Diederichs Märchen der Weltliteratur - Märchen aus Tibet

  • Diederichs Märchen der Weltliteratur - Märchen aus Tibet


    Zum Inhalt: In dem Buch wurden 38 Märchen aus Tibet zusammengetragen. Außerdem gibt es einen Anhang, der ein wenig zum Hintergrund der einzelnen Märchen erzählt. Wenn man nicht gerade etwas in der Richtung studiert, braucht man den auch, den von irgendwelchen vorbuddhistischen Religionen hab ich mein Lebtag noch nichts Nähreres gehört :zwinker: Die Länge der Märchen ist sehr unterschiedlich, manche sind bloss ein oder zwei Seiten lang, andere bis zu 30. Auch die Inhalte der Märchen decken vieles ab: Mythen zur Entstehung der Welt, Fabeln, sowie viele religiös - meist buddhistisch - geprägte.


    Meine Meinung: Ich bin etwas zwiegespalten, was diese Märchensammlung angeht. Zum Teil sind die Märchen wunderhübsch, zum Teil sind sie aber einfach an mir vorbeigegangen. Insgesamt sind viele der Märchen sehr religös geprägt. Das Märchen eine Moral haben - klar. Das aber dauernd jemand bekehrt wird und Erlösung erlangt ist einfach nicht meins. Das will nicht heissen, dass die Sammlung schlecht ist - keineswegs, da es sicher eine gute Zusammenstellung ist, die einen schönen Überblick über die tibetischen Märchen liefert, aber zum Teil fehlt mir der Bezug.


    Die ersten vier Märchen erzählen von der Entstehung der Welt. Ich muss zugeben, ich fühlte gleich ans Silmarillion erinnert. Leider waren die Märchen etwas langweilig, denn wenn man keine Ahnung von Dril-rag-dpung-bra und Yab-lha bdal-drug und so weiter hat, fehlt da einfach was.


    Das fünfte und sechste Märchen waren da schon er was, hier werden zwei Geschichten von Kesar, einem Nationalhelden Tibets, erzählt. Beides war einfach das, was ich von einem Märchen erwarte, ein Held, Gut und Böse, der Teufel, Aufgaben... Das siebte Märchen gefiel mir ebenfalls gut, es erzählt von einem Mann, der erlebt, wie in der Hölle gute und böse Taten gegeneinander abgewogen werden, aber zurückdarf, um sich zu bessern. Das achte Märchen reiht sich hier ein, es erzählt von einer armen Frau, die es durch viel Fleiß und Beharrlichkeit schafft, einen unvergleichlichen Götterschrein zu bauen, was ihr aber selbstredend Probleme mit den Neidern einbringt.


    Die neunte Geschichte war wieder irgendwie gar nichts für mich, obwohl der Titel "Die Geschichte des Glücksschafes" wirklich vielversprechend klingt. Bloss die Geschichte daran hab ich nicht finden können, es ist einfach eine Aufzählung von Dingen, warum das Schaf es so gut hat. *schnarch* Nun, dafür waren 10, 11 und 12 dann wieder richtig schöne Märchen mit Zauberen und bösen Stiefmüttern.


    Danach folgen acht Tiergeschichten, die mir ebenfalls alle gut gefallen haben. Zumal auch mal andere Tiere mitspielen, als in den bekannten Fabeln, so z.B. Ameisen, Schakale und Bisamratte. Etwas einzeln steht das nachfolgende Märchen von A-khu ston-pa, der wohl so etwas wie ein tibetischer Eulenspiegel ist. Leider nur die eine Geschichte, davon hätte ich gerne mehr gehabt.


    Danach folgt ein echter Schnitt, es folgen Märchen aus Indien, die in Tibet übernommen wurden. Auch hier sind ein Teil Fabeln, aber viel religiöser angehaucht als die vorigen, wie z.B. "Die tugendhaften Tiere" die durch ihr - man kann's erraten - tugendhaftes Benehmen das ganze Königreich bekehren. Die Märchen "Der Zauberlehrling" und "Die beiden Brüder" waren dann wieder sehr schön. Der Rest vom Buch erzählt im wesentlichen von hinterhältigen Frauen und frommen Mönchen, lediglich die Geschichte vom "Prinz Dshivaka als König der Ärzte" konnte mich richtig überzeugen.


    Insgesamt also: eine schöne, vielseitige Märchensammlung, allerdings nicht ganz meins. Wenn sich fünf Tiere vollkommen genügsam, brav und gottgefällig verhalten und die Moral von der Geschicht ist, dass alle das toll finden und sich auch so verhalten, ist das für mich einfach ein bisschen wenig "Action" :zwinker: Es ist einfach wohl nicht das, was ich mir als Europäer so unter Märchen vorstelle.


    Ratten vergebe ich dafür nicht, Märchen entwickeln sich über die Zeit und stehen für sich selbst.

    :lesen: Naomi Novik - Uprooted