John Katzenbach - Der Professor

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    Meine Meinung:


    Adrian Thomas, ein pensionierter Psychologieprofessor, bekommt von seinem Arzt eine niederschmetternde Diagnose: Demenz. Seine Frau ist verstorben, ebenso sein Bruder und sein Sohn. Er sieht keinen Sinn darin, sein Leben weiterzuführen, seinen Verfall körperlich mitzubekommen. Gerade als er den Entschluss gefasst hat, sich das Leben zu nehmen, beobachtet er eine Entführung direkt vor seiner Haustür. Nun ist er sich nicht sicher: Hat die Entführung wirklich stattgefunden, oder hat er sich die nur eingebildet?


    Das Cover ist in Schwarz gehalten, auf der Vorderseite sind unter dem Titel und dem Autorennamen zwei Unterarme abgebildet. Diese sind aneinander gefesselt. Auf mich wirkt diese Darstellung wie ein Bildnis für die Redensart “jemandem sind die Hände gebunden“.
    Schon am Anfang des Buches, nachdem ich die ersten Seiten gelesen habe, ist mir aufgefallen, wie ungewöhnlich flüssig der Schreibstil des Autors bei diesem Werk ist. Ganz anders, als ich es sonst von ihm gewohnt bin.


    Neben dem Hauptthema des Buches, der langsame Verfall eines demenzkranken Mannes, spielt vor allem die Internetkriminalität eine große Rolle.
    Als Leser konnte ich Professor Thomas`Kampf gegen die Krankheit verfolgen, ihm zur Seite stehen Mitglieder seiner Familie, allerdings sind diese schon länger tot. Sie existieren nur in seinem Kopf. Mit aller Macht versucht er, gegen die Symptome anzukämpfen und hat nur ein Ziel vor Augen: Jennifer, das entführte Mädchen, zu finden.


    Der Roman ist in mehreren großen Handlungssträngen aufgebaut, die aber alle im Zusammenhang stehen. In jedem dieser Abschnitte steht ein anderer Protagonist im Vordergrund, so dass ich neben dem Professor auch die Ermittlerin Terrie und vor allem die kleine Jennifer gut kennen lernen konnte.


    Erschreckend fand ich zu lesen, mit welchen Tricks die Entführer gearbeitet haben, um Jennifer zu verängstigen und verwirren. Noch schlimmer fand ich den Hintergrund der Entführung, wozu „ganz normale“ Menschen fähig sind. Und man muss sich immer vor Augen halten, dass dies leider keine fiktiven Hirngespinste sind, sondern dass es so etwas im wahren Leben tatsächlich gibt. Ich denke, dass mich dieser Aspekt an dem Buch am meisten berührt hat.


    Das Ende fand ich sehr gut gemacht. Es ging zuerst spannend zu, und auf den letzten Seiten bin ich noch mal sehr berührt worden.



    5ratten

    Lese fast alles-fast immer

  • Ich hab das Buch gestern auch gelesen, es ist der Wahnsinn, oder?
    Die Art von John Katzenbach die Charactere ins Spiel zu bringen indem er die Sicht wechselt und so, das ist einfach unfassbar spannend.


    Einer der wenigen Bücher wo das was als nächstes passiert absolut nicht vorhersehbar war, find ich echt selten.
    Das Ende fand ich allerdings ziemlich schlecht, ich hätte was besseres erwartet.
    Dieses Hochpushen von Fähigkeiten und das ausgerechnet das Opfer überragend in Kriminalistik ist fand ich etwas berechenbar und enttäuschend.

    Ich habe Ruhe gesucht, überall und habe sie am Ende gefunden in einem engen Winkel bei einem kleinen Buche.

  • Meine Meinung


    Wer den Klappentext oder sonstige kurze Inhaltsangaben zum Buch liest, glaubt vielleicht schon zu wissen, worauf er sich einlässt. Blutig-schockende Gewaltexzesse. Tatsächlich? Nein. Katzenbach beschreibt Jennifers Martyrium anders. Er beleuchtet weniger die schockierenden Details der körperlichen Misshandlung, sondern richtet sein Augenmerk – und damit auch das seiner Leser – auf die Isolation von Nr. 4. Als Nr. 4 kann sich die entführte Jennifer von dem Grauen über das, was ihr geschieht, distanzieren. Doch in genau dieser Distanz liegt auch die Gefahr, ihre Identität, und damit die Hoffnung auf ein Überleben, zu verlieren. Auch die Charaktere ihrer Entführer sind logisch und gut aufgebaut. Nichts von dem, was sie tun, wirkt aufgesetzt oder zu weit hergeholt. Während andere Geschichten von Schilderungen blutiger und völlig übertriebener Exzesse leben, sorgt Katzenbach genau durch das Weglassen solcher Szenen für Gänsehaut. Die Nebenfiguren, die Voyeure hinter den PCs, werden realistisch gezeichnet. Ihre Gier, ihr Verhalten lässt sich problemlos in die Verhaltensmuster derer übertragen, die völlig legale Fernsehsendungen verfolgen, um ihre voyeuristischen Tendenzen zu bedienen, die uns seit einigen Jahren geradezu heimsuchen. Nichts scheint zu eklig, nichts zu brutal, ja – auch nichts zu banal, solange sie es aus sicherer Entfernung betrachten können. Und dann ist da noch der Professor, der Jennifer zu retten versucht.


    Katzenbach hat letztlich drei bzw. vier Handlungsstränge miteinander vereint. Einen bildet Jennifer, einen/zwei ihre Entführer bzw. deren Fangemeinde und einen der Professor in seinem Versuch, das Mädchen zu retten. Dieser Professor ist eine Figur, die in gewisser Weise ebenfalls fasziniert, die mich jedoch andererseits nicht völlig überzeugt hat. Grundsätzlich fand ich die Idee, eine kranke – ihrer Erinnerungen nicht mehr ganz sichere – Figur in die Waagschale zu werfen, nicht schlecht. Da der Professor jedoch nicht nur dement ist, sondern auch an Wahnvorstellungen leidet, die ihn wiederum sehr konkret und stetig auf die Spur von Jennifer bringen, musste ich manchmal beim Lesen dieser Kapitel die Zähne zusammenbeißen. Dieser Handlungsstrang erschien bisweilen zu langatmig und dann auch zu bizarr. Obwohl ich sagen muss, dass ich es zusammenfassend gesehen durchaus in gewisser Weise schlüssig fand, dass ein Kranker auf recht abstrakte Weise versucht, sich zusammenzureißen, um etwas Wichtiges zu erledigen, bevor er stirbt. Im Fall des Professors bemüht er seine verstorbene Frau, seinen verstorbenen Bruder und seinen ebenfalls bereits verstorbenen Sohn in geisterähnlichen Erscheinungen. Der Professor kämpft gegen seine Krankheit an, weiß, dass er seine Aussetzer und Wahnvorstellungen hat und versucht es analytisch zu lösen, wie er es eben aus seiner Karriere als Psychologieprofessor kennt. Gleichzeitig versucht er für mein Dafürhalten, seine eigene Vergangenheit zu verarbeiten. Das Gefühl von allen verlassen worden zu sein ebenso wie das Gefühl versagt zu haben. Er kann sich nicht auf die Lebenden berufen, weil die seine Aussagen aufgrund seiner Diagnosen aller Voraussicht nach in Zweifel ziehen werden. Also sucht er Hilfe bei den Verstorbenen. Allerdings war mir dieser Strang dann in seiner zum Erfolg führenden Konsequenz zu weit hergeholt und deshalb nicht wirklich passend.


    Wiederum gut fand ich den Epilog, mit dem Katzenbach seinen Roman ausklingen lässt.


    Fazit


    „Der Professor“ hat mir trotz des eben erwähnten Mankos gut gefallen. Er ist nichts für schwache Nerven und Paranoiker, aber eindeutig etwas für Fans des Genres, das leise aber nachhaltig unter die Haut geht. Auf einer Skala von 1 bis 5 Punkten vergebe ich 4,5 Punkte.



    Copyright © 2010 by Antje Jürgens (AJ)
    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Man sagt, dass die Welt ohne Fantasie ein trostloser Ort wäre.<br />Doch was wäre die Fantasie ohne Worte? Sie sind die Flügel, auf denen Fantasien in die ganze Welt gelangen können.

  • Inhalt: Der ehemalige Psychologieprofessor Adrian Thomas erhält die Diagnose Lewy-Körper-Demenz. Noch weiß er dass diese Krankheit einen rasanten Verlauf nehmen wird und er beschließt sich das Leben zu nehmen. Doch dann beobachtet er eine jugendliche Ausreißerin die auf offener Straße von einem Pärchen entführt wird. Adrian verschiebt seine Selbstmordpläne und begibt sich stattdessen daran, immer wieder begleitet von Halluzinationen in denen ihm seine verstorbenen Lieben begegnen, nach dem entführten Mädchen zu suchen. Dieses Mädchen, Jennifer, wird derweil von ihren Entführern in einem dunklen Keller gefangen gehalten, die sie rund um die Uhr mit der Kamera beobachten und diese Bilder als Webshow inszenieren.

    Meine Meinung
    : Das Szenario das sich John Katzenbach ausgedacht hat ist natürlich ziemlich heftig und krank, wie schon einige Rezensenten bemerkt haben. Aber es gibt eine Menge krasser(er) Fälle in der Thrillerwelt, sei es in Büchern, im Fernsehen oder auf der großen Leinwand. Das führt in diesem Fall bei mir zu keinem Abzug in der Bewertung. Kritikpunkte habe ich auch so gefunden.


    Das Buch wird aus verschiedenen Perspektiven erzählt.
    - Adrian Thomas, der Professor, der Jennifers Verschwinden beobachtete und nun nach ihr sucht.
    - Terri Collins, die Polizistin die bereits mehrfach mit der Ausreißerin Jennifer Kontakt hatte und die in diesem Fall nicht so Recht dran glauben mag, dass Jennifer wieder nur ausgerissen ist.
    - Dann Jennifers Entführer, Michael und Linda, die sich selbst als Künstler aber nicht als Kriminelle sehen.
    - Natürlich ist da auch Jennifer selbst, ein bemerkenswertes und starkes junges Mädchen.
    - Schlussendlich sind da dann noch die Zuschauer der Webübertragung. John Katzenbach denkt sich hierbei viele verschiedene Typen von Zuschauern aus, quer durch die verschiedensten Bevölkerungs- und Altersgruppen - "echte" Kriminelle scheinen dabei eine Ausnahme zu sein. Sicher weiß man das der Mensch zu allerlei fähig ist, aber hier will mir nicht in den Kopf, dass angeblich keiner der Zuschauer Gewissensbisse zu verspüren scheint. Damit meine ich dass ich das zumindest ein Stück weit für unrealistisch halte.


    Die Gedanken- und Gefühlswelt der Personen und ihre jeweilige Motivation wurde durchaus gut dargestellt. Ob die Krankheit des Professors realistisch dargestellt wurde kann ich hingegen natürlich nicht beurteilen, intensiv und nahegehend war es aber.


    Eigentlich sorgen diese wechselnden Perspektiven dafür, dass das Interesse wach und die Spannung hoch bleibt. Mein Interesse war auch durchaus geweckt. Langweilig fand ich die verschiedenen Perspektiven tatsächlich nicht. Allerdings fand ich es trotz allem kaum spannend. Und damit komme ich zu den negativen Punkten.


    John Katzenbach beschreibt viel. Zu viel. Ich kann durchaus mit ausufernden Beschreibungen von Gedanken, Handlungen, Hintergründen etc. leben. Normalerweise mag ich das lieber als wenn ein Autor zu wenig beschreibt weil es für mehr Atmosphäre sorgt. Trotzdem - gerade in einem Thriller - gilt es ein gesundes Mittelmaß zu finden. Das hat der Autor in diesem Buch einfach nicht geschafft, vieles ist zu ausufernd und zu platt gewalzt. Der Geschichte hätte eine Straffung sehr gut getan. Das Tempo mit dem die Erzählung voranschritt war dementsprechend niedrig. Der "Wettlauf gegen die Zeit" geriet so mehr zu einem Wettlauf in bzw. gegen die Zeitlupe. Der Autor schaffte es nicht mal im Showdown mir ein Bild von der Schnelligkeit zu vermitteln mit der die Ereignisse eigentlich von statten gehen mussten. Das führte dann dazu dass mir das Buch sehr zäh vorkam, ich es nicht flüssig lesen konnte und kaum Spannung aufkommen wollte.


    Des Weiteren ist mir durchaus klar, dass es in vielen Krimis/Krimiserien dazu kommt, dass aus den kleinsten bruchstückhaften Informationen die richtigen Rückschlüsse gezogen werden, was nicht immer ganz realistisch ist. Auch damit kann ich leben. Aber auch in diesem Fall übertreibt John Katzenbach. Man bedenke: der Professor hat nur gesehen, dass ein Mann und eine Frau das Mädchen entführen. Und auf dieser Basis und mit einem kleinen Schubser von außen entwickelt er über das Buch hinweg natürlich genau die EINE, die RICHTIGE Theorie wo man Jennifer finden kann! Der Autor schafft es in keinster Weise mir das glaubhaft zu machen. Und so bin ich von der Suche eher enttäuscht.

    Mein Fazit
    : Das war mein erster Katzenbach, der mir keinerlei Lust auf weitere Bücher des Autors macht. Neutral bewerten kann ich das Buch beim besten Willen nicht. Mir war es zu zäh und realistisch fand ich manche Rückschlüsse auch nicht. Daher gibt es nur 2ratten für "Der Professor".

    Einmal editiert, zuletzt von Tolpan ()

  • ===Die Einleitung:===
    Immer wieder bin ich in Buchhandlungen und in Katalogen über die Werke des Autors gestolpert, hatte aber bisher noch keines gelesen.
    Bis ich vor kurzem in der Bücherei das Buch „Der Professor“ entdeckte und nach einem prüfenden Blick auf den Klappentext entschied das Buch auszuleihen.
    Eine liebe Freundin hatte mir schon öfter von dem Autor vorgeschwärmt und ich muss sagen mit Recht.


    ===Der Autor:===
    John Katzenbach wurde 1950 geboren und war ursprünglich Gerichtsreporter für den Miami Herald und die Miami News.
    Bei Droemer Knaur sind inzwischen sieben Kriminalromane von ihm erschienen, darunter die Bestseller "Die Anstalt", "Der Patient", "Das Rätsel" und "Das Opfer".
    Zweimal war Katzenbach für den Edgar Award, den renommiertesten Krimipreis der USA nominiert.
    Er lebt mit seiner Familie in Amherst/ Mass.
    Weitere Informationen zum Autor findet ihr unter http://www.johnkatzenbach.com und http://www.johnkatzenbach.de.


    ===Fakten zum Buch:===
    Das gebundene Taschenbuch erschien im Oktober 2010 beim Droemer-Verlag.
    Der Originaltitel des Buches lautet „What comes next“.
    Anke und Eberhard Kreutzer haben es aus dem Amerikanischen übersetzt.
    Es umfasst 560 Seiten und ist im Buchhandel für 19,99 Euro zu haben.
    Das Buch gibt es außerdem noch als Taschenbuch, als E-Book in der Kindle-Edition und als Audiobook zu kaufen.


    ===Die Gestaltung des Buches:===
    Das Cover des Buches ist schwarz.
    Ganz oben steht in weißen Großbuchstaben der Name des Autors.
    Darunter steht in weißen Großbuchstaben der Titel des Buches.
    Weiter erfährt man auf dem Cover, dass es sich bei dem Buch um einen Psychothriller handelt und dieser im Droemer-Verlag herausgegeben wurde.
    Im Zentrum des Covers sieht man die mit einem Tuch gefesselten Arme und Hände eines jungen heranwachsenden Mädchens.
    Auf der Rückseite des Buches findet man eine kurze Inhaltsangabe, welche ich weiter unten wiedergeben werde.
    Unter dem Text sieht man einen rostigen Eisenstuhl unbekannten Fabrikats.
    Das filigrane Tuch, welches auf dem Cover abgebildet wurde, hängt nun lose daran.
    Meiner Meinung passt das Cover sehr gut zur Geschichte des Buches.
    Die gefesselten Arme erinnern mich an Szenen aus dem Buch und in dem Stuhl auf der Rückseite des Buches erkenne ich den so genannten Interview-Stuhl.
    Dem Buch liegen zwei Seiten bei, auf denen sowohl der Inhalt des Buches als auch der Autor ausführlich vorgestellt werden.
    Öffnet man das Buch, sieht man ein junges Mädchen mit angewinkelten Beinen in einem dunklen, gefliesten Raum kauern.
    Die sorgsam ausgewählten Bilder geben einen leichten Vorgeschmack auf das subtile Grauen, welches den Leser bei der Lektüre des Buches erwartet.
    Das Buch gefällt mir als gebundene Ausgabe sehr gut, da ich bei Büchern mit so vielen Seiten die gebundene Ausgabe dem Taschenbuch vorziehe.
    Ein Lesebändchen oder Ähnliches gibt es nicht, aber dafür gibt’s ja Lesezeichen.
    Inzwischen habe ich mir eine Buchhülle zugelegt, um meine Bücher zu schützen.
    In die Buchhülle ist ein Lesebändchen integriert.


    ===Der Verlag über das Buch:===
    “Als die Tür aufging, wusste er, dass er tot war“


    Der pensionierte Psychologieprofessor Adrian Thomas bekommt von seinem Arzt eine niederschmetternde Diagnose: Demenz.
    Noch immer unter dem Eindruck der bestürzenden Nachricht blickt der alte Mann auf die Straße und sieht ein etwa sechzehnjähriges Mädchen vorbeieilen.
    Gleichzeitig rollt ein Lieferwagen heran, bremst ab und beschleunigt wieder:
    Das Mädchen ist verschwunden.Der Professor ist verwirrt.
    Täuscht er sich, oder hat er gerade eine Entführung beobachtet?


    ===Die Geschichte und meine Meinung dazu:===
    Nach einer Widmung des Autors beginnt die Geschichte.
    Der pensionierte Psychologieprofessor Adrian Thomas war gerade beim Neurologen und wartete auf dessen Diagnose.
    Er hatte den Arzt aufgesucht, weil er zunehmend immer mehr Dinge vergaß und unter Halluzinationen litt.
    Die Diagnose traf ihn wie ein Dolchstoß.
    Laut dem Arzt befand er sich gerade in einem fortgeschrittenen Stadium einer seltenen Krankheit namens Lewy-Körper-Demenz.
    Die unheilbare Krankheit geht mit einem schleichenden Gedächtnisverlust, Kontrollverlust der Körperfunktionen und Verlust des kritischen Denkvermögens einher und dem Professor bleiben nur noch wenige Jahre um zu leben.
    Adrian macht einen Spaziergang um einen klaren Kopf zu bekommen und beschließt, seinem Leben zu Hause mit seiner Pistole ein Ende zu setzen.
    Er ist pensioniert, seit drei Jahren Witwer und hat niemanden mehr, der sich um ihn kümmert oder Zeit mit ihm verbringt.
    Im Auto sitzend plant er seinen Selbstmord, als plötzlich ein junges Mädchen seine Aufmerksamkeit erregt.
    Sie läuft zielstrebig mit einem vollen Rucksack, an dem ein Teddybär baumelt die Straße entlang und blickt grimmig vor sich hin.
    Auf einmal hält ein Kleintransporter neben dem Mädchen, fährt an und rast um die Ecke und das Mädchen ist verschwunden.
    Wurde Adrian Zeuge einer Entführung oder sind dies nur Anzeichen seiner Krankheit?
    Die Perspektive wechselt. Nun sehen wir die Geschehnisse aus der Sicht des jungen Mädchens namens Jennifer Riggins.
    Eigentlich wollte sie zum wiederholten Male von zu Hause abhauen und war gerade dabei ihren Plan in die Tat umzusetzen, als der Lieferwagen anhielt und ein Mann und eine Frau sie brutal hineinzerrten.
    Nach einem Schlag sank sie in eine gnädige Ohnmacht und ich als Leserin fragte mich, wer die Entführer sind und was sie von Jennifer wollen.
    Indes wägt Adrian seine nächsten Schritte sorgsam ab.
    Soll er zur Polizei gehen und die Entführung melden?
    Wer wird ihm Glauben schenken, ihm dem verwirrten alten Kauz?
    Adrian zweifelt und hält Zwiesprache mit einer Halluzination von seiner toten Frau.
    Dann ruft er die Polizei an und meldet den Vorfall.
    Er ist sich sicher Zeuge einer Entführung gewesen zu sein, denn er hat die rosafarbene Baseballkappe des Opfers bei sich, die er am Straßenrand gefunden hat.
    Mittlerweile ist bei Detective Terri Collins die Meldung eingegangen, dass Jennifer Riggins von ihrer Mutter Mary und deren Lebensgefährten Scott West als vermisst gemeldet wurde.
    Zuerst rechnet sie damit, den Fall schnell abzuschließen und Jennifer wieder nach Hause bringen zu können, doch dann erfährt sie von der Aussage des Professors.
    Dieser lässt nicht locker und mischt sich immer wieder in die laufenden Ermittlungen ein und so langsam dämmert es auch Terri Collins, dass sie es hier mit einem äußerst ungewöhnlichen Fall zu tun hat.
    Während die Mutter des Opfers vor Angst und Trauer nur noch ein Schatten ihrer Selbst ist, mimt ihr Lebensgefährte den nüchternen, abgeklärten Therapeuten und ich werde das dumpfe Gefühl nicht los, dass er einer der Gründe sein muss, warum Jennifer schon mehrmals von zu Hause ausgerissen ist.
    Auch Terri Collins hat es nicht leicht, denn auch sie ist vor einer dunklen Vergangenheit geflohen, die sie nie ganz los lässt.
    Anfangs hält sie sich bei der Suche noch stoisch an die Dienstvorschriften und folgt falschen Fährten, bis sie zunehmend den Ernst der Lage begreift.
    Währenddessen taumelt der Professor zwischen wachen Phasen und Halluzinationen hin und her und nimmt schließlich sogar widerwillig seine Psychopharmaka, um einen klaren Kopf zu bekommen und Jennifer zu finden.
    Sein Gefühl sagt ihm, dass sie noch lebt und so überlegt er fieberhaft, wofür Jennifer für das Entführerpärchen von Nutzen sein könnte.
    Sein vormals scharfer, analytischer Verstand ist ihm nur teilweise noch vorhanden geblieben und so eilen ihm verschiedene Halluzinationen zu Hilfe:
    Seine tote Frau, sein Sohn, der als Kriegsreporter starb und sein Bruder, der Selbstmord begangen hat.
    Sie alle reißen Adrian in ihr Leben vor ihrem Tod hinein und so kann es schon vorkommen, dass wir uns plötzlich inmitten von Soldaten im Krieg befinden, oder Adrian mit seinem toten Bruder, der als Anwalt tätig war spricht.
    Dank den Halluzinationen gibt Adrian seine Suche nach Jennifer nicht auf und begibt sich von einer haarsträubenden Situation in die Nächste.
    Wird er Jennifer jemals lebend finden?
    Adrian kämpft einen Kampf gegen das Vergessen und gegen die Zeit, denn ihm ist klar:
    Was auch immer die Entführer mit Jennifer vorhaben, irgendwann wird sie für sie an Nutzen und Interesse verlieren und das wird eher früher als später sein.
    Immer wieder wechseln die Erzähler.
    Mal erfahre ich aus Jennifers Sicht wie es weiter geht, dann wiederum lerne ich das Entführerpärchen jeweils besser kennen.
    Das Entführerpärchen Linda und Michael hat mich das ganze Buch über sehr abgestoßen.
    Sie haben sich bei einer wilden Underground-Sexparty kennen gelernt und schnell gemerkt, dass sie mehr miteinander verbindet.
    Die beiden gehen einem einzigartigen Beruf nach, den sie selbst als Kunstform sehen.
    Sie nehmen Frauen gefangen und foltern sie, geistig, seelisch und körperlich, bis die Opfer jedes Gefühl für ihre Umwelt, ihre Identität und alles Menschliche verloren haben.
    Sie nehmen ihnen jegliche Form von Orientierung, verwirren sie mit akustischen Reizen, stellen sie zur Schau, stellen ihnen grausame Fragen und arbeiten mit Angst und Perversion.
    Doch sie sind nicht allein, denn ihre Werke kann der zahlende Kunde online live verfolgen und Jennifer ist nun der vierte Teil dieser „Kunstform“.
    Sie ist anders als ihre Vorgängerinnen, jung, unberührt und unschuldig und so fallen Linda und Michael immer wieder neue Grausamkeiten ein, um Jennifer für ihre Kundschaft interessant zu machen.
    Was ist das Ziel dieses Martyriums? Wird Jennifer es unbeschadet überleben?
    Während Jennifer hilflos den sadistischen Spielchen des Pärchens ausgeliefert ist und gefährlich nahe an eine Persönlichkeitsspaltung kommt, schauen auf der ganzen Welt zahlungskräftige Kunden zu und fiebern mit der sich ständig verändernden Handlung mit.
    Per Kommentarfunktion teilen sie ihre Wünsche, Gedanken und Gefühle mit und mir wird ganz anders, wenn ich so was lese.
    Adrian hat sich indessen einen ungewöhnlichen unfreiwilligen Helfer gesucht.
    Dieser kennt sich in der Materie aus und findet entscheidende Hinweise zu den Tätern und Jennifer.
    Terri Collins braucht etwas länger und tappt erstmal im Dunkeln.
    Werden sie Jennifer noch rechtzeitig helfen können?
    Ein rasanter Showdown mit immer schnelleren, häufigen Perspektivwechseln führt zum unausweichlichen, unglaublichen Finale.
    Das Buch endet mit einem Epilog, der den Titel „Tag des letzten Gedichts“ trägt und lässt mich aufgewühlt zurück.
    Danach gibt es noch zwei kurze Infotexte zu den Büchern „Das Opfer“ und „Der Patient“ des gleichen Autors.


    ===Mein Fazit:===
    Dieses Buch ist nichts für zartbesaitete Menschen mit schwachen Nerven.
    John Katzenbach hat mit seiner Geschichte ein emotional aufwühlendes, verstörendes Werk geschaffen.
    Verstörend, weil es so erschreckend real ist.
    Solch eine Entführung und deren Folgegeschichte könnte sich so oder so ähnlich überall auf dem Erdball abspielen.
    Pädophile und Perverse gibt es genug und sicherlich auch einen breiten Markt, der deren Vorlieben bedient.
    Linda und Michael erfüllen mich mit Abscheu und machen mir gleichzeitig auch etwas Angst, denn menschliche Abgründe sind tief und wer weiß, wie viele Menschen es gibt, die ähnlich sadistische, perverse Neigungen haben.
    Die Beiden sind kaltblütig, schreiben Drehbücher für ihre „Kunst“ und verwischen den Großteil ihrer Spuren gekonnt.
    Sie sind berechnend, leben minimalistisch und abgeschieden.
    Ihre verdrehte Selbstwahrnehmung und ihre fehlende Empathie machen sie zu tickenden Zeitbomben.
    Jennifer bietet eine gute Identifikationsfigur.
    Sie will ihrem täglichen Albtraum entfliehen, ist jung und unschuldig und voller Träume.
    Ihre Flucht führt sie in einen noch viel schlimmeren Albtraum und ich litt jede Seite mit ihr, hoffte und bangte.
    Mehr als einmal war ich wütend auf Linda und Michael und wäre am Liebsten persönlich zu Jennifer geeilt, um sie aus den Fängen der beiden Soziopathen zu befreien.
    Die Folterszenen sind oft nur angedeutet und doch kann man sie sich gut ausmalen und das ganze erschreckende Ausmaß begreifen.
    Jennifers Mutter und deren Partner riefen bei mir oft nur Unverständnis hervor, denn sie geben recht schnell auf und unternehmen nicht viel, um Jennifer wieder wohlbehalten zurück zu bekommen.
    Terri Collins hatte schon zu Anfang meine Sympathie auf ihrer Seite, denn auch sie hatte wie Jennifer kein einfaches Leben und ist nach und nach bereit auch unkonventionelle Entwicklungswege zu beschreiten.
    Dabei hilft ihr Adrian, der zwar durch seine Krankheit etwas schrullig wirkt, aber dennoch oft die richtigen Schlüsse zieht und gleichzeitig die treibende Feder bei der Suche nach dem verschwundenen Mädchen ist.
    Seine Kombinationsgabe ist brilliant, sein Wissen enorm, hört sich nach einem interessanten Menschen an.
    Seine Halluzinationen lassen ihn harmlos wirken, aber das täuscht.
    Anfangs fragte ich mich sogar, ob er in seiner Verwirrung nicht selbst für Jennifers Entführung verantwortlich wäre.
    Die Halluzination von seiner Frau war sympathisch, sein toter Sohn und sein toter Bruder waren mir jedoch etwas zu kriegslastig.
    Adrians unfreiwilliger Helfer war mir oftmals sehr unsympathisch, erwies sich aber als eine gute Investition und gegen Ende bekam er sogar von mir Sympathiepunkte wegen seines Handelns.
    Die Kunden von Linda und Michael erfüllten mich mit großer Abscheu, denn sie geilten sich an Jennifers Leid und ihrer Unschuld auf, während sie weiterhin ihren anonymen Leben nachgingen und es selten dazu kam, dass mehrere Menschen gegenseitig von ihrer gefährlichen Vorliebe wussten.
    Das Erschreckende daran ist, dass es gar nicht so unwahrscheinlich wäre, zahlende Kunden für solch eine Website zu finden, denn Snuff-Filme und abartige Pornos finden ja auch eine Absatzquelle.
    Ich kann mir vorstellen, dass in John Katzenbachs Bücher auch seine Erfahrungen aus seiner Tätigkeit als Gerichtsreporter einfließen.
    Das Buch entwickelte von Seite zu Seite mehr Spannung, weshalb ich es kaum aus der Hand legen konnte.
    Ich wollte unbedingt wissen, ob Jennifer endlich gerettet werden würde und ob Linda und Michael ihre gerechte Strafe bekommen würden.
    Das Ende des Buches war mal etwas anderes und ließ mich nachdenklich zurück.
    Es warf ethische und moralische Fragen auf und ließ mich auch meine Moral und Ethik in Frage stellen.
    Ich finde das Buch sehr gelungen und werde mit Sicherheit noch weitere Werke des Autors lesen.


    Viel Spaß beim Lesen wünscht Aletheia.