Roland Barthes - Die helle Kammer: Bemerkungen zur Photographie

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    Barthes' Bemerkungen zur Photographie sind eigentlich absolut überflüssig. Aus der Sicht eines Bildbetrachters - nicht eines Fotografen - schreibt er sehr subjektiv, wie Fotos auf ihn wirken. Immer wieder kreisen seine Gedanken um ein Foto seiner bereits verstorbenen Mutter, auf dem er ihr wahres Wesen zu erkennen glaubt. So wird dieses dünne Büchlein für Barthes zu einer sehr persönlichen Abhandlung, die dem außenstehenden Leser nur wenig bieten kann.


    Ich war sehr überrascht, als ich das Erscheinungsjahr dieses Buches erfuhr - 1980. Sowohl sprachlich als auch inhaltlich wirkte es auf mich, als wäre es zu Beginn des 20. Jahrhunderts geschrieben worden. Barthes' Sprache wirkt antiquiert und unnötig kompliziert, mit vielen Fremdwörtern gespickt, was den Lesefluss häufig etwas hemmt oder zumindest große Konzentration erfordert.


    Inhaltlich wirkt das Buch vermutlich so alt, weil sich gerade im Bereich der digitalen Fotografie und der Bildbearbeitung in den letzten Jahrzehnten vieles weiterentwickelt hat. Dadurch kann man Barthes' Standpunkte oft nicht mehr nachvollziehen. Er argumentiert zum Beispiel, dass ein Foto auch immer ein Beweis ist dafür, dass etwas genau so gewesen ist, wie man es auf dem Bild sehen kann. In Zeiten von Photoshop beweist ein Foto einer Person an einem bestimmten Ort allerdings nicht, dass die Person wirklich dagewesen ist.


    Positiv ist allerdings anzumerken, dass viele interessante Fotos im Buch enthalten sind und es sich auch lohnt über einige Argumente zu diskutieren oder nachzudenken. Ich hatte den Vorteil, das Buch im Rahmen eines Literaturkreises zu diskutieren und allein für die interessanten Gespräche, die aus der Lektüre der "hellen Kammer" entstanden sind, hat das Buch 3ratten verdient.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Vielen Dank, Stefanie, dass Du die Rezi geschrieben hast, obwohl Du gar nicht so recht wolltest. ;)


    Ich habe an der Uni Texte von Barthes in Seminaren zu Fotografie und Kunstrezeption gelesen, bestimmt waren auch Auszüge aus der hellen Kammer dabei. Auch wenn ich seine Theorien (geschweige denn die Texte selbst) nicht mehr rekonstruieren kann, habe ich die Diskussionen als sehr interessant in Erinnerung. Und obwohl Dein abschließendes Urteil nicht übermäßig positiv ausfällt, habe ich Lust darauf bekommen, mal wieder etwas von Barthes oder einem seiner Kollegen zu lesen. Danke!


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Freut mich, wenn ich dir weiterhelfen konnte :winken:


    Vielleicht kann man auch mehr mit Barthes anfangen, wenn man sich intensiver damit beschäftigt, ein Seminar an der Uni kann ich mir dazu besser vorstellen, als wenn man einfach zuhause sitzt und das Buch für sich liest.

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  • Ich weiss beinahe nichts über Fotografie, dieses Büchlein habe ich für ein literaturwissenschaftliches Seminar gelesen.
    Der Text birgt eigentlich einen unauflöslichen Widerspruch zwischen der Subjektivität, der Unverallgemeinbarkeit des punctum und dem gleichwohl immer wieder gemachten Versuch, dennoch so etwas wie eine Theorie desselben zu schreiben. Obwohl ich persönlich (was Literatur[-kritik] angeht) eher gegen explizite Punctumerei bin, habe ich "Die helle Kammer" gerne gelesen, vor allem wegen der auch in der Übersetzung schönen Sprache dieses recht persönlichen Büchleins, das im zweiten Teil auch vom Tod der Mutter des Autors handelt. Das punctum (im Unterschied zum studium) ist für mich ein möglicher Antrieb, sich mit Literatur zu beschäftigen, der allerdings sonst niemanden interessiert, im Prinzip auch keinem anderen zugänglich ist.

    Tell all of my friends, I don&#039;t have too many: just some rain-coated lovers&#039; puny brothers. Dallow, Spicer, Pinkie, Cubitt - rush to danger, wind up nowhere.<br />Patric Doonan - raised to wait. I&#039;m tired again, I&#039;ve tried again...<br />and now my heart is full. Now my heart is full and I just can&#039;t explain, so I won&#039;t even try to.<br />(Morrissey)