Cesare Pavese - Der schöne Sommer (Turiner Romane I)

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    (Ich habe aber in der älteren Übersetzung von Charlotte Birnbaum gelesen).


    „Der schöne Sommer“ ist der erste Teil der „Turiner Romane“. Geschrieben wurde der kurze Roman 1940, in einer Zeit, als antifaschistische Bewegungen und Gruppen in Turin sehr aktiv waren. Trotzdem ist sehr schwer, antifaschstische Stimmungen in diesem Roman auszumachen. Fürwahr, der Roman lebt von Stimmungen junger Menschen, die in dieser Zeit in Turin lebten. Spielte sich Paveses Werk meist auf dem Land ab, kommen wir nun in die Stadt und begegnen Menschen, hauptsächlich Frauen, die kaum eine beruhigende Aussicht auf Zukunft haben. Der faschistische Staat scheint die Welt der Bürger zu knebeln, aus ihren Lebensträumen werden sie herausgerissen.


    Die zentrale Figur des Romans ist die sechzehnjährige Ginia, die sich aus der Rolle des unschuldigen Kindseins herauszuentwickeln versucht – jungfräulich, mit Scham behaftet, unerfahren. Ganz anders steht es um die wenige Jahre ältere Amelia. Sie zieht sich schamlos aus, steht bei diversen Malern Modell. Ginia wird von Amelia in das Leben der Erwachsenen gezogen. Man geht ins Kino, in Cafés, schlendert zielos in der Stadt umher:


    Zitat von "Pavese"

    Die Mädchen brauchten nur aus dem Haus zu treten und über die Straße zu gehen, da gerieten sie geradezu in einen Rausch; alles war, besonders nachts, so schön, daß sie, wenn sie todmüde heimkamen, noch immer hofften, das irgendetwas passierte....


    und man kommt zu Guido, einem Maler, bei dem Amalia als Modell steht. Ginia verliebt sich in Guido, aber der Maler, der Akte zeichnet, und Frauen mit dem Auge des Künstlers sieht, interessiert sich nur für die Physis des jungen Mädchens. Die Träume auf Heirat, der Wunsch nach Intimität in Zweisamkeit – eben nicht das Prostituieren der Nacktheit in Öffentlichkeit, wie es im Atelier den Aktmodellen passiert - zerschlägt sich auf psychisch brutale Art und Weise:


    Zitat von "Pavese"

    Als sie allein im Schnee war, schien ihr, sie sei noch immer nackt. Alle Straßen waren leer, und sie wußte nicht, wohin sie gehen sollte.


    Ausgehend vom schönen Sommer, der der letzte schöne Sommer sein sollte, indem sie noch ein Kind war, zieht sich der Roman bis in den Winter hinein. Der Winter, die bizarre Kälte, und nun steht Ginia im Schnee, und weiß nicht wohin. In diesen zwei kurzen Sätzen, ist alles enthalten, was das seelische Empfinden des Mädchen ausmacht. Cesare Pavese ist ein Meister der prosaischen Knappheit. Er sagt sehr vieles, mit sehr wenig Worten. Diesen Roman und auch alle Werke dieses besonderen großen Dichters muss man wie ein Gedicht lesen, langsam einatmen und in die Welt hinter den Buchstaben eintauchen. Nur so lässt sich Paveses Werk erschließen.


    Die zerstörte Kindheit Ginias mag für die Auswirkung des faschistischen Staates auf die bürgerliche Welt stehen. Frauenschicksale haben bei Pavese meist einen tragischen Verlauf. So auch in diesem Roman: Die eine hat Syphilis, die andere lässt ihrer Verrücktheit und Albernheit freien lauf , dann noch Tina, die hinter den Mädchen her hinkt, weil ein Bein lahm ist und schließlich Ginia...


    Liebe Grüße
    mombour