Kate Summerscale- Der Verdacht des Mr. Whicher oder der Mord von Road Hill House

Es gibt 6 Antworten in diesem Thema, welches 2.200 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kleinerHase.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Titel: Der Verdacht des Mr. Whicher
    Autor: Kate Summerscale


    Allgemein:
    432 S.; Berlin Verlag Taschenbuch; 2009


    Info: Ich lese das Buch auf englisch. Bisher hab ich keine großen Verständnisschwierigkeiten. :)


    Inhalt:
    Wiltshire, ein Landhaus, 1860:
    In einer Sommernacht wird die Leiche von Saville, dem dreijährigen Sohn der Familie mit durchschnittener Kehle aufgefunden. Die Polizei ermittelt und stellt fest das der Mörder nur jemand aus dem engsten Familienkreis gewesen sein kann. Jack Whicher von Scotland Yard wird mit dem Fall betraut und versetzt mit seinen Erkenntnissen ganz England in Angst und Schrecken. Der Mordfall hat Autoren wie Wilkie Collins, Charles Dickens und Arthur Conan Doyle maßgeblich beeinflusst.



    Bisher:
    Ich habe mir dieses Buch damals in England gekauft, kurz nach seinem Erscheinen. Ich habe eine Schwäche für alles was irgendwie nach viktorianischen Morden aussieht. Jaja das ist eben dieser Gruselmoment, man weiß einerseits es ist ein echter Fall, der aber schon Jahrzente zurückliegt und eben die Gewissheit zu Hause im Bettchen kann einem erstmal nichts passieren. ;)
    Hier hat mich vorallem der Blick hinter die viktiorianische Gesellschaft interessiert, den dieser famals spektakuläre Mordfall bietet. Er brach die Fassade und zeigte die Abgründe, schockierte die Gesellschaft und gleichzeitig... gleichzeitig inspierierte er Autoren wie Wilkie Collins oder Charles Dickens. Warum ich das Buch damals nicht weiter gelesen habe lag wohl daran das ich falsche Erwartungen hatte, ich hatte einen Roman erwartet, stattdessen bekam ich ein Sachbuch das versucht den Fall auf zu rollen und eben mit vielen Fakten arbeitet. Heute kann ich mit ganz anderen Erwartungen an das Buch gehen, weil ich nun weiß was ich zu lesen bekomme. Ich bin gespannt und habe nach dem Vorwort, das ersteinmal einen groben Überblick über die Wirkungsgeschichte bietet, nun den eigentlichen Fall vor mir.

  • Ist das ein reines Sachbuch, oder eine Art Nacherzählung in Romanform, oder so? Mir ist das Buch nämlich auch schon öfter über den Weg gelaufen, aber ich konnte mich bisher nicht zum Kauf entschließen, weil mir nicht ganz klar war, womit ich es hier eigentlich zu tun habe.

  • Also soweit ich das inzwischen sehe ist es keine Romanerzählung. Laut Autorin basiert alles nur auf den Fakten rund um den Fall und auch mein Eindruck ist das es eher ein Sachbuch ist - weshalb es dann auch nicht bei den Romanen gelandet ist. :)
    Ich glaube aber das gerade im Buchhandel auch nicht ganz klar war was es nun ist, denn ich hab das Buch bisher auch eher bei den Romanen gefunden obwohl es das meiner Meinung nach nicht ist!

  • Ich hatte das Buch damals gleich recht schnell nach Erscheinen gelesen und sogar resenziert. Da muss ich doch glatt über mich staunen. :zwinker:


    Meine Meinung:


    Zuerst einmal muss sich der potenzielle Leser vor Augen halten, dass es sich hier um ein Sachbuch und keinen Roman handelt. Die Autorin führt sämtliche überlieferten Fakten zu diesem wahren Mordfall an, so wie sie sich zugetragen haben, zitiert etliche Zeitungs- und Ermittlungsberichte. Es gibt jede Menge Fußnoten, einen umfangreichen Anhang und ein ausführliches Quellenverzeichnis. Wobei es mir lieber war, erst im Anschluss an den eigentlichen Lektürentext im Anhang zu stöbern, denn das Buch wartet auch so schon mit sehr vielen Details auf.


    So erfährt der Leser eine Menge über die Arbeit der ersten Kriminalbeamten von Scotland Yard, über das Leben im England des 19. Jahrhunderts und über die weitreichenden Auswirkungen auf die Kriminalliteratur jener Zeit. Z.B. werden viele Begriffe aufgeführt (etwa der Ursprung des Ausdrucks "Cop") und immer wieder wird analysiert, welche wahren Begebenheiten in welchen Kriminalroman Eingang fanden (sehr oft genannt wird u.a. "Der Monddiamant" von Wilkie Collins). Ergänzt wird der Text durch einen Grundriss des Hauses, Fotos der Familie und einige zeitgenössische Abbildungen.


    Mir hat das Buch über weite Strecken sehr gut gefallen, weil die vielen Details es dem Leser einfach machen, sich ins viktorianische England zu versetzen. Außerdem ist es ein prima Anreiz sich mit Autoren wie Collins, Dickens, Poe, etc... eingehender zu beschäftigen, wenn man dies nicht bereits getan hat.


    Allerdings hat das Buch auch ein paar Längen. Während zu Anfang die Ereignisse um das Auffinden des toten Kindes und die einsetzende Ermittlungsarbeit den Leser in den Bann ziehen, wirkt es in der Mitte ein wenig ermüdend. Der bis dahin unaufgeklärte Fall ruht, Whicher ist in der Öffentlichkeit in Ungnade gefallen und es geht einige Seiten lang hauptsächlich um Literaturverweise und die weiteren Lebenswege der handelnden Personen. Mir wurden besonders die Literaturverweise dann doch etwas zu viel.


    Wie eingangs bereits erwähnt: Man hat es hier mit einem Sachbuch zu tun und die Wirklichkeit ist nun einmal meist nicht so stringent und spannend wie ein durchkonstruierter Roman. Zweifel an der Täterschaft der für den Mord verurteilten Person bleiben bis heute bestehen.


    Wertung: 4ratten

    &quot;Wenn es mir schlecht geht, gehe ich nicht in die Apotheke, sondern zu meinem Buchhändler&quot; (Philippe Dijan)<br /><br />[url=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/11612.0.html]Mein SUB[/url

  • Meine Meinung:
    Kate Summerscale bietet einen Überblick über den Mordfall im Haus der Familie Kent. Dabei bleibt sie objektiv und stellt nur die Vermutungen dar, die damals von Zeitgenossen gemacht wurden. Im Mittelpunkt steht dabei wie der Titel ja auch suggeriert, der Verdacht den der ermittelnde Inspektor gegenüber einem Familienmitglied hegt. Ich persönlich fand vor allem positiv das die Autorin sich nicht in eigene Spekulationen verrennt und sich auf die Fakten und eben überliefertes konzentriert.


    Schade fand ich, dass sie ihre Idee, welche Romane der damaligen Zeit wohl von diesem Fall inspiriert wurden, nicht ausbaut und ihnen ein eigenes Kapitel gönnt. So lässt sie zwar diese immer wieder mit einfließen, an manchen Stellen ist das aber einfach nur Lückenfüllerei, wie ich finde. Sie schweift einfach an falscher Stelle ab und man vergisst was sie eigentlich zu Beginn des Kapitels erzählen oder erklären wollte. Gerade das zum Beispiel Charles Dickens in Korrespondenz mit Whicher persönlich stand, fand ich eigentlich sehr interessant. Ich hatte zum Teil den Eindruck, das sich die Autorin nicht so ganz entscheiden konnte in wie weit sie der Literaturgeschichte im Buch wirklich Raum geben möchte. Außerdem bleibt die manchmal etwas zu sehr an der Oberfläche auch wenn sie versucht ein Bild der damaligen viktorianischen Gesellschaft zu bieten, finde ich das ihr das nicht immer so gelingt das man als Leser nachvollziehen kann, was an dem Fall eigentlich wirklich das Schockierende für diese darstellt. Zu dem stützt sie sich zum Teil auf recht veraltete Literatur zum Thema, was für mich ein weiterer Minuspunkt ist, auch von einer Sachbuchautorin kann ich erwarten das sie sich neuere Forschungsliteratur zumindest mal anschaut.


    Dennoch hat mir das Buch insgesamt ganz gut gefallen. Es gibt Kapitel die sind gelungen und gibt welche die sind es weniger. Aber ich habe mit Interesse weiter gelesen und mir so ein erstes Bild über den Fall machen können. Zu dem fand ich es durchaus interessant zu lesen was mit den Familienmitgliedern weiterhin passiert und letztendlich hatte ich am Ende schon das Gefühl das in diesem Fall doch noch Ungereimtheiten vorhanden sind. Ich denke genau das macht den Fall wohl nach wie vor so interessant. Es hat eben doch etwas von einem Detektivroman, den Whicher war zu seiner Zeit ein hoch angesehener Polizist der einen guten Ruf inne hatte und einem Mysterium das auch einem Leser noch genug Spielraum bietet um eigene Spekulationen an zu stellen. Schade das man dabei schnell vergisst das es eigentlich um einen Jungen ging, ein Kind, denn dieses tritt automatisch in den Hintergrund. Auch der Autorin fällt das am Ende auf und vermerkt es in ihrem abschließenden Kapitel.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ach, HoldenCaulfield, du liest einfach viel zu viele interessante Bücher. :zwinker: Jetzt "musste" ich mir dieses auch wieder bestellen! Freu mich schon aufs Lesen!

    Gruß suray


  • . Ich hatte zum Teil den Eindruck, das sich die Autorin nicht so ganz entscheiden konnte in wie weit sie der Literaturgeschichte im Buch wirklich Raum geben möchte. Außerdem bleibt die manchmal etwas zu sehr an der Oberfläche auch wenn sie versucht ein Bild der damaligen viktorianischen Gesellschaft zu bieten, finde ich das ihr das nicht immer so gelingt das man als Leser nachvollziehen kann, was an dem Fall eigentlich wirklich das Schockierende für diese darstellt. Zu dem stützt sie sich zum Teil auf recht veraltete Literatur zum Thema, was für mich ein weiterer Minuspunkt ist, auch von einer Sachbuchautorin kann ich erwarten das sie sich neuere Forschungsliteratur zumindest mal anschaut.


    Ich habe es ähnlich empfunden. Stellenweise kam mir ihr Schreibstil aber auch einfach nicht geordnet genug vor, weil sie erst vom Fall berichtet und wie Whicher ermittelt und dann geht es wieder um alte Fälle des Ermittlers. Irgendwie wurde ich das Gefühl nicht los, dass sie einfach erst einmal geschrieben hat und sich keine richtigen Gedanken um eine Struktur gemacht hat.
    Dadurch ging für mich vieles verloren, was an dem Fall spektakulär war, weil ich immer wieder herausgerissen wurde und mit anderen Informationen versorgt wurde.


    Ihre Darstellungen sind zweifelsohne gut und ich fand die Beschreibungen zum früheren England auch gelungen. Zu den einzelnen Personen hätte ich mir manchmal mehr Details gewünscht (oder nicht so verteilt über das Buch hinweg?).
    Mr Whicher fand ich zudem eine sehr spannende Persönlichkeit, der herausragende Arbeit geleistet hat.


    Alles in allem fand ich das Buch spannend, aber nicht so herausragend, dass ich es nochmals lesen werde, würde ich vermuten.


    3ratten