Literatur im Foyer: Bücher über den Zustand der Wirtschaft

  • Hallo!


    Gerade habe ich „Literatur im Foyer“ auf 3Sat gesehen, diese Sendung kann ich nur empfehlen. Thea Dorn im Gespräch mit den Wirtschaftsexperten Roger de Weck (Schweiz) und Meinhard Miegel (Deutschland), die sich beide in ihren neuen Büchern kritisch mit unserem Wirtschaftssystem auseinandersetzen. Dabei geht es ihnen nicht nur um eine Kapitalismuskritik, sondern um die fundamentale Auseinandersetzung mit der Frage, wie die Gesellschaft zukünftig funktionieren könnte.


    Roger de Weck bringt den Gedanken ein, dass wir momentan in einer historischen Umbruchsituation leben, ähnlich dem Ende feudalistischer Gesellschaftssysteme. 1000 Jahre lang gab es den Feudalismus, und 850 Jahre davon konnte sich niemand eine andere Gesellschaftsordnung vorstellen. Erst allmählich entstanden neue Ideen in den Köpfen, die schließlich zu tiefgreifenden Umwälzungen führten.


    Roger de Weck kommt so etwas optimistischer rüber als Meinhard Miegel, der sagt, wenn wir 150 Jahre Zeit hätten, wäre er gelassener, aber seiner Meinung nach müsste der Umschwung innerhalb der nächsten 20,30 Jahre stattfinden. Wir brauchen sehr schnell Ideen, wie wir mit endlichen Ressourcen, endlichen Flächen landwirtschaftlich nutzbaren Landes und dabei einer immer schneller wachsenden Erdbevölkerung umgehen. Bis etwa in die 1970er Jahre hatte die westliche Welt, sagt Miegel, quasi ein Monopol auf die Ausbeutung von Ressourcen und auf wirtschaftliches Wachstum. Jetzt aber drängen 1 Milliarde Chinesen auf einen Markt, der den Ansprüchen aller nicht mehr gewachsen ist.


    De Weck kritisiert auch die Erwartungshaltung an die Wirtschaft: 1,5% Wachstum bewerten wir als gering, aber es führt zu einer Vervierfachung des Wohlstands einer Gesellschaft innerhalb eines Jahrhunderts.


    Miegel möchte niemanden umerziehen oder an die Bescheidenheit aller appellieren. Sein Buch ist eine Warnung an alle, sich auf Situationen wie derzeit in Griechenland einzustellen und darauf vorbereitet zu sein, dass wir unseren gewohnten materiellen Wohlstand nicht aufrecht erhalten können.


    De Weck sieht den Ausweg aus der gegenwärtigen Misere in zunehmender Kooperation. Er traut den Bürgern vernünftiges, altruistisches Verhalten zu, jenseits der Theorien eines Adam Smith, der auf den Eigennutz eines jeden einzelnen setzte, der schließlich zum Gemeinwohl führen sollte.
    Beide Experten sind sich also darin einig, dass der Kapitalismus ausgedient habe. Ich finde es sehr interessant, unsere Zeit historisch zu betrachten und den Kapitalismus als Epoche zu sehen, die unter bestimmten Bedingungen (nur ein Teil der Welt lebt kapitalistisch und beutet andere Staaten aus) funktionierte, die aber weiterzuentwickeln ist. Vielleicht gingen Denker wie Adam Smith ganz selbstverständlich davon aus, dass ein großer Teil der Welt nicht am Wohlstand teilhaben würde und konnten so auf ihr System vertrauen. Jetzt aber sehen wir: Der Kapitalismus reguliert sich nicht von alleine, ohne Ethik funktioniert er als System nicht. Vielleicht liegt unsere Zukunft in einer sozialistisch-kapitalistischen Mischform. De Weck sieht bereits jetzt Beispiele für solche Mixturen: Die Banken brauchen staatliche Regulierungen, der Gesundheitsmarkt ist auf staatliche Gelder angewiesen.


    Mein persönliches Fazit: Wir brauchen wirklich neue Ideen, neue Visionen, die uns heute noch abstrus erscheinen mögen. Und diese werden wir nur bekommen, wenn wir in Bildung investieren, die Freiräume ermöglicht und die Phantasie und das Vorstellungsvermögen fördert.


    LG
    hilde


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links

    Ich bin ein trockener Workaholic. (Vince Ebert)