ich eigentlich so genau nicht wissen. :breitgrins:

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Hallo zusammen,



    Nicht alles in der DDR Veröffentlichte ist von vornherein ernsthaft-gesellschaftskritisch.


    Oh nein, das wollte ich damit auch nicht behauptet haben! Habe mich wohl wieder einmal mißverständlich ausgedrückt.
    Natürlich gibt es mehrere Faktoren, die meine Laxness-Erwartung erzeugt haben.



    Ich habe auch gerade mit dem Buch bekommen, denn ich wollte heimlich hier mitlesen.


    Was?!? :zwinker:


    Mir gefällt bis jetzt ganz gut, was ich lese (und bei mir ist es der erste Laxness). Ich mag diesen Humor... Alle reden aneinander vorbei (der Bischof und Vebi, Vebi und Sira Jon,...) und die Bestandsaufnahme in der Kirche ist wirklich genial.


    Ja, mir gefällt dieser herbe, schon fast sarkastisch zu nennende Humor auch.
    Es wird ein sehr eigenwilliges Bild von dem Dorf am Gletscher gezeichnet - die Bestandsaufnahme der Kirche, die Szene wo Sira Jon und Vebi zusammen frühstücken (ohne Besteck :breitgrins:) und den Vergleich der Fliegen mit Haustieren zum Beispiel fand ich großartig. :breitgrins: :breitgrins:
    Auch das Aneinander-Vorbeireden - genau wie im richtigen Leben manchmal :breitgrins:. Der junge Theologe stellt seine Fragen, die Befragten antworten aber nicht, sondern greifen ein bestimmtes Stichwort aus seiner Frage heraus und erzählen dazu, was ihnen einfällt oder was sie für wichtig halten. Wer von uns kennt nicht Leute, die immer wieder dasselbe reden und immer wieder auf das gleiche Thema kommen? :zwinker: :breitgrins:
    Hier habe ich aber auch schon das Gefühl, daß ich manche Anspielungen nicht verstehe, weil mir Hintergrundwissen betreffend isländische Mythologie fehlt.


    Inzwischen frage ich mich auch, ob es eine Systematik gibt, wann in der ersten und wann in der dritten Person erzählt wird. Schlüpft der "Vebi" möglicherweise in verschiedene Rollen? Als unbeteiligter Beobachter und "Vebi" ist es "er", und wenn er persönlich beteiligt ist (beim Essen, Schlafen, manchen Gesprächen), geht er zur Ich-Form über - was mir allerdings nicht ganz konsequent durchgehalten scheint.
    Was meint ihr dazu?



    Und auch auf der Busreise mit Menschen, die vermeintlich zivilisierter leben, begegnet Vebi noch ganz althergebrachtem Aberglauben. Die Schwalben kommen erst ab einem bestimmten Tag, und schon gar nicht vor der christlichen Messe.


    Das habe ich nicht als Aberglauben empfunden, sondern einfach als Zeitpunktsbeschreibung, der langjähriger Erfahrung entspricht - und ganz nebenbei erfahren wir, daß es in diesem Dorf auf der Durchreise (im Gegensatz zu dem Dorf am Gletscher) offenbar durchaus noch Gottesdienste gibt. :smile:
    Das Dorf am Gletscher scheint also schon etwas Besonderes zu sein.



    Dabei ist Snaefellsjökull gar nicht sooo weit weg von Reykjavik - na gut, immerhin am letzten Zipfelchen einer Halbinsel (bei guter Sicht kann man die helle Kappe des Bergs z. B. von Kevlavik aus sehen).


    Das Buch liest sich aber, als spielte sich alles j.w.d. in fernster Provinz ab. Eine völlig andere Welt.



    Der Pfarrer ist auch hier eine wichtige Person, so viel wird deutlich, auch wenn er noch nicht selbst aufgetaucht ist, aber nicht als Hirte, sondern als ... ja was?


    Als eine Art Problemlöser für allerlei technische Alltagsprobleme, die gerade mal kein anderer lösen kann. Dabei ist er sich für nichts zu schade. Eine Art sehr direkter Dienst am Menschen. Vielleicht ist Hirte doch ganz passend, wenn man den Begriff etwas weiter faßt? :zwinker: Sira Jon scheint diesen Dienst am Menschen jedenfalls sehr tiefgreifend zu verstehen, sich nicht nur fürs seelische Wohl seine Gemeindemitglieder zuständig zu fühlen und hat sich von der offiziellen Amtskirche ziemlich weit entfernt. Warum, werden wir vielleicht noch verstehen.


    Viele Grüße
    Katja

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  • Nachtrag:


    Übrigens:
    Der Pfarrer wird doch Primus genannt - etwa, weil er Primus-Kocher reparieren kann?


    Ja, ich denke auch, genau deswegen wird er so genannt. :breitgrins:

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  • Ich hab mich auch mal mit dem Gebäck beschäftigt, es werden ja ständig Prinz-Polo-Keksesmiley.php?bild=RXNzZW5fU21pbGllcy9lc3Nlbl8wMDYxLmdpZg== erwähnt - die müssen also eine besondere Bedeutung haben und siehe da teure Importware aus Polen :breitgrins: und wenn ich an "Die Litanei von den Gottesgaben" denke, dann ist klar, warum erkeinen Fisch angeboten bekommt. Die Isländer haben haben zwar gefischt und exportiert aber nicht selbst gegessen, weil Hering = Arme-Leute-Essen :breitgrins: Das bietet man natürlich keinem Gast an...


    Jedenfalls wird es langsam völlig verrückt - es tauchen immer mehr merkwürdige Charaktere auf und vereinigen sich alle in einem Religions-Philosophie-Wissenschafts-Gewusel :rollen: seht IHR da noch durch?! :breitgrins:


    Naja und der Pfarrer ist nicht wirklich ein Pfarrer - mehr das Mädchen für Alles im praktischen Sinne und damit wahrscheinlich nützlicher in dieser Gegend als ein verkappter Seelentröster - letztendlich muss er sogar zur Durchführung einer Beerdigung gezwungen werden...

  • Inzwischen frage ich mich auch, ob es eine Systematik gibt, wann in der ersten und wann in der dritten Person erzählt wird. Schlüpft der "Vebi" möglicherweise in verschiedene Rollen? Als unbeteiligter Beobachter und "Vebi" ist es "er", und wenn er persönlich beteiligt ist (beim Essen, Schlafen, manchen Gesprächen), geht er zur Ich-Form über - was mir allerdings nicht ganz konsequent durchgehalten scheint.
    Was meint ihr dazu?


    Sein Auftrag ist doch von Anfang an, die Vorgänge zu untersuchen und er soll die Dinge nicht selbst bewerten. Daher bemüht er sich um die distanzierte Protokollform und nutzt die dritte Person. Allerdings kann er sich seine eigene Wertung nicht unbedingt verkneifen bei den "Absonderlichkeiten" mit denen er konfrontiert wird. Letztendlich ist er ja selbst betroffen (insbesondere wenn ihm Kaffee und Kuchen verabreicht werden :breitgrins: )



    Das Buch liest sich aber, als spielte sich alles j.w.d. in fernster Provinz ab. Eine völlig andere Welt.


    In diesem Land ist alles außerhalb Reykjaviks tiefste Provinz :wegrenn:
    Das merkt man schon an der Landschaft - alles wirkt rauh und unwirklich - und das bereits wenn man die Stadtgrenzen der Hauptstadt verläßt. Aber das ist hier doch genauso - es ist ein Unterscheid wie Tag und Nacht zwischen Dorf und Stadt und so sind am Ende auch die Menschen.

  • Guten Morgen!



    Der junge Theologe stellt seine Fragen, die Befragten antworten aber nicht, sondern greifen ein bestimmtes Stichwort aus seiner Frage heraus und erzählen dazu, was ihnen einfällt oder was sie für wichtig halten. Wer von uns kennt nicht Leute, die immer wieder dasselbe reden und immer wieder auf das gleiche Thema kommen? :zwinker: :breitgrins:


    Gestern abend ging mir noch durch den Kopf, daß sich genau dadurch schlechte Predigten auszeichnen. Wenn ein Pfarrer eigentlich nichts zu sagen hat, aber trotzdem jeden Sonntag predigen muß, nimmt er sich halt irgendein Stichwort her und sinniert darüber mehr oder weniger zusammenhangslos... dabei fehlt dann manchmal deutlich das Gespür für die Dinge, die die Menschen beschäftigen.
    Die Kirche bekommt hier also einen Spiegel vorgehalten. Sie hat sich von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt. Ich sage nicht, daß alle Pfarrer so sind, aber bestimmt gibt es Strukturen innerhalb der offiziellen Amtskirche, die derart kritisierenswert sind, auch in Island.
    Damit wäre diese Frage


    Sira Jon ... hat sich von der offiziellen Amtskirche ziemlich weit entfernt. Warum, werden wir vielleicht noch verstehen.


    beantwortet.


    @jääkaappirunous
    Danke für die Infos zu den Prinz-Polo-Keksen. :breitgrins:
    Inzwischen bin ich auch an der Stelle gewesen, wo sie zum zweitenmal erwähnt werden. Beim erstenmal sind sie mir nicht so speziell aufgefallen. Aber wenn diese fast die einzigen käuflichen Schokoriegel waren, ist klar daß jeder sie ißt (das sind eben die wichtigen Dinge im Leben :zwinker: :zwinker:).



    Jedenfalls wird es langsam völlig verrückt - es tauchen immer mehr merkwürdige Charaktere auf und vereinigen sich alle in einem Religions-Philosophie-Wissenschafts-Gewusel :rollen: seht IHR da noch durch?! :breitgrins:


    Naja, manchmal bin ich schon etwas verwirrt, eben auch, weil ich das Gefühl habe, manche Anspielungen auf isländische Mythen entgehen mir. Aber im Großen und Ganzen amüsiere ich mich. :breitgrins:
    Ich bin jetzt am Anfang von Kapitel 23 und es scheinen gerade die heiligen drei Könige aufzutauchen... :breitgrins:



    Sein Auftrag ist doch von Anfang an, die Vorgänge zu untersuchen und er soll die Dinge nicht selbst bewerten. Daher bemüht er sich um die distanzierte Protokollform und nutzt die dritte Person. Allerdings kann er sich seine eigene Wertung nicht unbedingt verkneifen bei den "Absonderlichkeiten" mit denen er konfrontiert wird. Letztendlich ist er ja selbst betroffen (insbesondere wenn ihm Kaffee und Kuchen verabreicht werden :breitgrins: )


    Das stimmt natürlich. :breitgrins:
    Aber es passiert ja nicht nur bei Kaffee und Kuchen, und mir ist noch nicht ganz klar, wodurch diese anderen Momente des Perspektivwechsels entstehen...


    Ansonsten frage ich mich noch, ob "Sira" ein Teil des Namens ist oder ein Titel? Wißt ihr das?


    Viele Grüße
    Katja

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    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Leute, ich bin begeistert! Zwar weiß ich immer noch nicht so genau, worauf das Buch eigentlich hinaus will, (zentral sind aber wohl tatsächlich die Gedanken zu Christentum/Glauben, so wie es offiziell und inoffiziell praktiziert wird) aber es fasziniert mich.
    Was ist/sind das für Frauen, die immer wieder erwähnt werden, die nicht essenden, nicht schlafenden, und was ist mit der letzten von ihnen passiert? Ist sie tatsächlich im Sarg auf den Gletscher transportiert worden? Was hat es mit dem Angler auf sich? Wie verhalten sich Schöpfung und Wörter zueinander, was war zuerst? Wieso töten die Hirten eine Möwe?
    Fragen über Fragen und ich glaube nicht, dass wir sie alle beim ersten Lesen beantworten können.


    Bettina:
    Jetzt wo du es sagst - stimmt schon, jedes Buch von Laxness ist anders.


    @Jääkapp:
    Danke für die Polo-Kekse.


    kaluma:
    Laut englischer Wikipedia ist "sira" ein altwestnordischer Priestertitel.
    Ich nehme aber an, dass er auch heute noch (oder zumindest zur Entstehungszeit des Buches) benutzt wird/wirde.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich glaube, ich entwickle mich langsam aber sicher zum Laxness-Fan. :breitgrins:
    Obwohl: ihr sagt, die anderen Bücher von ihm sind ganz anders?
    Ich werde wohl noch mehr von ihm lesen, um herauszufinden, ob mir die anderen Bücher auch gefallen und in welcher Hinsicht sie "ganz anders" sind.


    Ja, beim Lesen stellen sich tatsächlich immer mehr Fragen. Ich denke, Laxness spielt auch ein wenig mit dem Leser.


    Ich wundere mich z. B. über das Kleidungsstück "Broncho" (ich dachte das heißt Poncho?) und über Dinge wie Protomorie und Heteromorie, Dysexelixis und Diexelixis. Kann jemand von euch genug Latein, um mir das zu übersetzen? (hat das einen Sinn, oder ist es nur herumgealbert?)


    Prof. Dr. Godman Syngmann wirkt auch zunächst einmal ziemlich verwirrend.



    Was ist/sind das für Frauen, die immer wieder erwähnt werden, die nicht essenden, nicht schlafenden,


    Ich vermute, daß die vielleicht in isländischen Mythen eine Rolle spielen?



    Wie verhalten sich Schöpfung und Wörter zueinander, was war zuerst?


    Am Anfang war das Wort. Oder? :zwinker:


    Wieso töten die Hirten eine Möwe?


    Warum gibt es Tieropfer in verschiedenen Religionen? Töten wir nicht immerzu Tiere, obwohl wir sie angeblich lieben?


    In Hülle und Fülle begegnen mir im Buch Bezüge zur christlichen Religion: heiliger Franziskus, Fisch, Angler, Schafe, die bei wesentlichen Ereignissen anwesend sind, Auferstehung... Außerdem geht es auch um andere Religionen, Mythen, Philosophie. Schließlich sind vorchristliche Mythen und Religionen im Christentum aufgegangen.


    Die besondere Rolle des Fisches: Vebi bekommt ja nun von Sira Jon tatsächlich Fisch angeboten (zum Ärger von Stößel-Dora, die, wenn sie nicht mindestens 35 Sorten Kuchen anbieten kann, einem Gast lieber gar nicht erst die Tür öffnet... :breitgrins:). Nur schnell essen muß man den Fisch, bevor er aufersteht. (Interessant, daß auch Fische auferstehen dürfen. :breitgrins:)


    Man kann alles mögliche assoziieren und hinterfragen. Wie weit man dabei geht, welche Fragen man stellt und wie man sie beantwortet, bleibt dem Leser überlassen. Das ist für mich ein Charakteristikum eines guten Buches. Dieses Buch ist sicher eines, das man gut zweimal lesen kann oder langsam lesen sollte.



    kaluma:
    Laut englischer Wikipedia ist "sira" ein altwestnordischer Priestertitel.
    Ich nehme aber an, dass er auch heute noch (oder zumindest zur Entstehungszeit des Buches) benutzt wird/wirde.


    Danke. :smile:


    Viele Grüße :winken:
    Katja

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

    Einmal editiert, zuletzt von kaluma ()

  • Ich hinke etwas hinterher und wundere mich noch über den Schlussatz von Kapitel 9, als Frau Fina Jonsen ihren verstorbenen Mann beschreibt:
    "[...] Dann nahm er ein bisschen Schnupftabak, ging aus dem Haus und kaufte den Visir. Und so weiter. Mir aber gehörte der Schrubber."


    In den Augen von Fina muss die Arbeit eines Mannes ja gnadenlos minderwertig sein - oder doch nur die ihres Mannes?
    Jedenfalls war das wieder eine der Szenen, in denen ich grinsen musste.


    Kapitel 11 am Ende:
    Laxness nimmt wieder Bezug auf Jules Verne. Ich habe "Otto Lidenbrock" gegoogelt und er muss einer der Protagonisten sein. Kennt jemand Reise nach dem Mittelpunkt der Erde etwas genauer und findet vielleicht noch mehr Anspielungen? Ich erinnere mich, dass auch der Bischof diesen Roman erwähnte.
    Im Kapitel drauf nimmt Laxness das Geschehen aus dem Buch von Verne für bare Münze. Soll das eventuell andeuten, dass auch dieses Buch nicht so ernst genommen werden sollte?



    Ja, beim Lesen stellen sich tatsächlich immer mehr Fragen. Ich denke, Laxness spielt auch ein wenig mit dem Leser.


    Tja, nur: Welche Spielfigur bin ich? :breitgrins:

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