Oscar Wilde -
De Profundis, Ballad of Reading Gaol and Other Writings (Wordsworth Classics) (englisch)
/ De profundis sowie Die Ballade vom Zuchthaus zu Reading
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Zum Inhalt:
1895 wurde Oscar Wilde wegen homosexueller Beziehungen zu zwei Jahren Gefängnis mit Zwangsarbeit verurteilt. Im Gefängnis schreibt er diesen Brief, der später mit "De Profundis" betitelt wurde, an seinen Geliebten Lord Alfred Douglas ("Bosie"), dessen Vater Wilde letztendlich zur Verurteilung gebracht hat.
Meine Meinung:
In diesem Brief an "Bosie" schreibt sich Wilde quasi seinen ganzen Frust von der Seele. Nach über einem Jahr im Gefängnis hat er von diesem nichts mehr gehört und schildert hier wie enttäuscht und wütend er über das Verhalten seines Geliebten ist, der ihn einfach fallen gelassen hat, jetzt, wo er nicht mehr der brilliante Dichter ist. «When you are not on your pedestal you are not interesting» ist dabei ein Satz von Bosie, der Wilde nicht mehr aus dem Kopf geht. Er rekapituliert die gemeinsame Zeit und wird sich vor allem selber bewusst, wie selbstsüchtig Bosie all die Zeit über war, und bereut es gleichzeitig, für ihn sein Leben aufgegeben zu haben. Das besonders Tragische ist, dass Bosie Wilde dazu überredet hat, seinen Vater wegen Verleumndung vor Gericht zu bringen. Leider wendet sich während der Gerichtsverhandlung das Blatt und Wilde wird schließlich vom Vater seines Geliebten angezeigt und verurteilt. In diesem Brief schildert er, wie verletzt er war, weil Bosie alles ins rechte Licht hätte rücken können, aber einfach ruhig geblieben ist, obwohl er derjenige war, der im tiefen Hass gegen seinen eigenen Vater Wilde als Mittel betrachtete, um seinen Vater vor Gericht zu bringen. Er schildert eindrücklich seinen Weg vom beliebten Dichter, der sein Leben in vollen Zügen genießt bis hin zu seinem Leben als gebrochener Mann, der von der Zwangsarbeit gezeichnet ist. Dabei lässt er tiefe Einblicke in sein Privatleben leben zu, rechnet Bosie beispielsweise vor, wie viel er an manchen Abenden für ihn ausgegeben hätte, dass dieser aber nicht einmal Wilde zuliebe ein paar Bücher aus seiner Privatbibliothek zurückkaufen konnte, die mit seinem gesamten Besitz versteigert wurde. Trotzdem versucht Wilde aus seiner Situation zu lernen und schildert, wie er sein Leben in Zukunft anders angehen will.
Mich hat dieser Brief zutiefst bewegt und wohl nirgends sonst lässt Oscar Wilde einen so tiefen Einblick in seine Seele zu. Natürlich blitzt auch hier und da seine, ich will fast sagen Arroganz, durch, denn er ist sich seiner Brillianz, vor allem im Vergleich zu Bosie, bewusst und schildert auch immer wieder, wie dieser ihn in seiner Kreativität gestört hat. Man meint fast, dass Wilde von Anfang an geahnt hat, dass diese Beziehung böse enden wird. Genau so hat mich bewegt, dass Wilde sich immer wieder von seinem schon fast tyrannischen Freund getrennt hat, aber im Endeffekt hat sie die Liebe immer wieder zusammen gebracht. Zumindest auf seiner Seite.
Ein unglaublich schöner, wie auch tragischer Brief, und ich werde Wilde sicherlich jetzt mit ganz anderen Augen sehen.