Milena Moser - Möchtegern

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  • Milena Moser - Möchtegern


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    Klappentext:


    Die bekannte Schriftstellerin Mimosa Mein, die viele Jahre zurückgezogen auf dem Land lebte, tritt wieder vor die Öffentlichkeit: als Jurorin einer Castingshow. Dort wird sie mit den Lebensgeschichten von Menschen konfrontiert, die buchstäblich alles riskieren, um berühmt zu werden. Und Mimosa Mein riskiert fast alles, um ihnen dabei zu helfen. Ein mitreissender, witziger Roman über Schreiben und Ehrgeiz, Freundschaft und Verrat und die tückischen Zufälle des Lebens.


    Meine Meinung:


    Möchtegern war mein erstes Buch von Milena Moser. Bisher hatte ich nie Interesse an ihren Büchern, die Titel (Schlampenyoga, Blondinenträume, Die Putzfraueninsel usw.) haben mich immer abgeschreckt. Bei Möchtegern musste ich aber zugreifen, als ich den Klappentext gelesen hatte – bei dem Thema konnte ich einfach nicht wiederstehen. :zwinker: Per Zufall habe ich in meiner Lieblingsbuchhandlung sogar ein signiertes Exemplar erwischt (Moser hatte ein paar Tage zuvor eine Lesung dort gehabt). :smile:


    Aufgrund des Klappentextes habe ich ein unterhaltsames Buch erwartet, das nicht allzu anspruchsvoll, aber spannend und innovativ ist. Und ich muss sagen, ich wurde nicht enttäuscht. :smile:
    Ich war sofort in der Geschichte drin und habe das Buch innerhalb weniger Tage gelesen, obwohl ich sonst in letzter Zeit nicht viel lese. Am Anfang hatte ich noch Probleme damit, die vielen Charaktere (bzw. Kandidaten), die Moser gleich zu Beginn einführt, auseinander zu halten. Das hat sich aber zum Glück mit der Zeit geändert, vor allem weil ich jeden einzelnen Protagonisten liebgewonnen habe, denn Moser erzählt die Geschichten der "Wannabes" (=Möchtegerns) mit sehr viel Liebe zum Detail. Bei jeder Figur tut sich eine eigene, besondere Gedankenwelt auf und ich hatte das Gefühl, nicht nur eine Erzählung, sondern viele kleine Geschichten zu lesen, die sich an einem Knotenpunkt – der Castingshow – überschneiden. Mit Ironie, aber ohne Spott, beschreibt Moser die Träume der Kandidaten und die verschiedenen Motive, die sie zum Schreiben gebracht haben.


    Die Hauptfigur, die Schriftstellerin Mimosa Mein, ist eine herrlich verschrobene, lebensunfähige und weltfremde Schrifstellerin, die am liebsten alleine lebt und keinen Fernseher hat. Sie schreibt immer und überall, aber nie etwas zu Ende. Seit einem Jahr hat sie ihr Haus nicht verlassen und alles Wichtige von ihrer Putzfrau oder ihrer Assistentin erledigen lassen. Die Welt, in die Mein tritt, nachdem sie den Job als Jurorin angenommen hat, ist aber nicht die "harte Realität", sondern die Scheinwelt des Fernsehens, die in Möchtegern auf amüsante Weise ihr Fett wegbekommt. Die Devise der Casting-Show, eine Mischung aus "DSDS" und "Big Brother" für angehende Schriftsteller, lautet: Am längsten bleibt drin, wer am medientauglichsten ist. Nicht die Texte der Kandidaten stehen im Mittelpunkt, sondern ihre Skandälchen und ihre Persönlichkeit. Eigentlich ist alles so, wie man es sich als Laie vorstellt, die Darstellung der Casting-Show ist also nicht überraschend. Deshalb war ich auch froh, dass nicht jede Sendung der Casting-Show durchgespielt wird, sonst wäre es sicher schnell langweilig geworden. Die Casting-Show, deren Ausgang gegen Ende immer ungewisser wird, ist aber sowieso nicht alleine für die Spannung zuständig. Moser hat eine weitere Storyline eingeflochten, die dem Buch einen "mysteriösen Touch" gibt: Mimosa Mein bekommt von einem anonymen Absender Texte zugeschickt, die klingen, als ob sie der verstorbene Journalist und Schriftsteller HaGe Krieg geschrieben hätte. Ausserdem hat eine der Kandidatinnen ein "dunkles Geheimnis"...


    Mimosa Mein vertritt die Ansicht, dass jeder schreiben kann und soll, was auch die Meinung von Milena Moser zu sein scheint: In das Buch sind immer wieder Schreibübungen eingestreut, die sich auf die Geschichte beziehen. Es schreibt nicht nur in der Geschichte buchstäblich jeder (von der Friseuse bis zur Putzfrau hat jeder einen Roman in der Schublade), sondern auch der Leser kann zum Schriftsteller werden. Diese Idee hat mir zwar gefallen, ich konnte mich aber nicht überwinden, in mein Buch reinzuschreiben. :zwinker:


    Mein Fazit:


    Für mich ist Möchtegern ein Page-Turner, der viel Spass macht und nie langweilig wird. Ein leichtes Buch für zwischendurch, das aber trotzdem im Gedächtnis haften bleibt. Bei mir hat es auf jeden Fall gute Chancen auf einen Reread.


    Da ich absolut nichts an diesem Buch zu meckern habe :zwinker:, vergebe ich 5ratten.


    lg
    Dani

    Einmal editiert, zuletzt von Dani ()

  • Danke für die Rezi!
    Wenn das Buch nicht schon auf meiner Wunschliste stünde, wäre es jetzt drauf. :smile:


    Viele Grüße von Annabas :winken:

  • Ich habe das Buch auf dem SUB. Wer weiss, vielleicht kommt es dank deiner Rezi bald runter? :winken:

    //Grösser ist doof//

  • Schöne Rezi, die Lust macht das Buch zu lesen. Bisher gehörte Milena Moser zu den Autorinnen, die ich eher gemieden habe. Vielleicht leiste ich mir das Buch für den nächsten Urlaub, ich glaube das wär genau das Richtige :smile:.

    :leserin: <br />Joyce Carol Oates - Du fehlst

  • Inhalt:


    Mimosa Mein sagte ja, weil sie nicht schlafen konnte. Damit fing es an. Man nannte sie einen Hasbeen und ob sie nicht in einer Fernsehshow mitwirken wolle. "SchreibStar" heisst die Sendung. Die Schweiz sucht den SchreibStar, einen Autoren, gecastet im Fernsehen, vor den Augen der gesamten Schweiz. Mimosa sagte ja, weil sie nicht hatte schlafen können.
    Und plötzlich findet sich die eigenbrötlerische Mimosa inmitten fremder und nicht ganz so fremder Leute wieder, die alle nur eins wollen: Schreiben.
    Mimosa wird in das Geflecht von Büchern, vorprogrammierten Sendungen und Schlagzeilen hineingezogen. Sie wird mit ihrer Vergangenheit konfrontiert und mit der der Teilnehmer, die zwar alle unterschiedlicher nicht sein könnten, aber dennoch alle nur eines wollen: Ein Buch veröffentlichen.
    Und so unterschiedlich ihre Motivation beim SchreibStar mitzumachen, so unterschiedlich sind ihre Geschichten und das, was noch aus ihnen werden soll.


    Meine Meinung:


    Ja, ich tue mich schwer, mit meinen Landsleuten, ihrem Schreibstil und ihren Geschichten. Umso verblüffter war ich, als ich feststellte, dass mir Milena Mosers "Möchtegern" überaus gut gefallen hat. Ich hatte sie mehr als "Frauenautorin" im Kopf, deshalb überraschte mich dieses ernsthafte, tiefgründige Buch und seine selbstbestimmte Protagonistin, die mich manchmal an eine ältere Version von mir selbst denken liess.


    Mimosa Mein ist keine einfache Hauptperson. Man muss sie verstehen lernen, ihr Denken, ihr zwiegespaltenes Verhalten. Doch sobald man sich mit ihr arrangiert hat, schliesst man sie ins Herz. Diese Frau, die nichts Schlechtes an den Wechseljahren sieht, die ihre Schützlinge "Pelztierchen" nennt und das Bett lieber mit einem Buch als mit einem Mann teilt.
    Ebenso interessant sind jedoch die anderen Charaktere, die man in diesem Buch trifft. Die Hausfrau, der niemand die Autorin abnimmt, der Bergler mit der Handorgel oder der schwule Schönling, der vor seiner dominanten Mutter flüchten will. Sie alle haben ihre eigene Geschichte, mal mehr, mal weniger aufregend, aber immer interessant zu lesen. Vor allem auch zum Mitfühlen. Denn kennen wir uns mit ihren Problemen selbst nicht auch gut aus? Schönheit, Familie, Kinder, Träume, Arbeit, Geld, treibt sie um, doch alle haben sie denselben Traum, um den sie kämpfen: Sie wollen ein Buch veröffentlichen. Sich Autor nennen dürfen.


    "Möchtegern" ist keine Lektüre, für zwischendurch. Man muss sich auf die Personen, die Geschehnisse konzentrieren. Oft auch blättern, da man sich nicht immer an die Personen erinnern kann, was eindeutig ein Minuspunkt ist. Jedoch legt sich das mit der Zeit, da man die Charaktere besser kennenlernt.
    Auch die Sprache ist besonders. Dem Buch angepasst, tiefgründig und sensibel. Die Gefühle sind zum Greifen nah. Jedoch hätte die Autorin vor allem gegen Ende etwas mehr Energie und Kraft in ihre Sprache legen können, um den spannenden Höhepunkt zu unterstreichen. Aber vielleicht wollte sie das gar nicht.


    Milena Moser ist mit dem Büchergeschäft bestens vertraut und kennt sich darin aus. Doch erhält man in diesem Buch auch einen ehrlichen Einblick in die Filmbranche. Wie manche gepusht werden, während man andere fallen lässt. Wie man um Einschaltquoten kämpft und die Meinung des Einen nichts zählt.
    Auch der Aufbau des Buches ist interessant gestaltet. Man wechselt die Perspektiven relativ oft, wechselt von Sendung zu Privatem und zurück, ohne dass es zu anstrengend wird. Jedoch hätte ich gerne noch die eine oder andere Geschichte gelesen, die die Personen im Buch produziert haben.
    Im Übrigen regt das Buch sehr zum Selberschreiben an, was nicht nur an den eingeschobenen Anregungen liegt. Zudem bereit einen das Buch auch noch auf die Menopause vor...


    Und auch wenn einen den Schreibstil ab und zu etwas anödet und eintönig wird, hält sich das dennoch nie lange, denn die Geschichte ist so intensiv erzählt, dass man sich schon bald wieder im Buch wiederfindet und weiterliest.


    Für alle, die sich für das Schreiben und einen Blick hinter die Kulissen interessieren, ist das Buch eine interessante Lektüre, ebenso für alle, die gerne Lebensgeschichten von Personen lesen. Und vor allem jene, die einen eigenen, aber bestimmten Schreibstil schätzen, sollten auch mal einen Blick in das Buch werfen.


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    4ratten

    //Grösser ist doof//

  • Danke für die interessanten Rezis! Nachdem mir "Die Putzfraueninsel" und "Mein Vater und andere Betrüger" sehr gut, "Artischockenherz" ganz gut und "Stutenbiss" weniger gut gefallen haben, freue ich mich auf ein neues Werk von Milena Moser.


    LG
    hilde

    Ich bin ein trockener Workaholic. (Vince Ebert)

  • Hallo miteinander,


    eigentlich kann ich den beiden vorangegangenen Rezis wenig hinzufügen.
    Für mich ist das Buch ganz eindeutig ein :tipp:


    Ich habe vor längerer Zeit von Milena Moser "Die Putzfraueninsel" gelesen, zu einer Zeit, als der "Freche Frauen-Roman" etwas Neues und noch nicht so abgenudelt war wie heute. Ich habe das Buch in positiver Erinnerung, lese dieses Genre heute allerdings nicht mehr. Umso gespannter war ich, als ich die Inhaltsangabe zu "Möchtegern" gelesen habe, die mich sofort angesprochen hat.


    Vom Stil und Inhalt her hat mich nichts an einen "Freche Frauen-Roman" erinnert. Im Gegenteil, die Hauptperson Mimosa Mein ist weder frech noch selbstbewusst, sondern erscheint eher lebensuntüchtig, denn sie muss sich den Alltag von anderen Personen wie ihrer Putzfrau und ihrer Freundin-Assistentin bewältigen lassen. Trotzdem hat sie mich beim Lesen nie mit ihren Marotten genervt. Ich fand sie sehr authentisch gezeichnet und habe dieser Figur ihr Verhalten immer abgenommen. Außerdem fand ich sie sehr sympathisch und musste öfters grinsen, wenn Mimosa Mein an ihrem Laptop mal wieder die Zeit, das Frühstück und den Mann in ihrem Bett komplett vergessen hatte.


    Die "SchreibStar-Szenen" standen gar nicht so im Vordergrund, wie ich es zunächst vermutet hatte. Wichtig und herausgehoben waren dagegen die Motive und Geschichten der Kandidaten, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Diese Abschnitte habe ich insgesamt gesehen auch am liebsten gelesen.


    Obwohl mir bei der Geschichte das Lachen öfters im Hals stecken blieb, hat das Buch eine Menge Witz. Am besten und mit viel Ironie geschildert fand ich die Vorstellung, dass plötzlich jede/r beginnt ein Buch zu schreiben: die Putzfrau, die Friseurin und auch Mimosas Haupt-Lebensmittellieferant, der Döner King. Schreibgruppen schießen aus dem Boden, die Verlagslandschaft bricht zusammen, alle schreiben ein Buch, alle wollen dasselbe. Und mit diesem Satz beginnt und endet auch das Buch:
    "Sie wollten alle dasselbe."


    Für mich klare 5ratten


    Grüße von Annabas :winken:

  • Jaris Rezension spricht mir aus dem Herzen. Ein Buch, das mich vor allem wegen der authentischen Charakterdarstellungen sehr berührt hat und auf meiner persönlichen Hitliste ganz oben steht!
    Besonders interessant fand ich das Thema Alleinsein, das der Hauptperson Mimosa Mein einerseits ein existenzielles Bedürfnis ist, das sich aber andererseits immer wieder an dem Wunsch nach Kontakt, nach Beziehungen, reibt. Allein leben zu wollen, das muss sie als Frau im mittleren Alter ihrem Umfeld ständig erklären.
    Einziges Manko:
    Um der Vielschichtigkeit gerecht zu werden, bedient sich die Autorin eines ständigen Erzählerwechsels, was zwar zu dieser Geschichte passt, aber doch ein recht abgenutztes Stilmittel ist. Hier hätte ich mir von Milena Moser mehr schriftstellerisches Geschick gewünscht, denn mit Sprache kann sie umgehen. „Wer keine Löcher in die Luft starrt, sieht nichts“- ein Beispiel für ihren ganz eigenen, lakonischen Stil.
    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:



    Nachtrag: Ist der Roman hier bei Humor und Satire richtig platziert? Man kann ihn natürlich als Persiflage auf den Medienbetrieb lesen, aber das wird dem Buch, wie die Beiträge hier zeigen, kaum gerecht.

    Ich bin ein trockener Workaholic. (Vince Ebert)

    Einmal editiert, zuletzt von hilde ()

  • Ich finde, das Buch passt zu "Sonstige Belletristik". Der Humor ist ja nur die Untergruppe davon.
    Und danke für die lieben Worte, Hilde :winken:

    //Grösser ist doof//

  • Oh, sorry, ich habe mich vertan, das Buch läuft ja gar nicht unter Humor und Satire. Sonstige Belletristik passt natürlich.

    Ich bin ein trockener Workaholic. (Vince Ebert)