Claire Goll - Ein Mensch ertrinkt

  • Claire Goll: Ein Mensch ertrinkt (1931)


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    Paris in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Marie ist Dienstmädchen bei der Herrschaft Beatrice und Theodor Delos. Herr Delos ist Perlenhändler und bringt jeden Tag mit einem Koffer Perlen mit nach Hause; sicherheitshalber ist der Koffer mit einem Riemen an seiner Hand verschnürt. Marie ist in dem Mulatten Babylas verliebt, der ihr eine Zukunft in Reichtum vorgaukelt. Die etwas leichtgläubige Marie hängt an seinen Lippen und weiß nicht, dass er ein Verbrecher ist. Als Babylas ihr eröffnet, Herrn Delos' Koffer stehlen zu wollen, ist das sittsam und christlich erzogene Mädchen entsetzt und geht ihm aus den Weg.


    Die Großstadt Paris schlägt mit aller Wucht in Maries Leben ein, vor der sich das arme Dienstmädchen nicht schützen kann.


    Zitat von "Claire Goll"

    Ein Mann setzt sich neben sie. Seinem Gesicht nach mag er schon alles mögliche gewesen sein: Zuhälter oder Mädchenhändler, Schlepper für Opiumhölen, Schmuggler von Kokain. Jede Großstadt wimmelt von solchen Seelenfledderern, die die Verwesung eines Herzens von weitem wie Raubvögel wittern.


    Männer, die Marie ihre Hilsbereitschaft anbieten, wollen ihr nur an die Wäsche, und als sie wirklich ein Kind bekommt und sie zwangsweise mit Behörden und anderen öffentlichen Einrichungen konfrontiert wird, wird sie bis zur Unerträglichkeit unmenschlich behandelt und gedemütigt. Ein Mensch ertrinkt im Großstadtgewühl.


    Ist der Inhalt kurz angedeutet und nicht gerade außergewöhnlich, ist es allein die würzig unerhörte Sprachgewalt, die den Roman lesenswert machen, die den Leser wegen ihrer Glasklahrheit zeitweise erschüttern vermag. Seelische Gewalt, erotische Offenherzigkeit. Hier vibriert alles. Ängste flattern bis unter die Poren der Haut, der Roman ächzt im Präsens die Verzweiflung des Mädchens heraus.


    Zitat von "Claire Goll"

    Die Angst ist eine schreckliche Krankheit. Wie ein Krebs wächst sie im Leib des Menschen und nährt sich von seinen besten Kräften. Wie dieser wuchert und schmarotzt sie im Verborgenen, zuweilen weiß man gar nicht, daß man sie hat...


    In nähster Nähe bewegen sich Armut und Reichtum:


    Zitat von "Claire Goll"

    Während im Juwelentempel mit Perlen und Edelsteinen geschoben wird, muß Marie tüchtig schaffen, um die zweihundertfünfzig Francs zu sparen, die sie monatlich der Mutter schickt.


    Es ist ein sozialkritischer Roman mit sehr vielen beeindruckender Sätzen, und ich mag staunen, wie lange dieser Roman unangetastet in meinem Bücherschrank weilte. Dort weilt übrigens noch „Traumtänzerin – Jahre der Jugend.“ Claire Goll hatte eine Affäre mit Rainer Maria Rilke. Daraus ging auch ein Briefwechsel hervor. 1890 in Nürnberg geboren, verstarb sie 1977 in Paris.



    Liebe Grüße
    mombour