Martin Suter - Der letzte Weynfeldt

Es gibt 23 Antworten in diesem Thema, welches 10.214 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bettina.

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    Kurzbeschreibung von amazon:
    Der Mittfünfziger Adrian Weynfeldt, Kunstexperte und Designsammler, steht zwischen zwei Welten. Freunde seines Alters hat er keine: nur viel jüngere, die ihn – „das etwas exotische Original“ -- nicht zuletzt wegen seines Reichtums umgaren, und ältere, die noch seine Eltern kannten. Mit ersteren besucht Weynfeldt Clubs und Lounges, „für die er sich allein zu alt gefühlt hätte“. Mit letzteren geht er in gutbürgerliche Restaurants und verbringt „angestrengt lustige“ Abende. Dazwischen hat Weynfeldt nichts dagegen, allein zu sein. Im Gegenteil: Er genießt die Einsamkeit. S.e.x. spielt in seinem Leben eigentlich keine Rolle mehr.


    In einer Bar wird Weynfeldt von einer jüngeren Frau angesprochen, die ihm wie eine Wiedergängerin einer verflossenen Liebe erscheint. Weynfeldt lässt sich mit ihr ein, nach zahlreichen Martini und Gin-Fizz findet man sich, reichlich angetrunken, im Bett des Junggesellen wieder. Zum Äußersten kommt es zunächst nicht. Als es dann doch noch zum Äußersten kommt, ist dieses Äußerste anders als von Weynfeldt erwartet. Am nächsten Morgen nämlich droht die Frau, sich vom Balkon seiner Wohnung zu stürzen. Als er sie rettet, legt sie ihr Schicksal in seine Hand. Weynfeldt soll ihre Schwierigkeiten aus der Welt schaffen. Und dann entwickelt sich die Geschichte doch noch ganz anders, als es der Junggeselle erwartet hat.


    Teilnehmer:
    Bettina
    Saltanah
    Alfa_Romea
    Fridaa
    [hr]
    Viel Spaß!

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Erster Eindruck: Umpf :sauer: .
    Nach 50 Seiten glaube ich nicht, dass ich mich mit dem Buch (und Suter überhaupt) noch anfreunden werde. Dabei kann ich keine handfesten Kritikpunkte anbringen, aber von der ersten Seite an verspürte ich eine intensive Abneigung gegen das Buch.


    Ich versuche mal, das etwas aufzudröseln:
    Adrian Weynfeldt ist mir nicht nur gründlich unsympathisch, sondern - was schwerer wiegt - er interessiert mich nicht die Bohne. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass ich über Leute mit so (zu) viel Geld nur in der britischen Literatur des 19. Jahrhunderts lesen mag. Mich lassen seine Probleme, seine Überlegungen und seine Weltsicht einfach kalt. Da will ich nichts weiter drüber wissen.
    Das interessanteste an ihm war für mich, dass er im 2. Kap. als "Chaot" bezeichnet wird, wobei mir nicht ganz klar ist, ob das nun seine eigene Sicht von ihm ist oder die eines allwissenden Erzählers. Ich vermute ersteres und stelle fest, dass er eine seltsame Vorstellung von Chaotentum hat. (Falls das ein allwissender Erzähler sein sollte, macht es das nur noch schlimmer.)


    Ein weiteres Problem bereitet mir die Art der Darstellung. Für meinen Geschmack wird viel zu viel über die Protagonisten erzählt. Z. B. erfahren wir alles mögliche über Klaus Baiers Leben, bevor er auch nur irgendwie Bedeutung für die Geschichte hätte erlangen können. Ehrlich gesagt erinnert mir das ziemlich an Trivialliteratur.


    Hoffentlich gefällt euch das Buch besser als mir. Ich denke stark über einen Abbruch nach, hätte das wohl schon getan, wenn nicht die Leserunde wäre.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Wenn ich mal wieder unangemeldet in eine Leserunde schneien darf: der Weynfeldt ist kein guter Maßstab dafür, ob einem Suter liegt oder nicht. Ich mag Suter gerne, aber dieses Buch hat mich ziemlich angeödet (und ich war nicht böse drum, dass ich das Hörbuch nach ca. der Hälfte zurückbringen musste, weil die Leihfrist abgelaufen war ...)


    Ich bin gespannt, wie es Euch so damit gehen wird.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Hi!


    Ich habe gestern die ersten fünf Kapitel gelesen und mir gefällt Suters Stil grundsätzlich, auch wenn ich davon nicht 200 Seiten am Tag lesen wollte. Suter hat eine unaufgeregte, distanzierte Art zu erzählen und ich habe nicht den Eindruck, dass er seine Protagonisten mag. An einem schlechten Tag bezeichne ich sowas viellicht als nerviges Geschreibsel, an einem guten Tag freue ich mich über die Entschleunigung, die mich beim Lesen automatisch erfasst. (Und was ich am Ende darüber sage, hängt sehr vom Inhalt ab - bisher habe ich nämlich nur eine Ahnung, wo Suter mit seiner Geschichte hin will.)



    Ein weiteres Problem bereitet mir die Art der Darstellung. Für meinen Geschmack wird viel zu viel über die Protagonisten erzählt. Z. B. erfahren wir alles mögliche über Klaus Baiers Leben, bevor er auch nur irgendwie Bedeutung für die Geschichte hätte erlangen können. Ehrlich gesagt erinnert mir das ziemlich an Trivialliteratur.


    Das stimmt. Allerdings geniesse ich Suters Personenbeschreibungen und die Biographien dazu immer sehr. Ich kann mir die Leute dann immer richtig vorstellen - nicht nur, wie sie aussehen, sondern auch ihr Auftreten, ihre Stimme, bis hin zu Sprechtempo und Dialekt. Ich weiss nicht genau, wieso das bei Suter so gut funktioniert und bei anderen Autoren nur im Ausnahmefall.
    Allerdings liegt der Verdacht nahe, dass ich mir Suters Protagonisten so gut vorstellen kann, weil es halt (Deutsch-)Schweizer sind, also Leute aus meinem Kulturkreis und mit meiner Sprache. Da entstehen sofort nachhaltige Bilder - nachhaltiger als wenn derselbe Typ in denselben Worten beschrieben ein Deutscher oder ein Franzose wäre... Liegt wohl daran, dass ich die einheimischen Pappenheimer viel besser kenne als die auswärtigen :breitgrins: Sowieso scheint es mir, als beschriebe Suter ständig irgendwelche Stereotypen. Ich habe immer das Gefühl, im richtigen Leben Leute zu kennen, die ähnlich sind wie die im Buch beschriebenen. Bin ich damit allein oder geht es euch auch so?


    Definitiv Murks ist dafür ein Satz ganz weit vorne im Buch. Der letzte Satz des ersten Abschnitts (nicht des Kapitels, dort, wo die erste Leerzeile steht) lautet: "Es war das Gesicht, das er seit so vielen Jahren zu vergessen und zu erinnern versuchte."
    Ich habe zwar schon verschiedentlich darüber gelesen, dass das Englische "to remember" im Deutschen mittlerweile direkt übersetzt ohne "an" verwendet wird. Da ich aber in der Praxis noch nie Erfahrungen damit gemacht habe, dachte ich, dieser "gängige" Fehler sei sowas wie eine urban legend. Und jetzt lese ich sowas in einem Buch von Suter, das immerhin im Diogenes-Verlag erschienen ist. Schrecklich und erstaunlich zugleich...


    Lieber Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Ich bin gestern Abend erstmals etwa vier Kapitel weit gekommen. Richtig "drin" bin ich noch nicht, was bei mir daran liegt, dass ich Adrian verflixt nochmal nicht als älteren Herrn sehe. Dabei ist er das ja und er verkehrt vor allem mit noch viel älteren Leuten. Seltsame Vorliebe, keine gleichaltrigen Bekanntschaften zu haben, sondern die Bekannten aus dem Bekanntenkreis der Eltern quasi zu erben.



    Adrian Weynfeldt ist mir nicht nur gründlich unsympathisch, sondern - was schwerer wiegt - er interessiert mich nicht die Bohne. Das hat nicht zuletzt damit zu tun, dass ich über Leute mit so (zu) viel Geld nur in der britischen Literatur des 19. Jahrhunderts lesen mag. Mich lassen seine Probleme, seine Überlegungen und seine Weltsicht einfach kalt. Da will ich nichts weiter drüber wissen.
    Das interessanteste an ihm war für mich, dass er im 2. Kap. als "Chaot" bezeichnet wird, wobei mir nicht ganz klar ist, ob das nun seine eigene Sicht von ihm ist oder die eines allwissenden Erzählers. Ich vermute ersteres und stelle fest, dass er eine seltsame Vorstellung von Chaotentum hat. (Falls das ein allwissender Erzähler sein sollte, macht es das nur noch schlimmer.)


    Der Reichtum macht mir nicht zu schaffen; so Leute gibt's einfach. Kann ich hinnehmen, auch, wenn ich dazu vielleicht in Hamburg oder Zürich vor den einschlägigen Hotels rumlungern muss, damit ich Leute sehe, deren linker Schuh locker 500 Franken gekostet hat und deren Sorge eher ist, ob sie heute isländisches oder thailändisches Tafelwasser trinken. Was Adrians Privatleben angeht, habe ich das Gefühl, dass das für ihn eine Art Erfüllung von Notwendigkeiten ist. Das mit der Liebe klappt nicht, weil er den Mund nicht aufbekommt. Es geht schief, aber dann nehmen wir danach eben das Leben, was sich danach anbietet. Nun gut, geht auch. Der Freundeskreis wird bedient, unterhalten und hin und wieder getroffen. Abgehakt bis zum nächsten Treffen. Gut, geht. Er ist da ein bisschen isoliert und es macht ihm gar nichts aus.


    Ich denke wie Saltanah, dass Adrian sich selbst für einen Chaoten hält. Verstehe ich, da ich mir vorstelle, dass er bestimmte Dinge nie hat tun müssen und daher auch nicht gelernt hat. Da war jemand, der das für ihn erledigt hat. Er konnte das tun, was ihm lag und darin ist er dann auch gut. Da er absolut keine Hand für Organisation hat, läuft bei ihm dessen Erledigung chaotisch ab.


    Sehr merkwürdig finde ich Lorena. Überspanntes Weibsbild. Ich sage, sie wollte gar nicht springen, sondern hat nur einen Vorwand gesucht, damit er sich an sie erinnert, sie in Kontakt bleiben können, sie einen Vorwand hat... Ist sehr dramatisch geraten. Mal sehen.


    Das Buch finde ich bisher allerdings nicht spannend. Obwohl zwei Szenen aufgetaucht sind, die das hergeben würden: Das merkwürdige Auftauchen von Lorena und das Bild, das in die Auktion soll. Daraus wird sicher noch was, aber: Ich würde eher sofort weiterlesen wollen, weil sich das Buch flüssig liest. Erst in zweiter Linie, weil ich wissen will, wie es weitergeht.



    Definitiv Murks ist dafür ein Satz ganz weit vorne im Buch. ... "Es war das Gesicht, das er seit so vielen Jahren zu vergessen und zu erinnern versuchte."
    Ich habe zwar schon verschiedentlich darüber gelesen, dass das Englische "to remember" im Deutschen mittlerweile direkt übersetzt ohne "an" verwendet wird. Da ich aber in der Praxis noch nie Erfahrungen damit gemacht habe, dachte ich, dieser "gängige" Fehler sei sowas wie eine urban legend. Und jetzt lese ich sowas in einem Buch von Suter, das immerhin im Diogenes-Verlag erschienen ist. Schrecklich und erstaunlich zugleich...


    Ich habe den Satz so verstanden, dass er sich an das Gesicht gleichzeitig erinnern will und es genauso gerne vergessen möchte. Über die Formulierung ohne "an" habe ich mich gar nicht so sehr gewundert: Ich hatte überlegt, ob das im Schriftdeutsch so benutzt werden kann. Kann es aber offensichtlich nicht, wenn Du Dich daran störst. Vermutlich war es dann einfach eine "technische" Frage für Suter, damit der Satz kurz ist, nicht umständlich ist und klingt.

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  • Hallo ihr Zwei,


    ich habe mich heute noch einmal an dem Buch versucht und nach genau anderthalb Seiten (dem Beginn von Kap. 6) endgültig das Handtuch geschmissen. Theo L. Pedroni ist zwar nicht reich, aber auch er interessiert mich nicht die Bohne. Und ich mag einfach die Art nicht, wie die Geschichte erzählt wird. Leider kann ich es nicht genauer in Worte kleiden, was mich an dem Stil stört, aber es stört mich ganz kapital.
    Daher verabschiede ich mich schlechten Gewissens von euch, werde aber eure Beiträge weiter mitlesen.


    Im 3. und 4. Kap. bleibt natürlich unklar, ob Weynfeldt nun das Original oder die Fälschung nach Hause schleppt. Wahrscheinlich ja die Fälschung, die von einer ganz anderen Qualität sein muss, als der für einen oberflächlichen Betrachter täuschend echte Faksimiledruck auf Leinwand im Originalrahmen, durch den die anderen bilder ersetzt worden sind. In diesem Zusammenhang frage ich mich, wie es sein kann, dass Weynfeldt, der ja nun ein absoluter Profi in Kunstsachen ist, nicht gemerkt haben soll, dass an den Wänden nicht mehr die Originale hängen. Zwar wird das nicht direkt gesagt, aber doch stark impliziert, als er an den Wert der Kunstschätze seines "Freundes" denkt. (Ende Kap. 2)

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Definitiv Murks ist dafür ein Satz ganz weit vorne im Buch. Der letzte Satz des ersten Abschnitts (nicht des Kapitels, dort, wo die erste Leerzeile steht) lautet: "Es war das Gesicht, das er seit so vielen Jahren zu vergessen und zu erinnern versuchte."


    Der Satz war mir auch negativ aufgefallen. Ich bin allerdings schon öfter auf diese Konstruktion gestoßen. Statt "Ich erinnere mich an etwas" nur "Ich erinnere etwas". Gefallen tut mir das aber trotzdem nicht. Der zitierte Satz wäre allerdings, wie Bettina schon anmerkte, mit dem korrekten "sich erinnern an" unbeholfen und eher noch schlechter als so geworden. Ein guter Schriftsteller hätte das ganz anders ausdrücken müssen; wie, weiß ich auch nicht. (Ich schreibe aber auch keine Bücher.)


    Ach ja - noch ein Wort zu den genannten Künstlern, deren Namen mir mit einer Ausnahme alle nichts sagten. Und bei der Ausnahme dachte ich: "Was, Giacometti war ein Schweizer?" Ich hatte ihn immer für einen Italiener gehalten, was mich die Schweizer mal wieder bedauern ließ. Alle bekannten Leute werden euch "weggenommen" und entweder Deutschland, Frankreich oder Italien zugeschlagen. Das muss ziemlich frustrierend sein.
    Nach diesem Gedankengang wurde mir dann auf einmal klar, dass ich ja an Alberto Giacometti (den mit den extrem dürren Skulpturen) und nicht an Augusto gedacht hatte. Was aber nichts ändert; auch der Alberto war, wie ich jetzt weiß, Schweizer. Lesen bildet.


    Für das Bild von Vallotton würde ich übrigens keine Million Franken hinblättern. Auch keine Tausend - ich finde es nicht gerade schön und würde es mir nicht an die Wand hängen. Nicht einmal, wenn an meinen Wänden noch Platz für ein Bild wäre :zwinker: . Hier habe ich übrigens eine größere (und farbenprächtigere) Abbildung gefunden. Auf dem Cover sehen die Farben viel gedämpfter aus.

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Daher verabschiede ich mich schlechten Gewissens von euch, werde aber eure Beiträge weiter mitlesen.


    Das ist dann Deine Mindeststrafe :breitgrins:

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  • Das Bild gefällt mir auch nicht. Und irgendwann hat mich genervt, dass ständig von diesem blöden Ofen die Rede war. (Wie hieß der noch mal? Kröte? Krokodil? Känguruh?)

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    Leonard Cohen





  • Saltanah:
    Schade, dass du nicht weiterlesen magst, aber man soll sich im Leben ja zu nichts zwingen... :smile:


    Ich bin in Kapitel 16 angelangt.


    Ich habe auch meine Mühe mit dem Buch, Höhen und Tiefen wechseln sich munter ab. Als Tiefen betrachte ich die Story um Lorena - da war Bettina mit ihrem Urteil ganz richtig und wenn ich mich beim Lesen über solche Leute fast fremdschämen muss, ist mir nicht mehr wohl in der Leserhaut.
    Auch sonst scheint mir, dass Suters Stil und seine Art, zu erzählen und zu beschreiben zwar toll für Kurzgeschichten ist, aber über ein ganzes Buch einfach nicht trägt. Alles im selben Ton, alles im selben Tempo - das langweilt. Wenigstens passiert in der Geschichte inhaltlich Spannendes (mit dem Vallonton).


    Highlight des Tages war der Anfang von Kapitel 13, da war ich sehr ergriffen beim Lesen. Das hat allerdings wenig mit Suter und mehr mit mir persönlich zu tun. Suter beschreibt einen Sonntag beim Pferderennen auf dem gefrorenen See in St. Moritz. Da prasselten die Erinnerungen nur so auf mich ein - ich bin ja bekanntermassen in dem Ort aufgewachsen und war öfter an den Pferderennen.
    Dann noch der kurze Abschnitt über die Bilder von Giovanni Segantini, der mir natürlich ein Begriff ist. Ich verstehe von Kunst etwa so viel wie ein Affe von Algebra, aber dass es der Kerl auf geniale Weise geschafft hat, das besondere Licht im Oberengadin (und es ist ein besonderes Licht!) in seine Bilder zu bringen, sehe ich auch. Auf einen Link verzichte ich an dieser Stelle - Segantini Bilder wirken am Bildschirm nicht, die muss man auf Papier sehen, und wenns nur ein Druck ist... Ich habe wie der Protagonist lange gebraucht, um mich mit dem Maler anzufreunden und es erst geschafft, als ich aus dem Engadin weggezogen war. Wahrscheinlich eine Form von Heimweh :breitgrins:


    Lieber Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Kapitel 7 wurde von mir gerade erst beendet.


    Lorena macht mich extrem stutzig. Adrian schnallt es vielleicht nicht, aber eine Frau, die er zufällig trifft und die vom Balkon hopsen möchte und sich ansonsten wochenlang nicht meldet (das wenigstens erkennt er selbst), kennt die Telefonnummer des Restaurants, in dem er Donnerstags zum Essen geht. Da ruft sie einfach an und lässt sich retten.


    Wie Alfa schon sagt, könnte man sich für Lorena fremdschämen. Aber Lorena weiß ganz genau, wer ihr auf den Leim geht und wer nicht. Wir würden ihr die Haare raspeln. Deshalb sitzen wir mit ihr auch nicht an der Bar. Sie hat aber Grenzen (wenn ich sie auch nicht vollständig nachvollziehen kann): Mit dem Produzenten der Sedcard geht sie wegen eben dieser ins Bett, mit anderen Produzenten nicht.


    Den Freundeskreis junger Leute finde ich seltsam. Nein, eigentlich weniger die Leute. Sondern eher Adrian, der sich munter ausnehmen lässt wie eine Weihnachtsgans und die "Freunde" nehmen ihn auch nach allen Regeln der Kunst aus. Was tut man nicht alles, damit man ein paar Telefonnummern von "Freunden" im Telefonbuch hat. Bevor man gar keinen kennt :rollen:



    Auch sonst scheint mir, dass Suters Stil und seine Art, zu erzählen und zu beschreiben zwar toll für Kurzgeschichten ist, aber über ein ganzes Buch einfach nicht trägt. Alles im selben Ton, alles im selben Tempo - das langweilt.


    Stimmt ja, Du kennst Kurzgeschichten von Suter. Die Bemerkung finde ich interessant und ich habe das Gefühl, das könnte auch der Grund sein, warum die Story nicht so richtig bei mir rauscht.


    Übrigens: Ich werde die kommenden Tage weiterlesen, werde aber am Wochenende nicht allzu oft ins Netz zum Kommentieren kommen. Ruhig weiterlesen, vielleicht meldet sich Fridaa ja auch noch.

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  • Lorena macht mich extrem stutzig. Adrian schnallt es vielleicht nicht, aber eine Frau, die er zufällig trifft und die vom Balkon hopsen möchte und sich ansonsten wochenlang nicht meldet (das wenigstens erkennt er selbst), kennt die Telefonnummer des Restaurants, in dem er Donnerstags zum Essen geht. Da ruft sie einfach an und lässt sich retten.


    Das mit der Telefonnummer hat sich geklärt; da hatte ich vor lauter Misstrauen Anderes vermutet.


    Ich habe inzwischen 12 Kapitel gelesen; wieviel ich heute noch lesen kann, weiß ich nicht. Ich werde mal wieder vor sechs Uhr morgens aus den Federn geschmissen und Abends fallen mir die Augen zu. Dabei liest sich der Suter recht locker. Wenn er auch nach wie vor nicht zum vom Hocker reißen da ist.


    Ich habe eine Frage zum Taxi: Schon zum zweiten Mal werden Gutscheine erwähnt. Wie funktioniert denn das? Gibt es sowas offiziell bei den Taxiunternehmen oder wie läuft das, das man sich selbst oder andere mit einem Gutschein durch die Gegend fahren lassen kann? Geschenkgutscheine bei Taxis kann ich mir so gar nicht vorstellen.

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  • Ich habe eine Frage zum Taxi: Schon zum zweiten Mal werden Gutscheine erwähnt. Wie funktioniert denn das?


    Ich kannte das System auch nicht, aber eine kurze Google-Suche hat ergeben, dass es sowas in Basel und Zürich tatsächlich gibt. Da kann man Taxigutscheine im Wert von 5 oder 10 Franken kaufen und die werden dann von fast allen Unternehmen angenommen. Ich kann mir vorstellen, dass Leute, die in diesen Städten wohnen, häufig ein Taxi nehmen.
    Ich habe mich nämlich auch schon gefragt, wie sich Adrian Weynfeldt in der Stadt fortbewegt. Autofahren ist doof, weil man sich dann um einen Parkplatz bemühen muss und im Tram kann ich mir den Mann einfach nicht vorstellen. Ich glaube, der fährt die ganze Zeit Taxi (es wird ja ab und zu auch erwähnt). Das erklärt vielleicht auch, wieso er offenbar im Besitz von Blanko-Gutscheinen ist (gegen Ende von Kapitel 10, als Rolf Strasser dem Taxifahrer den Gutschein hinwirft und meint, er solle den Betrag einsetzen, den er wolle). Der bekommt wahrscheinlich jeden Monat eine Sammelrechnung...


    Ich bin mit Kapitel 22 fertig und frage mich schon, wieso Weynfeldt sein Leben so lebt, wie er es tut. Er umgibt sich mit Leuten, die eigentlich nur etwas mit ihm zu tun haben wollen, weil er reich ist und das weiss er eigentlich auch. Ich frage mich nur, ob es ihm wirklich egal ist oder ob er es eifach verdrängt. Kann es wirklich sein, dass er halt lieber ein paar Blutsauger im Telefonbuch hat als gar niemanden, wie Bettina vermutet?
    Ich finde es tragisch, dass Weynfeldt sich dann auch noch anhören muss, dass seine Grosszügigkeit mit Arroganz gleichgesetzt wird (Kapitel 13, Rolf Strasser verkracht sich mit Weynfeldt). Den Vorwurf darf man einem solchen Menschen vielleicht schon machen - aber nur dann, wenn man sich nicht von ihm finanzieren lässt...


    Was Weynfeldt da an jungen Freunden um sich gruppiert hat, ist praktisch ausschliesslich Geschmeiss. Ich frage mich, wie lange er wohl braucht, bis er merkt, dass er das eigentlich nicht nötig hat. Und dass man mit Geld keine Freunde kaufen kann. Aber vielleicht sieht er sich auch eher als eine Art Mäzen - die von ihm unterstützten Personen sind ja alle in künstlerischen Berufen (Maler, Architekt, Regisseur) tätig. Die einzige, die aus dem Rahmen fällt, ist Lorena. Und zu der komme ich jetzt:


    Da zeigt sich meines Erachtens, wie verunsichert Weynfeldt ist. Dass er so mit sich umspringen lässt - zahlen darf er, Lorena aus der Klemme helfen auch, aber ihren Nachnamen oder ihre Telefonnummer erfahren nicht - und sich dann auch noch in sie verliebt, zeigt, dass er keine Kontrolle mehr über diese Beziehung hat. Und es zeigt auch, dass auch reiche Leute (vielleicht sogar öfter als andere) manchmal arm dran sind. Ich konnte das persönlich schon öfter beobachten, weil ich in meiner Jugend eine im Buch erwähnte Bonzenschule selber besucht habe (nicht als Kind reicher Eltern, sondern als normale Schülerin, die es dort auch gibt). Da hatten wir Leute, die zum 18. Geburtstag einen fabrikneuen Porsche geschenkt bekamen etc. Aber glücklich waren die wenigsten von denen - weil auch die wenigsten freiwillig da waren. Ich glaube, die meisten haben sich (nicht zu Unrecht!) von ihren Eltern abgeschoben gefühlt. Der Teenager ist ein schwieriges Geschöpf und drum wird er mal in die Obhut von Profis gegeben, die den jungen Mann/die junge Frau dann so formen, dass man sie als anständige junge Leute zurückbekommt. Und den Urlaub - ja gut, den bringt man dann irgendwie hinter sich an einem schönen, teuren Ort.
    Kein Wunder, dass Weynfeldt das Gefühl hat, die Sonne gehe auf, wenn sich eine Frau, für die er sich interessiert, sich auch für ihn interessiert. Lorena weiss das natürlich und nutzt es schamlos aus. Ich finde sowas widerlich, zumal sie ja merkt, dass Weynfeldt ein lieber Kerl und kein Vollidiot ist, der es verdient.


    Man kann sich immer fragen, was denn wichtiger ist, materieller Reichtum oder wahre Nähe zu geliebten Menschen (seien es jetzt Eltern oder Freunde). Das eine schliesst zwar das andere nicht aus, aber in den Kreisen der Reichen scheint es nach meinem subjektiven Eindruck weniger wahrhaft glückliche Menschen zu geben als ausserhalb dieser Kreise. Zumal ja bei den Reichen noch was ganz Perfides hinzukommt: Viele von denen sehen sich gar nicht unbedingt als reich, weils für sie selbstverständlich ist und es halt immer noch Reichere gibt. Die vergleichen sich nicht mit den Normalbürgern, sondern mit ihresgleichen und da gibts dann schon wieder Unterschiede. Für einen materiell orientierten Menschen kann es ein echtes Problem sein, wenn er sich nebem dem Chalet in Gstaad kein zweites in Arosa leisten kann...
    Es sind genau auch diese Materialisten, die Mühe haben, echte Freunde zu finden, weil sich Anti-Materialisten (die sich für Freundschaften viel besser eignen) nicht mit ihnen abgeben möchten. Wobei ich Weynfeldt jetzt nicht als Materialisten sehe, im Gegenteil. Er hat einfach das Pech, das Kind reicher Eltern zu sein und so zwar genug Geld, aber offensichtlich zu wenig Liebe mit auf den Lebensweg bekommen zu haben. Und jetzt möchte er zwar Nähe (wie jeder Mensch), hat aber keine Ahnung, was eine gute Freundschaft ausmacht.


    Aber naja, mein Mitleid mit Materialisten (die gibt es in jeder Vermögensklasse) hält sich trotzdem in Grenzen. Wer nicht begreift, dass das Glück woanders liegt als im Anhäufen von Besitztümern, hat es wohl einfach nicht anders verdient...


    Ihr seht also, auch wenn mir das Buch nicht unbedingt gefällt, es regt mich doch dazu an, meine Gedanken zu Materialismus und Freundschaft mal mit einem grösseren Kreis zu teilen :smile:


    Liebe Grüsse


    Alfa Romea

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    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Ich habe das Buch gestern beendet. Gegen Schluss wurde es nicht besser, da das Ende der Geschichte leider nur allzu vorhersehbar war... Meine Meinung habe ich im entsprechenden Thread deponiert.


    Wie siehts denn bei dir aus, Bettina? Liest du noch oder hast du aufgegeben? :zwinker:


    Lieber Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Ich lese Kapitel für Kapitel und bin jetzt bei ungefähr 20. Ich komme zudem gerade selten ins Netz. Aber ich gebe nicht auf. Das Buch liest sich an sich ja gut. Ich werde mich um Dein voriges Posting etwas mehr kümmern können, wenn ich wieder viel Bandbreite ins Netz habe und mehr Zeit.


    Jedenfalls hast Du Recht, wie ich finde, mit Deiner Materialisten-Rede. Adrian hat wohl das Pech, zu den oberen Zehntausend zu gehören, da er den Umgang damit nicht so richtig hinbekommt. Wie er seinen jungen Freundeskreis am Ende des Buchs wohl beurteilt? Ich glaube, dass ihm in Sachen Lorena noch die Augen aufgehen werden. Vielleicht räumt er sein Telefonbuch bei der Gelegenheit dann auch noch auf.


    Lorena habe ich in einer Hinsicht falsch eingeschätzt: Sie hatte Adrian nicht von Anfang an auf der Einfangliste. Das war ein Zufallstreffer. Ich hatte vermutet, dass sie damals schon konkret an ihm wegen seines Berufs etc interessiert war. Dabei ergab sich das ja erst hinterher, dass sie als Lockvogel dienen soll. Adrian ist so giggerig, weil sie ihn an Daphne erinnert; das konnte sie nicht wissen, das hat erst Baier kapiert.


    Dass sie ihn an der langen Leine hält, kann ich nachvollziehen. Sie will ja auch an anderen Quellen graben und gucken, wo sich Vorteile ergeben. Sich ganz auf Adrian einlassen wird sie wohl nicht (im Sinne von reichen Mann angeln), weil sie sich auf diesen Kreis Menschen und Lebensstil nicht einlassen will. So schätze ich Lorena ein. Geld haben ja, aber mit einem Stil, den sie selber bestimmt.

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  • So schätze ich Lorena ein. Geld haben ja, aber mit einem Stil, den sie selber bestimmt.


    Den Eindruck habe ich auch. Es wäre dann nur schön, wenn sie sich in dem Fall auch selber um den ehrlichen Erwerb des Geldes kümmern würde, statt andere auszunehmen. Sich das Ausnützen so genannter Siegelringträger zum Businessplan zu machen, ist meines Erachtens nicht nur moralisch verwerflich (obwohl die Siegelringträger selber auch unmoralisch handeln), sondern auch würdelos und unreif. Dass die Gute offenbar unter Depressionen leidet, rechne ich ihr an, aber unterm Strich gibt das immer noch kein annähernd positives Bild von Lorena. Irgendwie wirkt sie auf mich eher wie ein verschüchtertes Mädchen, das keine Ahnung hat, wo es in der Welt hingehört - und das im reifen Alter von 37... Wahrscheinlich ist sie schlichtweg zu dumm, um einen Lebensweg zu finden, der sie nachhaltig glücklicher macht, als sie es im Moment ist. Intelligenz oder auch nur Anzeichen davon konnte ich bei ihr jedenfalls keine entdecken. (Um so erstaunlicher, dass Weynfeldt sich für sie interessiert - er muss Daphne irgendwann wirklich sehr geliebt haben...)

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  • Jou, Adrian ist in Sachen Frau ziemlich einfach gestrickt.


    Wahrscheinlich ist sie schlichtweg zu dumm, um einen Lebensweg zu finden, der sie nachhaltig glücklicher macht, als sie es im Moment ist. Intelligenz oder auch nur Anzeichen davon konnte ich bei ihr jedenfalls keine entdecken.


    Wo muss ich unterschreiben?
    Irgendwie hat sie sich immer von Job zu Job geschlagen ohne zu merken, dass sie damit auf Dauer nicht weit kommt. Es gibt ein Alter, ab dem einfach Schluss mit Jobhopping ist - als Model und Messehostess sowieso. Nur hat sie nie den Ankerplatz gefunden oder nicht sehen wollen.


    Ich habe das Buch inzwischen fertig gelesen und es hat mich auch weiter nicht vom Hocker gerissen. Ich war am Ende gar fast enttäuscht, dass Adrian seine Emanzipation nicht vollständig macht und Lorena ebenfalls der Polizei meldet. Diese erzählerische Konsequenz hatte ich irgendwie in all dem Grau erhofft. Dass es eben auch grau bis schwarz endet. Da hat Adrian viel Vertrauen, dass sie ihn nicht wieder besch... wird. Sie wäre eigentlich der Typ, der auch Adrian, den großen Retter irgendwann opfern würde.


    Umgekehrt könnte das auch ein Signal sein, dass das große Glück eben nicht immer unter seinesgleichen zu finden ist und dass der Umgang mit den Schönen und Reichen nicht das Gelbe vom Ei ist.


    An der Rezi bastle ich gerade noch.

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  • Tja, da habe ich wohl nicht viel verpasst. Ich habe zwar immer noch ein schlechtes Gewissen, dass ich euch habe hängen lassen, aber es war wohl doch die richtige Entscheidung für mich, die Lektüre abzubrechen.

    Wir sind irre, also lesen wir!