Jewgenij Grischkowez - Das Hemd

  • Inspiriert von Jekaterinas Anfrage nach russischer Gegenwartsliteratur... und gleichzeitig meine allererste Rezension und allererster zählbarer Beitrag hier im Forum - ein Neuling bittet um Nachsicht. ;)


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    Klappentext


    Ein Tag im Leben eines Neu-Moskauers, zugereist aus der russischen Provinz - ein Tag im Leben seines Hemdes. Am Morgen danach wird es zerknittert in der Ecke liegen und einiges hinter sich haben: Saschas hektischen Arbeitstag, wilde Autofahrten quer durch die Stadt, aberwitzige Tagträume, Gespräche bis tief in die Nacht und - das Bangen des heftig Verliebten. Morgen wird das Hemd gewechselt: neuer Tag, neues Hemd, neues Glück.
    Jewgenij Grischkowez, der Shootingstar der jungen russischen Literatur, beschreibt den Moskauer "Bloomsday" seines Helden in einer erzählerischen Rasanz, die der stürmischen Entwicklung der russischen Hauptstadt ebenbürtig ist. Mit scharfem Blick charakterisiert er einen Typus aus der neuen, aufstrebenden Mittelschicht - seinen Hedonismus, seine Lässigkeit, seine Lakonie.
    Sascha ist ein Dandy des 21. Jahrhunderts und zugleich ein Russe, wie er im Buche steht: ein treuer Freund, ein leidenschaftlich Getriebener, ein trinkfreudiger Philosoph, der am Abend genauso mitgenommen ist wie sein Hemd.




    Mein Senf dazu...


    Ich bin bei einem Sibirienaufenthalt auf Jewgenij Grischkowez, seine Theaterstücke, Musik (wenn man das so nennen kann) und Bücher gestoßen. Mein erstes war dieses hier, im russischen Original. Binnen kürzester Zeit war ich damit fertig, eine Woche später habe ich sämtliche Bücher gekauft, die der Mann bisher herausgebracht hat. Alle, die ich bisher gelesen habe, haben eines gemeinsam: Grischkowez ist vor allem Mensch, und erst in zweiter Linie Autor. Und dieser unheimlich sympathische Mensch bringt es fertig mit einfachsten Mitteln (abgehackten Hauptsatzreihen bis einem schwindlig wird, Rufzeichenansammlungen,...) Empfindungen zu transportieren, die ich zwar mein Leben lang mit mir herumtrage, die ich aber nie derartig genau, und schon gar nicht so humorvoll, auf den Punkt bringen könnte. Die Geschichte ist dabei eher sekundär, viel wichtiger ist WIE sie erzählt wird, und meiner Meinung nach hat der Autor da wirklich ganze Arbeit geleistet. Da verblüfft alleine schon die allererste Seite - Sascha wacht in seiner Moskauer Wohnung auf, und ab dem ersten Satz fühlt man sich, als würde man in seinem Körper stecken, so vertraut scheint jede einzelne Bewegung. Detailgetreue Schilderungen der kleinen Freuden und Leiden des Alltags werden hier nicht langweilig, sondern sind unheimlich witzig verpackt und erinnern stellenweise an großartiges österreichisches Kabarett à la Josef Hader.


    Nun habe ich das Buch auch auf Deutsch gelesen, und war ein kleines bisschen enttäuscht. Ich hatte erhofft, dass der eigentümliche russische Humor in der Übersetzung besser herüberkommt, aber an manchen Stellen kann ich mich erinnern, bei der russischen Ausgabe tatsächlich Lachtränen vergossen zu haben, während sich im Deutschen nicht viel tut. Wahrscheinlich war es auch nicht besonders schlau die beiden Ausgaben relativ knapp hintereinander zu lesen. Soll dem ganzen aber keinen Abbruch tun.


    Kurzum, wer niveauvolle Unterhaltungsliteratur sucht und zudem womöglich auch noch etwas mit Russland anfangen kann, dem sei dieses Buch von mir mit 5ratten ans Herz gelegt.


    EDIT: Coverbild durch Amazonlink ersetzt. LG, Saltanah