Julia Franck - Lagerfeuer

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    Klappentext:
    Wofür benötigt sie eigentlich Zahnpasta, wenn sie doch in den Westen zieht, um mit ihrem zukünftigen Mann zusammenzuleben? Und was ist mit dem Vater der Kinder? Nelly Senf ist schweißgebadet, als sie Ende der 70er Jahre endlich die Tortur der Ausreise hinter sich hat. Nichts hat man ihr erspart, man hat die Kinder von ihr getrennt, eine Leibesvisitation an ihr durchgeführt – aber nun ist sie drüben. Drüben, das heißt zunächst im Notaufnahmelager Berlin-Marienfelde, ein Zwischenort. Drüben, das heißt erst einmal ein winziges Zimmer mit Stockbetten für Nelly und die Kinder und die erzwungene Nähe zu den anderen Bewohnern, Drüben, das heißt aber auch Demütigungen, stundenlange Verhöre durch verschiedene Geheimdienste, insbesondere durch CIA-Agent John Bird. Er interessiert sich nicht für die ungewisse Zukunft der Flüchtlinge, sondern für die verborgenen Geschichten ihrer Vergangenheit. Bis er an Nelly gerät, die selbstbewusst sein Spiel durchschaut.


    Meine Meinung:
    Die Situation von DDR-Flüchtlinge in einem Notaufnahmelager, insbesondere der Umgang mit ihnen durch westliche Geheimdienste, hat die literarische Aufarbeitung verdient. Julia Franck hat selbst als Kind Marienfelde erlebt. Vielleicht musste ihr Roman deswegen so düster ausfallen. Die Protagonistin Nelly ist nicht nur mit ihren Kindern aus der DDR geflüchtet, sie verarbeitet „daneben“ auch den (angeblichen?) Selbstmord ihres Lebensgefährten. Ihre Kinder werden in der Schule nicht nur gemobbt, sondern sind das Opfer brutaler Gewalt. CIA-Agent John Bird erfüllt nicht nur seine heiklen beruflichen Verpflichtungen, er entfremdet sich auch von seiner Frau. Die polnische Familie, Nachbarn im Notaufnahmelager, erlebt neben dem Verlust von Heimat auch die schwere Krankheit eines Familienmitglieds.
    Literarisch ist das gut gemacht, die Zusammenhänge sind deutlich: So ist die polnische Familie wegen der medizinischen Versorgung nach Westdeutschland geflüchtet; Nelly hat die DDR verlassen, weil sie die Leere nicht mehr aushielt. Dennoch ist mir so viel Tragik auf 330 Seiten einfach too much. Hier wird eine düstere, harte Stimmung erzeugt, die ich beim Lesen kaum aushalten konnte, eben weil sie übertrieben und aufgesetzt erscheint. Die eigentliche Thematik – Heimatverlust, Ost-West-Konflikt, Einleben in einem fremden Deutschland - wird dadurch überlagert. Schade, denn aus diesen Gründen hat mich das Buch interessiert.


    2ratten

    Ich bin ein trockener Workaholic. (Vince Ebert)

    Einmal editiert, zuletzt von hilde ()