Hundert Jahre Einsamkeit
So genau wusste ich nicht, was mich bei “Hundert Jahre Einsamkeit" erwarten würde. Nach den ersten Kapiteln und knapp hundert Seiten weiß ich es immer noch nicht. Eine Familienchronik? Magischer Realismus? Klar. Und mehr. Und irgendwie auch weniger.
Meine Ausgabe ist von 1988 und die Übersetzung aus dem Jahr 1970 schon ein wenig angestaubt. Unabhängig von der Übersetzung empfinde ich das Erzählte allerdings ein wenig chaotisch. Garcia Marquez springt innerhalb eines Kapitels zwischen den Zeiten und einzelnen Erzählsträngen hin und her. Die Sprünge sind minimal und deswegen vielleicht umso irritierender für mich, bisher konnte ich noch nicht in die Erzählung abtauchen.
Es beginnt mit einem Rückblick aus fernerer Zukunft auf einen Zeitpunkt in naher Zukunft, bevor es schrittweise zum eigentlichen Anfang der Handlung geht. Das erste Kapitel ist ein Rückblick im Zeitraffer, wortwörtlich die letzten Gedanken vor einem Erschießungskommando.
Das folgende Kapitel nimmt dann den Faden am Anfang auf und berichtet von der Hochzeit der Buendia, einem Mord und den Ereignissen bis zur Gründung von Macondo. Zusätzlich werden ein paar der handelnden Personen vorgestellt mit besonderem Fokus auf den jüngeren José Arcadio. Eine weitere Rolle spielen die Zigeuner - wurde dieser Begriff in der neuen Übersetzung ebenfalls gewählt? Und das wissenschaftliche und alchemistische Interesse von Vater und Sohn.
Andere Schriftsteller hätten schon daraus ein vollständiges Buch geschaffen.
Das folgende Kapitel ist geprägt von der Ankunft von Rebeca, der Schlaflosigkeitsplage sowie dem Auftauchen des Landrichters. Garcia Marquez springt munter zwischen den Geschehnissen hin und her, einges wirkt surreal, manches unausgegoren. Das vierte Kapitel hält einige romantische Verwicklungen bereit. Und auch hier wird viel beschrieben und wenig gefühlt. So bleiben mir Beweggründe fremd und Taten nicht nachvollziehbar. Manches möchte ich auch gar nicht verstehen.
Soll da wirklich ein kleines Mädchen, ein Kind, entgegen der Bedenken der Eltern verheiratet werden? Weil ein erwachsener Mann, ja was, nahezu obsessiv von ihr besessen ist? Beschreibt Garcia Marquez das tatsächlich ohne es einzuordnen und zu hinterfragen?
Ich hoffe, ich finde bald einen besseren Zugang zum Buch…