Åsne Seierstad - Der Buchhändler aus Kabul : eine Familiengeschichte

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    Klappentext
    Fünf Monate verbrachte die Autorin bei der Familie des Buchhändlers Sultan Khan in Kabul, lebte ihren Alltag und sammelte ihre Geschichten: von arrangierten Ehen und wertvollen Büchern, von der Freiheit des Geistes und der zaghaften Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Sie zeichnet das Porträt eines Buchhändlers mit Charisma, der Bücher über alles liebt – und dabei doch das klassische Oberhaupt einer islamischen Familie bleibt.


    Meine Meinung
    Einer der ersten Menschen, den die norwegische Journalistin Åsne Seierstad traf, nachdem sie mit der Nordallianz nach der Niederlage der Taliban in Kabul einzog, war der Buchhändler Sultan Khan, der sie nach einigen Besuchen in der Buchhandlung zu sich nach Hause einlud. Seierstad war von seiner Familie so beeindruckt, dass sie beschloss, ein Buch über sie zu schreiben. Ihre Beobachtungen und die Erlebnisse, die die Familienmitglieder ihr schilderten, hat sie in eine literarische Form gebracht und in diesem Band veröffentlicht. Die geschilderten Erlebnisse haben keine chronologische Reihenfolge, aber es fällt nicht schwer das Gelesene zeitlich einzuordnen; das meiste wird sich kurz und nach dem Fall der Taliban abgespielt haben. In jedem Kapitel nimmt Seierstad die Perspektive eines Familienmitglieds ein – sei es nun Sultan selbst oder seine Frau, seine Schwestern, seine Mutter oder seine Söhne.


    Oft musste ich während der Lektüre kurz innehalten, um das Gelesene zu verarbeiten – vieles war für mich als westliche Leserin schlichtweg erschütternd. So muss Sultan Khan mit seiner über 10köpfigen Familie in einer zerbombten Wohnung auf engstem Raum mit wenig Möbeln leben, obwohl er ein erfolgreicher Geschäftsmann ist. Da kann man sich vorstellen, wie es noch ärmeren Familien gehen muss. Auch die Art, wie Frauen in Afghanistan immer noch behandelt werden, hat mich sehr oft aufgeregt. Sei es nun die Brautwerbung, bei der die junge Braut natürlich nicht mitzureden hat oder die Tatsache, dass ein Sohn seiner Mutter verbieten kann zu arbeiten, obwohl es ihr Mann erlaubt hat. :entsetzt: Vor allem Leila, Sultans jüngste Schwester, tat mir Leid. Sie schuftet am meisten und am längsten im Haushalt, wird von allen nur herumkommandiert und von ihrem Neffen auch noch beleidigt. :sauer:


    Seierstads Stil ist klar und ohne Schnörkel, ganz so wie man es von einer Journalistin erwartet. Sie verschönert und dramatisiert nichts, nur ab und an schwingt ein Hauch von Poesie und Tragik mit.


    Ich fand es etwas schade, dass man doch relativ wenig von Sultans Tätigkeiten und Geschäften als Buchhändler erfährt. Den meisten Platz nimmt seine Familie ein. Da hatte ich mir vom Titel etwas mehr versprochen.


    Nichtsdestotrotz ist dieses Buch ein wichtiges Dokument vom Leben in Kabul unter und nach den Taliban, was sich zu lesen lohnt!


    4ratten

  • 5ratten Hallo Cuddles, Danke für`rezensieren. Das ist so toll das Buch und so heftig, man muss es richtiggehend lesen!

  • Da sagst du was! Die Lektüre war so eindringlich, dass ich so viele Details im Kopf behalten habe. Heftig, fand ich auch, dass die Autorin manchmal sogar freiwillig eine Burkha getragen hat.

  • Kurz nach den Terroranschlägen des 11. September hat Åsne Seierstad für mehrere Monate bei der Familie eines Buchhändlers in Kabul gewohnt. Dort hat sie das alltägliche Leben der Famile begleitet und ein Buch darüber geschrieben.


    Das Buch ist allerdings nicht aus der Sicht der Autorin geschrieben, sondern aus Sicht der verschiedenen Familienmitglieder. Åsne Seierstad schreibt ihnen Gefühle und Gedanken zu, von denen sie nichts wissen kann, während sie andererseits wahre Geschichten erzählt. In einem Vorwort erwähnt die Autorin, dass sie zahlreiche Diskussionen mit den Männern der Familie hatte, bei denen es meistens um die Rolle der Frauen ging. Leider werden den Lesern diese Diskussionen, die durchaus interessant gewesen wären, verschwiegen.


    Abgesehen davon, dass hier Journalismus mit Fiktion vermischt wird, hat mir das Buch sehr gut gefallen. Ich interessiere mich für Afghanistan und vor allem auch für die Rolle der Frau. Die Autorin erzählt sehr unterschiedliche Geschichten aus der Familie Khan, aber oft stehen dabei die Frauen im Mittelpunkt. Sie haben keine Rechte und müssen alles über sich ergehen lassen. Still wird ertragen, dass der Ehemann sich eine zweite, jüngere Frau nimmt, ein junges Mädchen wird zwangsverheiratet, weil sie sich kurz mit einem Jungen im Park getroffen hat, alle Entscheidungen der Männer werden ohne Protest hingenommen. Am schlimmsten hat es Leila getroffen, sie ist die jüngste Schwester des Buchhändlers und macht für die 12-köpfige Familie den kompletten Haushalt und muss oft den Frust oder die schlechte Laune der restlichen Familie ertragen.


    Ich finde, dass dieses Buch ein wichtiges Dokument über Afghanistan ist, das uns einmal mehr zeigt, wie glücklich wir uns schätzen können, dass wir als Frauen in der westlichen Welt alle Freiheiten genießen. Ich werde nach weiteren Büchern der Autorin Ausschau halten, da sie auch andere Krisengebiete besucht und darüber geschrieben hat.
    4ratten

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