Bernhard Jaumann - Die Augen der Medusa

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 1.281 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Arjuna.

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    Kurzbeschreibung
    Frost liegt auf den Feldern von Montesecco. Doch eine Explosion zerstört die friedliche Winterlandschaft: Die Limousine von Staatsanwalt Malavoglia wurde von einer Granate getroffen. Am nächsten Tag kesselt eine Spezialeinheit der italienischen Polizei ganz Montesecco ein und arbeitet sich zum Haus des 17-jährigen Vannoni vor. Binnen kurzem belagern Journalisten das kleine Bergdorf in der Mitte Italiens. Nach Gutdünken drehen sie den Einwohnern das Wort im Mund um. Schnell wird Montesecco zum kriminellsten Ort des Landes, wo aus einem übersensiblen Jungen ein Killer wird. Es dauert lange, bis die Bewohner aus ihrer Agonie erwachen. Denn Montesecco ist in Gefahr. Und es geht um alles.


    Meine Eindrücke
    Rund neun Jahre sind vergangen, seit Minhs Entführung den kleinen Ort Montesecco in Atem hielt. Die 25 Einwohner haben sich längst wieder eingerichtet, als unerwartet ein Attentat vor den Toren des Orts verübt wird. Staatsanwalt Malavoglia und sein Fahrer sterben in ihrem Wagen, getroffen von einem Granatwerfer. Mit dem Gegenschlag wartet der Staat nicht lange, zumal der Attentäter sich im Dorf mit vier Geiseln verschanzt hat. Innerhalb kürzester Zeit wird Minh Vannoni zum Attentäter erklärt, eine Sondereinheit will dessen Büro stürmen und eine Reportermeute belagert das kleine Dorf, um die Botschaft von der erschreckenden Missetat, dem traumatisierten Täter und den knorrigen Bewohnern in alle Welt zu tragen. Soviel Fremdherrschaft überwältigt und lähmt Einwohner zunächst. An Minhs Schuld glaubt keiner, aber die Polizei, die Presse und auch das Verhalten, das ihnen entgegen schlägt, lähmen die Nachbarn. Es dauert eine ganze Weile, bis sie sich zu einer Rettungsaktion aufrappeln können.


    Im dritten Band der Montesecco-Romane gerät die Dorfgemeinschaft unter unglaublichen Druck. Die Polizei verdächtigt einen der ihren, ein skrupelloser Attentäter zu sein. Dabei geht sie noch dazu mit einer vorgefassten Lösung des Falls ans Werk; obwohl einige Einheimische Merkwürdigkeiten bemerken, bringt das den leitenden Questore keineswegs zum Grübeln. Psychologen bestärken Presse und Polizei darin, dass durch die damalige Entführung unbedingt ein unberechenbarer Jugendlicher aus Minh geworden sein muss.


    Die Pressemeute ist keinen Deut besser. Auch ihr fällt nicht im Traum ein, aus der Sensationsstory etwas anderes zu machen als die Story eine 17-jährigen Monsters und eines zurückgebliebenen Dorfs. Milena versucht, die Verhältnisse in einem Interview gerade zu rücken, doch von dem, was sie berichtet, wird nur das gesendet, was zum vermeintlichen Gesamtbild passt. Mit dem damit gesäten Misstrauen filmen die TV-Leute danach natürlich genau die Bilder, die sie wollen: Verstockte, einsilbige Bewohner. Die Presse, die sich gerne als Aufklärer sieht, ist genau wie die Polizei gefangen in ihrer vorgefertigten Sicht der Dinge.


    Obwohl der Plot viel Action vermuten lässt, gibt es genau das zum Glück nicht. Viel Raum nehmen wieder die Gefühle und Gedanken der Dorfbewohner ein, die hier so hart wie noch nie auf die Probe gestellt werden. Jaumann schafft es, fünf Tage Ausnahmezustand so zu verpacken, dass man richtig mitfiebert, als sich 25 Menschen ein letztes Mal als Gemeinschaft beweisen müssen. Das Dorf verschafft sich Klarheit über die Hintergründe der Tat und versucht mit einer abenteuerlichen Aktion, Minh zu retten. Die alte Constanza Marcantoni bekommt eine tragikomische Rolle: Sie lebt inzwischen verwirrt in ihrem Haus und wähnt sich angesichts der zahlreichen Uniformierten im Zweiten Weltkrieg unter deutschen Besatzern. Auch sie übernimmt ganz selbstverständlich ihren Anteil, um die Belagerung zu beenden; doch ihre listigen Aktionen werden ihr zum Verhängnis.


    Insgesamt hat mir auch dieser Montesecco-Roman ausgezeichnet gefallen. Das Besondere war sicher, dass die Umstände diesmal so außergewöhnlich sind und die Bewohner dennoch ihre Stärken ausspielen. Durch ihre Zusammenarbeit funktioniert die Arbeit am Ende reibungslos, sie organisieren sich und ihre Unterstützung und mindestens ein Kopf ist immer da, der klare Gedanken fasst und die Rettungsaktion verfeintert. Montesecco wird durch diesen heftigen Eingriff verändert wie nie zuvor und - wie auch Liisa in ihrem Blog schreibt - ist es wohl besser, wenn die Geschichte um Montesecco hier ihr Ende nimmt.


    5ratten



    >> Service
    Die Romane der Montesecco-Trilogie sind:


    [li]Die Vipern von Montesecco[/li]
    [li]Die Drachen von Montesecco[/li]
    [li]Die Augen der Medusa[/li]

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  • Schöne Rezi, mir ist das Buch ja schon in der Lesenacht positiv aufgefallen. :smile:


    Heißt das in der Trilogie geht es immer um dieses Dorf, in dem sich halt dann Kriminalfälle ereignen oder gibt es auch einen Kommissar durchgehend, der ermittelt?

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh

  • Hallo Arjuna, in Montesecco ermittelt kein Kommissar. Die Dorfbewohner klären alles unter sich auf.
    Das ist mal ein merkwürdig erscheinender Todesfall, dann eine Entführung und zum Schluss eben dieses Attentat. Einige Bewohner, wie z. B. Minh, erfahren im Lauf dieser Jahre ein schweres Schicksal, aber so wie die Bewohner die Missetäter ermitteln, so fangen sie die Betroffenen auch auf.


    Für mich ist es dieses Kammerspiel, das faszinierend läuft, wunderbar geschrieben ist und das mir so gut gefallen hat.

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  • Ich werde es im Auge behalten, das ist immerhin mal eine ganz andere Art von "Krimi".

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh