Ja, da habt ihr Recht - wie diese Beschreibungen am Anfang, wie sich Carmilla Laura nähert, ist es jetzt nicht mehr, jetzt stehen eher diese Gruseleffekte im Vordergrund.
Ich glaube allerdings nicht, dass die Zeitschrift, in der Carmilla erschienen ist so eine Art Pornoheftchen war (dafür finde ich auch die Sexualität in Carmilla viel zu wenig explizit, auch für die damalige Zeit). Es gab ja für alle möglichen Zielgruppen Zeitschriften und auch die Sherlock-Holmes-Geschichten sind ja in einer Zeitschrift erschienen, wobei das Strand Magazine einfach eine ganz normale Literaturzeitschrift war. Im deutschsprachigen Raum gab es auch Die Gartenlaube, das war sogar ein Familienblatt. Hier gibt es übrigens ein paar Infos zu The Dark Blue, in dem Carmilla erschien.
Ich bin mittlerweile übrigens mitten im 14. Kapitel, der General hat seine Geschichte fertig erzählt und Carmilla nähert sich mit einer Gouvernante - bin schon sehr gespannt, ob jetzt das Grande Finale kommt, ob der General Carmilla als das Monster identifiziert, das seine Nichte getötet hat und was noch mit Laura passiert.
Aber einen ziemlichen Teenie-Horror-Film-Effekt hatte ich schon beim Lesen. Und zwar hat der General gerade lange erzählt, wie es seiner Nichte ergangen ist, wie sich Millarca (seeehr schweres Anagramm) verhalten hat, dieser Vorwand, dass die "Mutter" (bin ja gespannt, ob da auch noch eine Geschichte dahinter steckt, ob das wirklich die Mutter ist) schnell weg muss, weil es um Leben und Tod geht, usw. Carmilla beschleicht ja auch schon ein unangenehmes Gefühl, weil die Geschichte halt total gleich ist. Theoretisch müsste sie also, wenn sie halbwegs nachdenkt, zwei und zwei zusammenzählen können.
Dennoch:
ZitatThe old General's eyes were fixed on the ground, as he leaned with his hand upon the basement of a shattered monument. Under a narrow, arched doorway, surmounted by one of those demoniacal grotesques in which the cynical and ghastly fancy of old Gothic carving delights, I saw very gladly the beautiful face and figure of Carmilla enter the shadowy chapel.
Das ist genauso wie in diesen Horrorfilmen, wo die Highschoolschülerin gerade eine Leiche gefunden hat, oben am Dachboden hört sie Schritte und Klopfen und was macht sie? Nein, sie nimmt sich nicht das nächste Ding, das als Waffe fungieren kann, ruft nicht wen an (zB die Polizei) oder verschwindet schleunigst, nein, sie geht völlig unbewaffnet die Treppe nach oben und fragt: "Hallo? Ist da jemand? Wer ist denn da?"
Aber ist klar woher Laura das hat, ihr Vater scheint ja auch völlig ahnungslos, vertrauensselig und kein Freund von logischen Schlüssen zu sein. Interessant finde ich nämlich, dass der General sehr wohl betont, dass er Zweifel hatte Millarca einfach aufzunehmen, aber gut.. er kannte wohl die Mutter (bzw. meinte sie zu kennen) usw. Millarca selbst hat ja auch einen netten Eindruck auf ihn gemacht, aber zumindest war da noch ein Moment des Zweifelns. Lauras Vater hingegen scheint diesen Moment gar nicht gehabt zu haben, im Gegenteil, und auch sonst denkt sich der offenbar gar nichts über Carmilla oder einen Zusammenhang von Carmilla und der Geschichte des Generals. Doof, irgendwie...