Gudmund Vindland - Der Irrläufer

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    Die Entscheidung, in welches Forum ich diese Rezi stelle, ist mir nicht ganz leicht gefallen. Denn einerseits birgt "Der Irrläufer" zweifellos eine sehr berührende, bittersüße Liebesgeschichte in sich. Andererseits stellt dieser Roman aber auch ein gesellschaftskritisches "Problembuch" dar, das mit scharfzüngigem Humor aufwartet und (vermutlich) autobiographische Züge trägt. So recht passt es in keine Schublade.


    Worum es nun konkret geht? Vereinfach gesagt: Junge trifft Junge und sie verlieben sich. Aber ganz so einfach ist es nicht, weil beide im Norwegen der 60ziger Jahre aufwachsen - damals noch erzkonservativ und katholisch durch und durch. Homosexualität war gesetzlich verboten, die Polizei sah weg, wenn Schwule verprügelt wurden. Lehrer, Eltern und Pastoren versuchten jede entsprechende Entwicklung im Keim zu ersticken. Also verstecken sich der 13jährige Yngve, aus dessen Sicht das Buch geschrieben ist, und sein Freund Magnus, verheimlichen ihre zärtlichen Gefühle füreinander. Das geht eine Weile gut, doch dann lässt sich Magnus von der Verderbtheit ihrer Beziehung überzeugen und lässt Yngve allein zurück in einer Welt, die ihn verurteilt und lebenslang zum Außenseiter abstempelt.


    Yngve verzweifelt an seinem Schicksal, fängt an, Drogen zu nehmen, sich zu prostituieren und lässt sich schließlich in die Psychiatrie einweisen, wo noch ganz andere Probleme auf ihn zukommen..


    Das klingt nun sehr dramatisch (und ist es auch). Aber Vindland erzählt seine Geschichte in einem lockeren, angenehmen Stil, der gleichzeitig auch für heutige Verhältnisse recht freizügig ist, was sexuelle Details angeht. An der katholischen Kirche lässt er - verständlicher Weise - kein gutes Haar und manch ein christlicher Leser mag vielleicht gelegentlich schwer schlucken bei seinen Bemerkungen über Gott und Pastoren. Ebenso bekommt der Staat sein Fett weg und Yngve liebäugelt gelegentlich mit dem Kommunismus.


    Mir hat das Buch gut gefallen und ich kann gut nachvollziehen, dass es als von manchen Lesern als "Schwulenklassiker" gefeiert wird. So viele Bücher mit Anspruch gibt es in dem Sektor leider nicht, jedenfalls sind mir nur wenige untergekommen. Aber dieses ist wirklich gelungen.


    5 Ratten werden es nicht, weil die zweite Hälfte ein paar vermeidbare Längen hatte (man muss ja nun nicht jeden Drogenexzess mit durchleiden), aber auf jeden Fall eine Empfehlung für alle, die sich für das Thema interessieren.


    4ratten


    Übrigens gibt es noch einen Folgeband namens "Sternschnuppen", den ich noch nicht gelesen habe. Vielleicht jemand von euch?