Agatha Christie - Erinnerung an glückliche Tage

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    Agatha Christie – Erinnerung an glückliche Tage (Autobiografie)


    Kurzbeschreibung:


    »Welch ein Glück, welch eine Ermutigung, diese Tage als Gegenwart heraufzubeschwören. Die Niederschrift dieses Berichtes war für mich ein Werk der Liebe. Ich liebe dieses sanfte , fruchtbare Land und seine einfachen Bewohner, die zu lachen verstehen und das Leben genießen können; die mit Fröhlichkeit faul sind, Würde, Stil und gewaltig viel Humor besitzen und die den Tod nicht fürchten. Inschallah, ich werde wiederkommen, und was ich liebe, wird nicht untergehen auf dieser Erde.«


    Meine Meinung:


    Schon Agatha Christies Autobiografie "Meine gute alte Zeit" hat mich ausgesprochen begeistert, und auch diese (zuerst verfasste) Autobiografie hat mir wieder viele interessante und amüsante Lesestunden beschert.
    Es ist einfach wunderbar zu lesen, mit wie viel Liebe Agatha Christie von Syrien berichtet, wohin sie ihren 2. (und letzten) Ehemann Max Mallowan in den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts zu seinen archäologischen Expeditionen begleitete, wie herzlich sie die Eigenarten und Marotten der syrischen Mitarbeiter und Hausangestellten beschreibt und – vor allem – ihre absolut herzerfrischende Selbstironie!
    Gleich zu Anfang beschreibt Agatha Christie, wie sie im Winter in London wüstentaugliche Sommerkleidung kaufen möchte und dabei auf erhebliche Schwierigkeiten stößt.


    Zitat:
    „Ja, gnä’ Frau, das ist jetzt nicht gefragt. Aber wir haben hier ein paar sehr hübsche Kostümchen – in gedeckten Farben – für große Größen.“
    Ach, diese grässlichen großen Größen. Wie erniedrigend, eine große Größe zu sein. Wieviel schlimmer noch, sofort als große Größe erkannt zu werden. (Es gibt zwar auch glückliche Tage, an denen ich, in einem gerade geschnittenen langen Mantel und schwarzen Mantel gekleidet, die Verkäuferinnen aufmunternd flöten höre: „Gewiss ist gnä’ Frau nur mollig – Größe 44?“)


    Agatha Christie wird von einer Abteilung des Kaufhauses in die nächste geschickt, doch erst in der Tropenabteilung wird sie fündig, auch wenn die Bekleidung nicht ganz ihrer Vorstellung entspricht:


    Zitat:
    … zum Beispiel die passende Garderobe für die Gattinnen der Gouverneure des Britischen Weltreichs. Schantungseide! Schlicht geschnittene Röcke mit langem Jackett aus Schantung, ohne jedes jugendliche Kinkerlitzen, kleiden die voluminöse Figur ebenso gut wie die hagere. Ich verschwinde mit verschiedenen Modellen und Größen in der Umkleidekabine, und nur wenige Minuten später bin ich in eine Memsahib verwandelt.“


    Und gegen Ende des Buches beschreibt Agatha Christie, wie sie mit ihrem Mann am Ufer des Flusses Euphrat auf eine Fähre wartet und dabei diese Beobachtungen macht:


    Zitat:
    Ein paar Frauen füllen ihre Benzinkanister mit Wasser, andere waschen ihre Wäsche. Sie erinnern mich an einen Fries: große, schwarz gekleidete Gestalten, die untere Gesichtshälfte ist verschleiert, der Kopf stolz erhoben, dazu die wassertriefenden Kanister. Die Frauen bewegen sich langsam, ohne Eile.
    Voll Neid denke ich, wie schön doch ein Schleier ist. Da fühlst du dich geheim und verborgen. Deine Augen blicken in die Welt, du siehst sie wohl, ohne von ihr gesehen zu werden.
    Aus der Handtasche hole ich einen Spiegel hervor und öffne die Puderdose. Ja, es wäre wunderschön, dieses Gesicht mit einem Schleier zu bedecken.


    Eindeutig:
    5ratten

    Liebe Grüße

    SheRaven

  • Nach deiner anderen Rezi zu "Meine gute alte Zeit" war ich schon kurz davor, das Buch zu bestellen und habe es dann vergessen. Schön, dass du mich mit dieser Rezi hier wieder daran erinnerst. :breitgrins: Und nun kommen sogar zwei Bücher auf den Wunschzettel. :zwinker:

  • So, ich bin fertig. Hier meine Eindrücke:


    Agatha Christies zweiter Mann Max Mallowan ist passionierter und fähiger Archäologe. Da sie sich schon früher mit Archäologie beschäftigt hatte und sich ebenfalls als kompetent erwies, reisen die beiden in den späten 30er Jahren des 20. Jahrhunderts in den Nahen Osten, um dort an vielversprechenden Stellen nach Überresten vergangener Kulturen zu graben.


    Obwohl allein unter Männern genießt Christie die Zeit im Osten, in der Wüste und umgeben von verschiedenen Völkern, Kulturen und Religionen. Das Leben ist zwar nicht besonders leicht, aber dennoch lebenswerter und fröhlicher als zu Hause in England, wo sich kriegsbedingt alles in Aufruhr befindet.


    Christie beschreibt eine Zeit aus ihrem Leben, die ihre besonderen Spuren hinterlassen hat, eine Zeit, an die sie, wie sie selbst schreibt, immer wieder gerne zurück denkt. Zwar ist das Buch alles andere als spannend, es ist eine ruhige Erzählung über eine noch nicht allzu lang vergangene Zeit und eine Welt, in die man sonst nur selten Einblick bekommt.


    Man merkt, dass Christie wohl viel mit ihrer schrulligen Miss Marple gemeinsam haben muss. Auch sie ist unerschüttlich, eine praktische Frau, strotzt den Widernissen des Lebens und hat genügend Humor, um über sich selbst zu lachen und genügend Scharfsinn, um auch die kleinste Unstimmigkeit in ihrer Umgebung zu entdecken.


    Wenn man bereits alle Bücher von Christie durch hat und einen kleinen Einblick in ihr Leben gewinnen möchte, ist das Büchlein eine ideale Einstiegslektüre, denn es macht auf jeden Fall neugierig auf eine ausführliche Biographie, die sicher auch demnächst Eingang in meine Sammlung finden wird.


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    Broschiert: 224 Seiten
    Verlag: Fischer (Tb.), Frankfurt;
    Auflage: 1 (6. Februar 2009)
    Sprache: Deutsch
    ISBN-10: 3596182182
    ISBN-13: 978-3596182183


    (5ratten)

  • Mensch Kinnings,


    jetzt hab ich doch tatsächlich schon ein Buch gelesen dieses Jahr,
    nämlich mein Weihnachtswichtelbuch. :klatschen:


    Meine Erwartungen wurden nicht enttäuscht. Ich interessiere mich immer dafür, wenn jemand mit dem Blick seiner Kultur auf (eine) andere Kultur/en trifft. Die Erlebnisse tragen sich in den 30er Jahren zu, d.h., wir haben auch noch eine historische Komponente, die ebenfalls sehr interessant ist.


    Das Buch ist in diesem witzelnden, „understated“ Tonfall geschrieben, auch noch die größten Problemsituationen werden tiefgestapelt und zu amüsanten Vorfällen gemacht. Die britischen Expeditionskollegen werden ebenfalls auf diese, ja doch recht liebevolle, Art durch den Kakao gezogen. Das hat mich zuerst begeistert, weil mir dieser Ton schon lange nicht mehr untergekommen ist. Alle 80 Seiten oder so habe ich mich aber entnervt gefragt, wie es wirklich gewesen ist: so lässig beherrscht, wie die Persona der Autorin nahelegt, oder doch vielleicht öde, gereizt, voller Eklats und Mißstimmungen wie im wirklichen Leben?


    Die 200 Seiten sind interessant, leicht und amüsant für jederfrau zu lesen, außer vielleicht für diejenigen, die alles politisch korrekt haben müssen.


    Seither treibt mich die Frage um, wie es möglich ist, dass eine nicht gerade vor Selbstbewusstsein strotzende Frau, damals, zur berühmtesten Kriminalautorin des Erdballs wurde? Ich werde wohl nochmal zu einem anderen Zeitpunkt ihre Autobiographie lesen.


    Jedenfalls musste ich mir doch gleich mal wieder ein paar Miss Marple Verfilmungen zur Gemüte führen (ja, Miss Marple, nicht den ekeligen Poirot)


    (P.S.: Übrigens gibt es gerade heute einen Artikel auf Spiegel Online über die [bekanntere] Ausgrabungsstätte Tell-Halaf von dem Kollegen von Oppenheim, dazu heute eine Sendung auf Terra-X und von Januar-August 2011 eine Ausstellung im Berliner Pergamonmuseum.)


    :winken:


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

  • Hallo impala,


    du meinst sicherlich die Poirot-Verfilmungen mit Peter Usitnov? Die mag ich auch nicht besonders. Sehr viel besser finde ich die britischen Verfilmungen mit David Suchet als Poirot. Inzwischen gibt es schon die siebte DVD-Box in deutscher Sprache.


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    Liebe Grüße

    SheRaven

  • Hallo SheRaven :winken:


    nönö, ich hab nichts gegen keinen der Darsteller, und Suchet ist sicherlich der beste.
    Und als Teenager fand ich die Geschichten ja auch prima.


    Aber wenn man mal drüber nachdenkt, ist Poirot einfach ein perverser Charakter,
    und Miss Marple eindeutig die sympathischere Figur. :zwinker: