Kalevala (Finnischer Nationalepos)

  • Kalevala - Finnischer Nationalepos zusammengestellt von Elias Lönnrot

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    Zum Buch: Die Kalevala wurde im 19. Jhdt. vom finnischen Arzt Elias aus überlieferten Liedern zusammengesetzt. Ausgehend von seinem Wohnort Kajaani unternahm er mehrere Reisen während der er Lieder sammelte, hinter deren Handlung er einen übergreifenden Epos vermutete - die spätere Kalevala. Neben der epischen Handlung um die Helden Väinämöinen, Lämminkäinen und Ilmarinen verarbeitete er auch traditionelle Lieder wie Hochzeits- und Hütelieder, um einen Gesamteindruck über das finnische Liedgut zu vermitteln. Die Kalevala hat in Finnland einen enormen Stellenwert, da sie das erste Werk ist, dass dem Volk nach russischer und schwedischer Besetzung das Gefühl ein eigenen Kultur gegeben hat. Finnisch als Schrift, bzw. Literatursprache hatte damals keinen hohen Stellenwert.
    Abgesehen von der Kalevala selbst enthält meine Ausgabe nochmal einen etwas gleichdicken Anhang, der sich in allgemeine Erläuterungen zum Stellenwert der Kalevala, zur Tradition der finnischen Sänger, zum Versmass, etc. und Erläuterungen zu jedem Gesang gliedern. Damit kommt man dann auf über 600 Seiten Epos samt dichtgepackter Information.


    Zum Inhalt: Die Kalevala rankt sich um die drei Haupthelden Väinämöinen, Lemminkäinen und Ilmarinen, Väinämöinen ist der weise Sänger, der als Sohn der Wasserfrau bereits die Entstehung der Welt miterlebt. Zweimal wirbt er um Frauen, doch bleibt er stets einsam und wird dadurch zum aussenstehenden Beobachter und Helfer. Ilmarinen ist der Schmied, der die Weltkuppel erschaffen hat. Wie Väinämöinen wirbt er um die Nordlandtochter und geht als Sieger bei der Werbung hervor. Eine seiner ersten Aufgaben, an der Väinämöinen selbst scheitert, ist die Schmiedung der Wundermühle Sampo, die in der Vorstellung Glück mühlt und so für Segen im Nordland sorgt. Im späteren Verlauf verliert er seine Frau jedoch wieder, schafft sich zunächst ein Abbild aus Gold und Silber, dessen Kälte er aber nicht ertragen kann und wirbt dann um die Schwester seiner Frau. Lemminkäinen ist ein Leichtfuß, der alle Frauen gleichsam begattet und dadurch mehrfach in Schwierigkeiten mit deren Männern, Vätern und Brüdern gerät. Das große Abenteuer - den Raub des Sampo - wollen die drei Helden gemeinsam begehen, da sie gleichsam von der Nordlandherrin enttäuscht wurden und das Glück des Sampo für Kalevala (= Finnland) wollen. Das Sampo zerbricht während der Flucht aus dem Nordland, doch die größten Stücke werden von Väinämöinen geborgen und sorgen für Wohlstand im Kalevala, dass damit nach vielem hin und her die Vorherrschaft über das Nordland gewinnt. Im letzten Gesang wird jedoch auch Väinämöinen durch das aufkommende Christentum und das Kind Marjattas (= finnische Maria) aus seiner Heimat verdrängt. Der Legende nach zieht er sich zurück, bis er wieder gebraucht wird, ähnlich der Artussage, wo Artus auf Avalon auf seine Rückkehr wartet.


    Meine Meinung: Ein schöner Epos, gar keine Frage. Besonders gut hat mir gefallen, dass die Sänger die Zauberer sind, dass heisst durch das Singen wirken. Um ein Übel zu bekämpfen, muss man seinen Namen kennen (wo mir gleich "The Name of the Wind" eingefallen ist :zwinker:), z.B. den Ursprung des Eisens kennen, um eine Schwertwunde zu heilen. Es geht nicht lediglich um Kämpfe und Vorherrschaft, sondern auch die Entstehung der Welt und Traditionen in Finnland wie bei Ilmarinens Hochzeit mit der Nordlandtochter und bei der Jagd eines von der Nordlandherrin nach Kalevala gehetzten Bären werden ausgiebig behandelt. Die drei Helden sind sehr unterschiedlich - Väinämöinen, der weise Alte, Ilmarinen, der starke Schmied, und der leichtsinnige Lemminkäinen könnten gegensätzlicher kaum sein. Spannend fand ich auch, dass Marjatta von einer Preiselbeere schwanger wird - mal was anderes als der Heilige Geist :breitgrins: Obwohl es auch ein bisschen traurig ist - gerade erst hat Väinämöinen sein Land gerettet, da wird er auch schon vertrieben.
    Der erste Teil des Anhangs ist sehr informativ, da sehr viel zur Entstehungsgeschichte der Kalevala erklärt wird und zur ursprünglichen Form der Lieder und deren Vortrag. Der zweite Teil des Anhangs - pro Gesang ein Kapitel - ist ebenfalls sehr wertvoll, da viele Erläuterungen gegeben werden, die man zum Verständnis auch braucht, z.B. finnische Gottheiten. Sehr viel ist allerdings auch nur für Literatur- und Sprachwissenschaftler interessant, denn mich hat nicht so sehr interessiert, in welchem Sanggebiet welche leichte Variation von diesem Gesang vorkam und welche möglichen Zusammenhänge es mit anderen Epen und Märchen gibt (grundsätzlich interessant, nicht aber in jedem fitzeligen Detail). Das macht das Lesen der Anhänge doch etwas mühsam.


    Insgesamt aber eine echt lohnende Lektüre für alle, die an Sagen und Mythen interessiert sind. Ich selbst wollte die Kalevala schon lange mal lesen, da ich ein Praxissemester in Finnland verbracht habe und da neugierig geworden bin.


    Ratten kann man für so einen Epos natürlich nicht vergeben, schließlich ist es eine über Jahrhunderte gewachsene Geschichte, die nicht mit einem normalen Buch vergleichbar ist.

    :lesen: Naomi Novik - Uprooted