Dirk C. Fleck - Das Tahiti-Projekt

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 5.278 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Miramis.

  • So, hier mal wieder eine Kritik von mir, diesmal zum im Urlaub gelesenen Roman "Das Tahiti-Projekt".


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    Inhalt:


    Maximilian Cording ist im Jahr 2022 angestellter Journalist in einem großen Medienkonzern, der sich vor allem mit ökologischen Themen befasst. Cording bekommt Aufträge zur Berichterstattung von überall aus der Welt, doch längst haben ihn der Umgang mit der Natur und die Diskrepanz zwischen Konzernen und unverbesserlichen Weltenrettern aus der Zivilbevölkerung zermürbt. Dies bleibt auch seinem Vorgesetzten nicht verborgen, der Cording schließlich für den Zeitraum von drei Monaten nach Tahiti schickt.


    Tahiti hat seine knapp zehnjährige Informationssperre beendet und Journalisten aus aller Welt eingeladen, sich ein Bild des neuen Tahiti, der „Ökologischen Föderation Polynesien“, zu machen. Zu einer solchen hin entwickelte Tahitis Präsident Omai seine Heimat, nachdem diese, unterstützt von EU-Hilfen, unabhängig wurde. Von der Berichterstattung der Journalisten hängt die weitere Zukunft Tahitis ab. Wird man den neu eingeschlagenen Weg weiter verfolgen können? Cordings Vorgesetzter lässt vor dessen Abreise jedoch klar durchblicken, dass von Cording ein äußerst kritischer Bericht erwartet wird.


    Umso mehr Zeit Cording in Tahiti verbringt, desto mehr begeistert ihn die Umgebung, und desto überzeugter ist er von Tahitis ökologischem Konzept. Immer mehr rückt ein kritischer Bericht für ihn in die Ferne. Doch das ist nicht alles, womit Cording sich auseinandersetzen muss, denn durch neu entdeckte Rohstoffvorräte unter See gerät Tahiti nicht nur erneut in den Blickpunkt der Welt, sondern auch ökologisch in höchste Gefahr – und Cording ist mittendrin …


    Kritik:


    Das Schwierigste bei der Lektüre von „Das Tahiti-Projekt“ ist der Anfang, der doch – gerade im Vergleich zum restlichen Roman – sehr verstörend wirkt. Daher hier der Hinweis, trotz der dargestellten Brutalität und den zunächst unklaren Bezug zum Romaninhalt darüber hinweg zu lesen.


    Nach den ersten Szenen zeigt sich das Buch überraschenderweise als ausgesprochene Utopie mit Thrillerelementen. Überraschend deshalb, weil Dystopien sich im Allgemeinen größerer Beliebtheit erfreuen und Utopien entsprechend rar gesät sind, aber auch, weil der Hamburger Autor Dirk C. Fleck 1994 den Deutschen Science-Fiction-Preis für einen sehr gegenteiligen Roman, nämlich für die Dystopie „Go! Die Ökodiktatur“, erhielt. An diesen Erfolg konnte Fleck ungeachtet dessen jedoch mehr als anknüpfen, denn 2009 verlieh man ihm erneut den Deutschen Science-Fiction-Preis, diesmal für „Das Tahiti-Projekt“.


    Trotz der Begeisterung für das Buch, die auch auf mich bei der Lektüre überging, die sich im verliehenen Preis ebenso niederschlägt wie in diversen Kritiken und den Wellen, die der Roman zu schlagen vermochte, und über die man sich über http://www.tahiti-projekt.org oder über http://tahiti-virus.blogspot.com näher informieren kann, gibt es jedoch auch einiges an „Das Tahiti-Projekt“ zu bemängeln. Gestört hat mich vor allem, dass man kaum umhin kommt, zwischen dem Hamburger Journalisten und dem Autor des Buches deutliche Parallelen zu ziehen, was sich zum einen sehr direkt, aber auch indirekt äußert. So taucht im Roman beispielsweise auch die Meinung von Sir Peter Ustinov auf, der für das dem Roman zu Grunde liegende Sachbuch das Nachwort schrieb.


    Wichtig zu wissen ist nämlich, dass Flecks Roman auf Basis des Sachbuchs „Equilibrismus. Neue Konzepte statt Reformen für eine Welt im Gleichgewicht“ von Eric Bihl und Volker Freystedt auf Bitten der Autoren entstand. Dieses Experiment darf als sehr gelungen bezeichnet werden, denn „Das Tahiti-Projekt“ lässt sich auch ohne dieses Wissen leicht und flüssig lesen. Dennoch ist der Roman neben allem, was er sonst noch zugleich ist, auch im Bereich Dokufiction anzusiedeln. Das bedeutet, dass dem Leser unwahrscheinlich viele ökologische Ansätze, Vorhaben, fiktive Umsetzungen und derlei mehr im Verlauf des Buches erläutert werden. Fleck hat es zwar vermocht, diese so ansprechend wie möglich zu verpacken und weitere Informationen in ein abschließendes Glossar zu verpacken, innerhalb dessen sich auch zahlreiche Links verbergen, falls man sich näher mit bestimmten angerissenen Themen befassen oder sich generell über sie informieren möchte, doch manches Mal fühlt man sich dennoch belehrt und mit erhobenem Zeigefinger weitschweifig informiert.


    Fazit:

    „Das Tahiti-Projekt“, 2009 mit dem Deutschen Science-Fiction-Preis ausgezeichnet, ist eine gelungene Mischung aus Utopie, Ökothriller und Docufiction, die sich zu lesen lohnt, weil der Autor die Gratwanderung zwischen den einzelnen Elementen erfolgreich bewältigt hat, die Geschichte sich flüssig lesen lässt und neben allem anderen wie beispielsweise dem Informationsgehalt auch zum Träumen einlädt. Veränderungen sind möglich – wenn auch manchmal zu scheinbar unüberwindlichem Preis.


    Und für alle, die der Roman zu begeistern vermag, abschließend noch die Information, dass Fleck mittlerweile an einer Fortsetzung arbeitet.

    Einmal editiert, zuletzt von TanjaT ()

  • Hallo zusammen,
    ich hatte zur Begehung einer autorenbegleiteten Leserunde zu diesem Buch die Taschenbuchausgabe:


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    Meine Meinung:


    Der deutsche Journalist Cording hadert mit sich und der Welt. Es sind vor allem die ewig schrecklichen Horrorszenarien über die er um 2022 berichten muss, welche ihn drohen aus der Bahn zu werfen. Als er zusammen mit vielen Kollegen die Möglichkeit bekommt über ein einschneidendes Öko-Projekt auf Tahiti zu berichten, ist er bemüht sein Bestes zu geben, um mindestens seinem eigenen Weltbild eine positivere Note zu geben. Was ihn in Begleitung des Sohnes der Verlags-Chefin dann aber erwartet, wagt er kaum zu glauben. Doch all dieser paradiesischen Wandlung droht Gefahr. Während ein gejagter Wissenschaftler versucht die Menschheit zu warnen, bereitet sich ein riesiger Ölkonzern darauf vor, seinen Machthunger zu stillen…


    Mit diesem Buch konnte ich eintauchen in eines der wahrscheinlich sehr seltenen, positiv dargestellten ökologischen Zukunftsszenarien, die sich in der Romanwelt tummeln. Als Gesamtkonzept zumindest auf den Südseeinseln greifbar, staunte ich immer wieder über technologische Errungenschaften, die es durchaus bereits in unsere heutige Realität zum Durchbruch geschafft hätten, wenn da nicht die große Lobby derer wäre, die sich an der großen Ölindustrie eine goldene Nase verdienen möchten. Mitunter erfuhr ich aber auch unglaublich viel über die Kultur, die Gedankenwelt und das Wesen der Menschen auf Tahiti selbst, so dass ich mir durch all die blumigen Beschreibungen ein paradiesisches aber nicht ganz unauthentisches Bild machen konnte. Dieses Bildnis hatte für mich in der Mitte des Buches eine kleine Länge, die ich aber durchaus zur Beschreibung des positiven Weges verstanden habe.


    Die einzelnen Charaktere kamen gut gezeichnet bei mir herüber. Gerade da sie nicht sofort greifbar dargestellt wurden, sondern wandelbar waren und zum Teil ihre Ecken und Kanten besaßen konnten diese bei mir punkten.


    Die Begründung des Genre-Zusatzes „Thriller“ lag dabei für mich eindeutig eher auf einer dramatischen Gegenüberstellung der beiden Extremdarstellungen der möglichen Zukunftsszenarien, als auf einer spannend gefährlichen Handlung für Figuren oder Protagonisten. Dies empfand ich aber nicht als negativ, da mir dieses Buch auf anderer Ebene so einiges an interessanten Einblicken und Möglichkeiten darbieten konnte. Mit seinem informativen Charakter formte dieser Roman durchaus das gelungene Ergebnis eines gut verpackten Sachbuches, welches sich recht leicht und locker weg lesen lies. Besonders gefallen hat mir dabei auch der eine oder andere poetisch anmutende Satz sowie die leichte Priese von Humor, die der Auto jeweils mit hat einfließen lassen. Alles in allem sicher ein Buch welches mich anregen konnte einmal über einen krasseren Schritt der ökologischen Umstrukturierung nachdenken zu lassen.


    Ich möchte hier aber auch noch hinweisen, dass das Label „Öko-Thriller“ nicht ganz passend ist und den einen oder anderen Leser zu falschen Vorstellungen verleiten könnte.


    Von mir deshalb zweierlei Bewertungen.
    Als informative und
    zukunftsorientierte Dokumentar-Leküre mit umgarnender Story: : 4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Als "Thriller": 2ratten


    Grüssle
    Marion :winken:

    "Die Größe und den moralischen Fortschritt einer Nation kann man daran messen, wie sie ihre Tiere behandelt." Mahatma Gandhi

  • Zum Inhalt möchte ich nichts mehr hinzufügen, da hilft dann nur selber lesen :zwinker:


    Meine Meinung: Vom Verlag wird der Roman als „Öko-Thriller“ vermarktet, Öko ist auch richtig und gut, aber wer einen Thriller sucht, der sollte ein anderes Buch wählen. Was bekommt man also stattdessen? Ein bißchen Science Fiction, im wesentlichen aber ein gut als Roman getarntes Sachbuch mit zahlreichen Informationen über bereits existierende Konzepte und (technologische) Lösungen gegen den Ökozid und zur gerechteren Umgestaltung der Gesellschaften. Auf dieser Ebene funktioniert der Roman sehr gut und gibt eine Vielzahl von Denkanstößen. Manches klingt recht unglaublich, erweist sich aber nicht nur beim Blick ins beigegebene Glossar sondern auch bei weiteren Recherchen im Internet als höchst real.


    Trotz dieses sehr positiven Aspektes stehe ich auch noch Tage nach Beendigung der Lektüre dem Roman insgesamt recht zwiespältig gegenüber. Auch wenn ich den Thrilleranteil nicht wirklich vermißt habe, so hätte ich auf die Liebesgeschichte in diesem Umfang auch verzichten können, aber gut. Schwerer wiegt für mich schon die Vielzahl loser Enden, die einfach kein rundes Bild am Ende entstehen lassen. Das betrifft den von Steve aufgezogenen Internetprotest und die gesammelten Gelder, über die kein Wort mehr verloren wird. Das betrifft auch das weitere Verhalten der USA und Chinas. Das betrifft auch die am Anfang ausgestreute Spur der Ruhigstellung von Arbeitslosen in Hamburg, die schlicht und einfach im Sande verläuft. Und das betrifft auch das von Steve so lange praktizierte Internetspiel, dem ein paar Hintergründe mehr gut getan hätten. Auch insgesamt hätte ich mir, rein auf die Anteile bezogen, die Verteilung zwischen der Darstellung des tahitianischen Paradieses und der äußeren Bedrohung etwas ausgewogener gewünscht. Das Idyll auf der Insel wurde für meinen Geschmack schon ein bißchen überstrapaziert.


    Eigentlich müßte ich unter diesen Umständen zwei Bewertungen vergeben, eine für die inhaltliche Ebene des vermittelten Sachwissens und eine für die Rahmenhandlung als „Verpackung“. Da das aber nicht geht, versuche ich es einigermaßen zu mitteln, auch auf die Gefahr hin, dem Roman damit nicht mehr ganz gerecht zu werden.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß
    Aldawen

  • Meine Meinung:


    "Das Tahiti-Projekt" ist ein Roman, der sich nicht so leicht in eine Schublade stecken lässt. Zwar steht das Prädikat "Öko-Thriller" auf dem Cover, damit wird der Leser allerdings etwas an der Nase herumgeführt, denn eigentlich verbirgt sich dahinter ein ganz anderes Buch. Aus der Perspektive des abgebrühten Kriegsreporters Cording blicken wir auf die Welt im Jahre 2020, in der sich die globalen Probleme vervielfacht haben und in der das Leben kaum noch lebenswert erscheint. Umweltzerstörung, Ausbeutung der Ressourcen, soziale Ungerechtigkeit sind nur einige davon, und das alles im großen Stil.


    Als Gegenentwurf zu dieser zerbrochenen Welt präsentiert der Autor uns ein alternatives Tahiti - hier wurden sämtliche Probleme zum Wohl von Mensch und Natur gelöst. Gemeinsam mit Mike Cording staunt der Leser über völlig neue Denkansätze und Konzepte, die hier ganzheitlich umgesetzt wurden und den Menschen ein komplett neues Leben ermöglichen. Einfach genial, wie hier auf leicht verständliche Art und Weise Informationen an den interessierten Leser vermittelt werden - ich fand es sehr spannend, den Tahitianern in ihrem utopischen Inselparadies über die Schulter zu schauen und saugte die Informationen auf wie ein Schwamm.


    Energiegewinnung aus Sonne und Wind, Elektroautos aus Naturmaterialien, Straßenbeläge aus Reiskleie, Kleidung aus Brennesseln, aber auch Bildungseinrichtungen wie eine Umweltuniversität, neue politische Strukturen oder revolutionäre Gedanken zum Rechtssystem, alles hat einen wahren Kern und wurde so oder so ähnlich bereits heute in der Realität durchdacht und erprobt. Trotzdem erscheint diese heile Welt in ihrer Gesamtheit auf den ersten Blick schon sehr konstruiert, was in Verbindung mit der wunderbar poetisch dargestellten Inselatmosphäre ein Gefühl der Unwirklichkeit bei mir erzeugte. Dennoch konnte ich mich sehr gut auf die Geschichte einlassen und die weitreichenden Gedankenspiele des Autors fast immer mitvollziehen.


    Das ist auch der Kern des Romans; ein gut verpacktes Sachbuch, das sich durch die begleitende Rahmenhandlung sehr flüssig und unterhaltsam weglesen lässt. Von meiner Erwartungshaltung hinsichtlich eines Thrillers konnte ich mich sehr schnell lösen, denn als Thriller kann man die Geschichte nun nicht gerade bezeichnen, obwohl ein entsprechende Komponente durchaus in der Rahmenhandlung enthalten ist. Außerdem ist eine etwas unbeholfene Liebesgeschichte integriert, die sich zwischen Cording und Omais Schwester Maeva abspielt; gut, um den Kontrast zwischen der europäischen und der polynesischen Kultur herauszuarbeiten, aber trotzdem für mich nicht unbedingt ein große Stärke des Romans.


    Nein, mich hat das Buch durch seine positive Grundstimmung und die revolutionären Denkansätze überzeugt, die hier wirklich mit Herzblut geschrieben und mit großer Überzeugungskraft vorgestellt wurden - davon lebt der ganze Roman. Ich hoffe, dass er noch viele Leser finden wird, die ebenso begeistert wie ich sind und sich von Dirk C. Fleck davon überzeugen lassen, dass unsere Welt etwas besseres verdient hat, als an sich selbst zugrunde zu gehen.


    4ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • An diese Leserunde muss ich gerade ganz oft denken, und frage mich, ob es nicht jetzt Zeit für den Equilibrismus wäre. Immerhin spielt das Buch auch im Jahr 2020, wie ich eben mit Schaudern festgestellt habe. Leider fand ich die Fortsetzung ja ziemlich missraten.

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel