Hermann Ungar - Die Klasse

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    Inhalt:
    Der Schüler ist der natürliche Feind des Lehrers. Das jedenfalls meint Josef Blau, ein Getriebener seines eigenen Wahns. Das Betreten der Klasse treibt ihm Schweißperlen auf die Stirn und der Unterricht verursacht ihm Angstzustände. Ungars parabelhafter Roman demonstriert am Beispiel eines paranoiden Lehrers, was die Idee totaler Zucht und Ordnung aus freien Individuen macht: Nur mit Strenge meint Josef Blau dem drohenden Anarchismus der Klasse Einhalt gebieten zu können. Was für die Schule gilt, gilt für die ganze Gesellschaft, und so gebärdet sich der Schreckenspauker auch in seinem Privatleben als Tyrann. Je verzweifelter er versucht, sein Kleinbürgerdasein zu beschützen, desto tiefer manövriert er sich und seine Umwelt in einen fatalen Teufelskreis aus Depression, Schuldkomplexen und Despotismus. (Quelle: Amazon)


    Der Lehrer Josef Blau erwartet nur Schlechtes von seinen Schülern und verhält sich so distanziert und misstrauisch, dass ein gegenseitiges aufeinander Zugehen unmöglich ist. Keine Chance, Vorurteile ab- und Vertrauen aufzubauen, stattdessen ein ständiges Lauern, ob die Schüler ihm irgendwie schaden wollen und Komplotte gegen ihn schmieden. Die wichtige Rolle, die er als Lehrer im Leben der 14- und 15-jährigen Jungen spielt, kann er in keiner Weise positiv besetzen. Ursachen dafür sind sein ausgeprägter Minderwertigkeitskomplex und die Erkenntnis, dass die Schüler gesellschaftlich fast ausnahmslos über ihm stehen. Auch im Privatleben verhält sich Josef Blau ähnlich. Er hat keine Freunde und die Beziehung zu seiner Frau ist eher von Argwohn als von Nähe geprägt. Da ihm bewusst ist, dass sein wenig ansehnliches Äußeres und sein Mangel an inneren Werten wenig Anziehungskraft bieten, versucht er, sie für andere Männer unattraktiv zu machen, indem er ihr geschmacklose Kleidung und Frisur aufdrängt.


    Josef Blau ist so von seinen negativen Vorstellungen eingenommen, dass er nicht erkennt, wann ihm andere Menschen offenherzig entgegenkommen. Er vermutet hinter jedem Verhalten niederträchtige Beweggründe, denen er nur mit rigorosem Handeln entgegnen kann, bis er eines Tages eine Reaktion von ungeahnter Tragweite hervorruft.


    Im Grund ist die Geschichte interessant, weil sie zeigt, welche negativen Entwicklungen Abhängigkeitsverhältnisse annehmen können. Leider bleiben die Figuren oberflächlich, es ist fast unmöglich, eine Beziehung zu ihnen aufzubauen oder auch nur Interesse für sie zu erwecken. Es kommt zwar Mitleid auf für die Menschen, die unter Josef Blau leiden, aber da der Inhalt sehr von ihm und seinem Denken dominiert wird und eine unwillkürliche Ablehnungshaltung aufbaut, bleibt kaum Platz für wohlwollende Empfindungen. Über der ganzen Erzählung schwebt eine düstere Stimmung, die ein beklemmendes Gefühl verursacht und einen unangenehmen Nachgeschmack hinterlässt.


    Stilistisch war es auch nicht direkt ein Leckerbissen, aber immerhin hat der karge Stil zur Handlung gepasst.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus: