Mats Strandberg - Halbes Leben

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    Innenleben
    [size=7pt]v. Dorothy Parker[/size]


    Im stillen Zimmer, schmal und hoch,
    wohnt nur mehr ihr Verstand.
    Die hübschen Lampen scheinen noch,
    auf Motti an der Wand.


    Adrett lebt ihr Verstand, apart
    von Kälte, Lärm und Schmerz,
    froh, dass sie keinen Schlüssel hat,
    denn draußen heult ihr Herz.
    ____________


    Mit diesem kurzen Gedicht beginnt Jessicas Geschichte.
    "Verzeih mir. Ich kann nicht sagen, warum. Such mich nicht. Hass mich nicht."
    Mehr steht nicht auf der kurzen Notiz, die ihr Freund Jakob ihr hinterlässt, als er plötzlich ohne ein Wort verschwindet. Und dann bricht Jessicas Welt zusammen, sie wird krank, braucht Medikamente, eine Therapie.


    Das alles wird auf wenigen Seiten erzählt, und es ist auch schon Jahre her, als Jessica die Nachricht ereilt, dass ihre Großmutter verstorben ist. Sie fährt zu dem Ort, an dem diese mit ihrem Mann und ihrem Bruder gelebt hat, froh darüber, eine Weile aus Stockholm verschwinden zu können, denn dort fühlt sie sich nicht wohl seit dem Zusammenbruch.
    Die beste Freundin der Großmutter übergibt Jessica ein Buch, welches die Verstorbene, im Bewusstsein über ihre Krankheit, noch an Jessica schreiben konnte, in dem sie ihr eigenes Leben schildert - und welches Geheimnis jahrelang ohne Jessicas Wissen über der Familie schwebte.


    Und dann, als Jessica glaubt, langsam im Leben wieder Fuß zu fassen, meint sie, an einer Tankstelle Jakob gesehen zu haben.


    Meine Meinung:
    Das alles klang so spannend, dass ich mir das Buch aus der Bücherei ausgeliehen und in kürzester Zeit durchgelesen habe (knapp über 300 Seiten).
    Es ist eine Mischung aus ein bisschen Krimi und viel Kate Morton im Schnelldurchlauf. Der Part mit dem Schicksal der Großmutter hat mir mit Abstand am besten gefallen, denn seit besagter Kate Morton und "Das Herz der Nacht" von Judith Lennox mag ich solche Familiengeschichten sehr!


    Jessica ist ein sehr stiller Charakter, dem man durch die Schreibweise ihre depressive Art sofort abnimmt, und hier warne ich den interessierten Leser: das Buch zieht einen schon etwas herunter, es ist keine Wohlfühl-Sommerlektüre.
    Außerdem ist es im Präsens geschrieben (abgesehen von dem Tagebuch der Großmutter), das ist auch nicht jedermanns Sache. Hier hat es mich aber nicht gestört, ich finde, dadurch wird Jessicas resignierte und lethargische Art nur noch unterstrichen.


    Einzig das Ende bzw. die Auflösung, warum Jakob verschwunden ist, passt irgendwie nicht in das Gesamtbild hinein. Da schmeckte es mir plötzlich zu sehr nach amerikanischem Krimi/Thriller.


    Doch trotzdem wird mir das Buch noch lange im Kopf herum spuken, und bereits nach den ersten Seiten, ganz sicher aber nach dem Ende, versteht man das Gedicht von Dorothy Parker, das dem Roman eine zusätzliche melancholische Färbung gibt.


    4ratten

    "Verzicht bedeutet für Frauen die kurze Pause zwischen zwei Wünschen."

    ~ Mario Adorf