[Philippinen] Francisco Sionil José – Szenen aus Manila

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    Inhalt: José Samson, genannt Pepe, ist ohne Vater aufgewachsen. Irgendein Geheimnis umgibt diesen, aber weder die Mutter noch deren Schwester erzählen dem Jungen etwas. Obwohl er sich in der Schule nicht gerade anstrengt, bestehen die beiden Frauen darauf, daß er schließlich in Manila das College besucht. Dort kommt er bei Verwandten unter und verbringt die ersten Wochen damit, das mitgegebene Geld für Mahlzeiten und Kino zu verprassen, so daß es am Ende für die Studiengebühren kaum noch reicht. Er schreibt sich deshalb an einem weniger angesehen College ein und läßt sich treiben, gerät aber sehr früh an Toto, der klare Vorstellungen zu notwendigen Sozialreformen hat und es schafft, Pepe – ein bißchen gegen dessen Willen – in eine Vereinigung zu lotsen, die sich Bruderschaft nennt. Bei einer großen Demo wird Toto von den Polizeikräften erschossen, Pepe, der inzwischen bei seinen Verwandten ausgezogen ist und in einem heruntergekommenen Vorort mit Toto zusammenwohnte, bleibt auch in Erinnerung an seinen Freund seinen politischen Aktivitäten treu, zumal sie ihm inzwischen auch durchaus finanzielle Vorteile wie z. B. ein Stipendium eingebracht haben. Aber sein Engagement, das er inzwischen mit einiger Ernsthaftigkeit betreibt, weckt das Interesse der Sicherheitsorgane, eines Tages wird er von der Straße weg entführt ...



    Meine Meinung: Dieser Roman ist Teil der Rosales-Saga, die insgesamt fünf Romane und darin drei Jahrhunderte philippinischer Geschichte umfaßt. José gehört zu den bedeutendsten Autoren seines Landes, stammt selbst aus Rosales (ebenso wie sein Ich-Erzähler aus diesem Roman) und wenn ich das Gelesene mit seiner Biographie vergleiche, dann gibt es durchaus die ein oder andere Parallele, auch wenn ich nicht so weit gehen würde, den Roman deshalb als überwiegend autobiographisch zu bezeichnen.


    Das Ganze hätte auch wirklich sehr interessant sein können, scheiterte für mich nur leider erstens am Erzähler und zweitens am Stil, wobei sich diese beiden Aspekte gegenläufig entwickelten. Der Ich-Erzähler war mir über das etwa erste Drittel derart unsympathisch wie es nur selten vorkommt: Völlig egozentrisch, rein von Gelüsten getrieben, ohne an den nächsten Tag zu denken und das Geld, für das Mutter wie Tante hart arbeiten, einfach zum Fenster hinauswerfend. Schon seine Schulzeit hat er aus purer Faulheit um etliche Jahre verlängert, so daß er natürlich zu den ältesten Studenten gehört. Aber mit Anfang 20 sollte man schon etwas mehr Verantwortungsbewußtsein zeigen als er es tut. Zugegebenermaßen besserte sich das Bild im weiteren Verlauf, aber für den Einstieg war das zumindest sehr unglücklich gelaufen. Viel ärgerlicher, und das steigerte sich leider zum Ende des Romans, war die Art und Weise der Erzählung. In dem Maße, wie Pepe nämlich politisches Bewußtsein aufbaut und sich in der Bruderschaft engagiert, werden seine Ausführungen moralisierend mit einem Hang zur Hybris. Er hat die Weisheit über die sozialen Verhältnisse und wie man sie ändern muß, mit Löffeln gefressen und alle anderen sind Idioten. Das wird durch seine späteren, handgreiflichen Erfahrungen auch noch befördert. Erhobene Zeigefinger schätze ich schon nicht besonders in Romanen, wenn sie vereinzelt auftauchen, hier war es ein permanenter Zustand, weshalb mir der ganze Text auch einen ziemlichen Lesewiderstand entgegensetzte. Ich kann damit leben, daß José hier der Gewalt gegen ein diktatorisches Regime das Wort redet und sie legitimiert, aber das kann man auch anders tun. Hier kam die Ideologie und die Botschaft ähnlich platt daher wie man das aus sozialistischen Romanen kennt. Das kann zwar, wie gesagt, durchaus interessant sein, gute Literatur ist es aber selten, und das gilt auch hier.


    1ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:


    Schönen Gruß
    Aldawen