Ján Johanides – Bodenfrost

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    Inhalt: Der Ich-Erzähler und Schauspieler Psotník kauft sich ein Grundstück mit Wohnwagen auf dem Land, als Wochenendidyll, nicht ahnend, daß er damit in einem Funktionärsdorf gelandet ist. Er fühlt sich zwar durchaus beobachtet, aber selbst das verblüffende Angebot an Lebensmitteln bringt ihn nicht sofort auf die richtige Erklärung. In dem Maße, wie er in den Dorfklatsch eingebunden wird, erkennt er aber, daß untergründig eine alte Geschichte für Spannungen zwischen den Nachbarn sorgt. Zunächst gibt ihm ein Handwerker ein paar vage Hinweise, dann erzählt ihm die Nachbarin Jablonćáková die Geschichte des „Dorfnarren“ Dežo aus ihrer Sicht. Und als Psotník sich schon fragt, was ihn das angeht, bekommt er auch noch die Gegendarstellung von Dežo selbst. Dabei geht es um Dežos Vergangenheit im KZ, die ihn später gegen seinen Willen zum Vorsitzenden des Antifa-Bundes werden läßt, um eine Blamage bei einer Denkmalseinweihung und letztendlich zwei Morde.



    Meine Meinung: Johanides packt all das eine kurze Erzählung von nur gut 100 Seiten. Die Erzählweise ist recht sprunghaft, was vor allem daran liegt, daß sowohl die Jablonćáková als auch Dežo aus ihrer Erinnerung heraus mündlich berichten, und wie einen solchen mündlichen Bericht hat Johanides es auch aufgeschrieben. Dieser Sprunghaftigkeit wegen bin ich nicht sicher, ob ich wirklich alle Zusammenhänge richtig mitbekommen habe, vielleicht sollte das ein oder andere aber auch vage oder ein bißchen konfus bleiben, mit Jahren Abstand und jeweils nur begrenzter Einsicht der Personen in die Geschehnisse selbst wäre es schließlich auch nicht verwunderlich, wenn die jeweiligen Berichte nicht lückenlos übereinanderpassen. Nichtsdestotrotz hat mir die Form einige Probleme bereitet und auch nicht besonder gut gefallen.


    Letztlich ist das aber auch nicht das Entscheidende, Johanides zeigt hier nämlich zweierlei. Zum einen wird deutlich, wie politische Verbrechen passieren und vor allem vertuscht werden, und auch, wie leicht man unverschuldet, als Zeuge bzw. Beobachter, darein verstrickt werden kann, ohne sich gegen die Konsequenzen wehren zu können. Zum anderen geht es um die Frage, warum Auflehnung für das Herdentier Mensch manches Mal so schwierig ist, und er bietet gleich am Anfang auch eine Erklärung an, die man nicht teilen muß, die aber zumindest als Gedankenspiel bedenkenswert ist: „(...) die Unfähigkeit zu hassen öffnet dem Bösen oft die Hintertür.“ (S. 5) Dežo ist das Paradebeispiel: Trotz allem, was ihm im Leben schon an Ungerechtigkeiten und Demütigungen zugefügt hat, kann er nicht hassen, er ist nur von tiefer Traurigkeit erfüllt, und damit macht er sich selbst zum einfachen Opfer.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß,
    Aldawen