Isolde Sammer - Die Stille nach dem Schrei

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    Autorin: Isolde Sammer
    Titel: Die Stille nach dem Schrei
    Erschienen: September 2010, rororo
    Seiten: 400, Taschenbuch


    Zum Cover:
    Passend zu einem Psychothriller wurde hier ein Gesicht abgebildet, aus dem quasi sämtliche Farbe gewichen ist". Zu erkennen ein Auge, in welchem Ungläubigkeit, blankes Entsetzen und Angst synchron wirken, der Blick dabei geheftet auf eine Person, die einen Raum betritt; weiterhin die Konturen eines Mundes. Der Titel selbst leicht verschmiert" inszeniert, die Dramatik mit Blutflecken" untermauert.


    Zum Inhalt/Aufbau:
    Die einzelnen Kapitel werden abwechselnd aus unterschiedlicher Sicht geschrieben:
    Da ist zum einen Tina, die Martin zum ersten Mal drei Jahre zuvor begegnet, als er zwei Jungen, die sie hänselten, vermöbelt und der erste Junge ist, der sie küsst. Diese erste bewusste Begegnung soll für die folgenden Jahre auch die letzte sein bis zum Tag, als sie durch Zufall von seiner Verhaftung aber auch Freilassung erfährt und sich bei ihm in Erinnerung bringt, mit ihm anbändelt und sich eine gewisse Zuneigung zwischen ihnen entwickelt. Kapitel, geschrieben in ich"-Form, die aber von Anfang an den Charakter eines Geständnisses haben. Denn was Tina zu berichten hat, scheint von immenser Bedeutung zu sein.
    Zum anderen wird aus relativ nüchterner Beobachtersicht das weitere Geschehen im Hause Werneck, wo die Mutter des getöteten Jungen, gleichzeitig Stiefmutter des in ihren Augen Mörders und eben genau dieser nach dessen Entlassung unter einem Dach leben (müssen) in ständiger Provokation, einer Anspannung und Erwartungshaltung zueinander; wobei die Mutter diesen Zustand nur aushält und dort verbleibt, weil sie die Wahrheit herausfinden möchte, zu der das Gericht nicht in der Lage war, jene festzustellen.


    Mein Schlussurteil:
    Besonders die immer wieder zwischengeschobenen Kapitel aus Sicht der Tina machen diesen Thriller zu einem Psychothriller, erzeugen stellenweise Höchstspannung, deuten einiges an, aber lassen noch viel mehr Fragen offen und schaffen somit Raum, den Leser auf die Jagd durch den Roman zu schicken, um endlich Erklärungen zu bekommen, was denn tatsächlich an jenem Tag in der Scheune vorgefallen ist, in welcher sich später zwei halb verbrannte Knabenleichen finden ließen, von denen eine vor Brandlegung grausam gequält und zugerichtet wurde, während die andere scheinbar mehr im Affekt und Angstrausch erschlagen wurde. Wer ist hier Täter? Wer ist hier Opfer? Als Leser glaubt man von Anfang an genau zu wissen, wem hier welche Rolle zufällt. Aber würde man dann als Leser nicht womöglich genau so fehl urteilen wie der Richter? Oder lag der mit seiner Einschätzung doch richtig und es offenbaren sich ganz andere entsetzliche Optionen, die man nicht für möglich halten würde? Wird es Irene gelingen, die Wahrheit herauszufinden und ist diese Wahrheit geneigt und Irenes Angst berechtigt, Tina schützen zu müssen? Wie wird Irene mit der Wahrheit umgehen können? Wer ist der Mann gewesen, mit dem sie verheiratet war und einen gemeinsamen Sohn hatte, der in diesem verdrehten Mordfall vom Opfer zum Täter abrutscht und - ohne sich wehren zu können - dessen eigener Tod genutzt wird, um einen möglichen Täter als Opfer dastehen zu lassen, welches Dinge an die Öffentlichkeit zutage fördert, denen sich die näher Betroffenen ungläubig und fassungslos gegenüberstehend sehen.


    Ich habe diesen Psychothriller genossen. Kaum geliefert, habe ich ihn nach den ersten 70 Seiten nur deswegen aus der Hand gelegt, weil leider noch andere Verpflichtungen auf meinem Terminplan standen, um ihn dann später mit Spannung weiter zu lesen. Sicher - es gibt bessere und auch weit spannendere Psychothriller, trotzdem hat dieser hier etwas für sich und liest sich flott weg, auch wenn die Autorin schon mal ein wenig langatmig in den emotionalen Beschreibungen und gedanklichen Verhaftungen beispielsweise der Mutter Irene verfällt. Allerdings hatte ich für mich aber auch leider viel zu oft den Eindruck, dass alles zu durchschaubar ist, wie eben bei jenen Krimis, für die die Autorin auch schon Drehbücher geschrieben hat. Meist weiß man nach den ersten 15 Minuten, wer der Mörder ist. Aber das Atemberaubende fehlte mir, da die Jagd irgendwie anders herum" ablief. Letzten Endes aber insgesamt ein solides Werk, welches man ruhigen Gewissens empfehlen kann und sehr gut zu lesen ist.
    Doch für mehr als 3 Sterne reicht es bei mir nicht.