Andrea Gunschera - Purpurdämmern

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  • Purpurdämmern von Andrea Gunschera


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    Klappentext:
    Ken lebt in Detroit mit einem prügelnden Vater, einer Mutter, die sich vor der Gewalt in eine Traumwelt flüchtet, und einem kleinkriminellen Bruder. In einem alten Straßenbahndepot, in das Ken flieht, wenn er es zu Hause nicht mehr aushält, kommt es eines Tages zu einer wundersamen Begegnung mit der schönsten jungen Frau, die Ken je gesehen hat. Alles, was von dem flüchtigen Besuch bleibt, ist eine Akelei-Blüte, die auch Jahre später nicht verwelkt ist, als Ken die junge Frau wiedersieht – die dieses Mal gekommen ist, um ihn auf das unvorstellbarste Abenteuer seines Lebens mitzunehmen.


    Gebundene Ausgabe: 511 Seiten
    Verlag: Ueberreuter; Auflage: 1 (17. Januar 2013)



    "Stell dir vor, diese Realität ist nur eine neben vielen anderen. Das Universum besteht aus tausend Spiegeln, in den unmöglichsten Winkeln zueinander verdreht. Diese Welt könnte der Traum eines Drachens sein, der auf dem Grund eines Ozeans schlummert. Und vielleicht ist das, was du in deinen Träumen siehst, wiederum die Reflexion der Drachen-Sphäre auf einer Pfütze."


    Der Klappentext bereitet nicht im Mindesten darauf vor, was den Leser zwischen den beiden wunderschön mit scharlachroten Blütenmotiven bedruckten Leinendeckeln erwartet.
    Kurzbeschreibung und Covermotiv lassen auf sommerlich-leichte Jugend-Romantasy schließen, und als Fan der City of Angels Serie war ich schon gespannt, wie sich das mit den anderen Büchern der Autorin verträgt. Die Antwort: Dieses Buch ist vollständig anders als das, was ich erwartet habe. Es ist prallste, farbenprächtigste Fantasy mit zum Teil jugendlichen Protagonisten, aber sehr erwachsenen Problemen. Romantik spielt eine eher zurückhaltende Rolle, obwohl unzweifelhaft vorhanden. Dafür geht es in Sachen Spannung, Action und hirnverdrehenden Rätseln umso stärker zur Sache. Purpurdämmern liest sich nicht mal eben so weg - aber belohnt dafür mit umso intensiveren Bildern. Wenn man das Buch gelesen hat, bekommt das Cover-Motiv übrigens eine ganz neue Bedeutung, vor allem fallen einem dann auch die düsterschwarzen Linien auf, die die purpurfarbenen Blüten umrahmen...


    Aber nun zur Handlung:
    Der siebzehnjährige Ken, der es mit einem prügelnden Vater, einem kleinkriminellen Bruder und einer leicht verrückten Mutter nicht gerade leicht hat, zieht sich nach der Schule am liebsten in ein Geheimversteck in einer leerstehenden Bahnhofsruine zurück. Eines Tages taucht dort Marielle auf, eine Prinzessin aus einer märchenhaften fremden Welt, die vor einer Zwangsehe davonläuft - und deren Anblick Kens Herz sofort höher schlagen lässt. Ihr folgt dichtauf der Krieger-Magier Santino, ein Mann mit fragwürdiger Vergangenheit, der als ihr Lehrer und Beschützer fungiert und sie zurückbringen soll. Eher zufällig kreuzt er Kens Weg und rettet ihn vor einer Handvoll Schläger. Ohne es zunächst zu bemerken, treten sie beide gemeinsam durch ein Tor in die unheimliche Sphäre des Dämmer-Detroit, in die sich Marielle geflüchtet hat.
    Dämmer-Detroit ist, ebenso wie Marielles Heimatwelt, von der Zerstörung durch ein mysteriöses Unheil bedroht. Riesige Risse klaffen am Himmel. Alptraumhafte Spalthunde und andere Monstren strömen aus den grün wabernden Klüften. Der Weg zurück ist zunächst versperrt. Ken lernt, dass seine Realität nur eine unter vielen ist.
    Von hier an nimmt eine vielfach verschlungene und faszinierende Geschichte ihren Lauf, in der Ken ein unerwartetes Talent in sich entdeckt und sehr persönlichen Geheimnissen auf die Spur kommt, während er zugleich um Marielles Zuneigung ringt und sich in einer Umgebung bewähren muss, in der hinter jeder Ecke eine Bedrohung lauert.
    'Purpurdämmern' ist waschechte Fantasy, die der bedrückenden Realität von Kens Heimat, einem heruntergekommen und hoffnungslosen Detroit, ein Kaleidoskop faszinierender Märchen-Schauplätze entgegensetzt. Die reichen von glitzernden Alabasterpalästen und Blumenfeldern in Marielles Heimatwelt über schaurige Spukwälder bis hin zu einer endzeitlichen Vision von Dämmer-Detroit, bei der man sich in die Welt von Blade Runner versetzt fühlt. Alles scheint möglich in diesem Spektrum magischer Sphären. Hat man sich einmal darauf eingelassen, versinkt man in Breitbildkino, einer dichten Mischung aus Action, Humor, einer Prise Romantik, der einen oder anderen überraschenden Wende und sogar ein wenig durchschimmernder Epik. Neben den beiden Jugendlichen Ken und Marielle ist es vor allem Santino, der fasziniert, ein zeitloser Kriegermagier mit einer verlorenen Liebe, einer düsteren Vergangenheit, einer mitunter zu amüsanter Verzweiflung treibenden Aufsichtspflicht für zwei Teenager und jeder Menge alten und neuen Feinden.
    Das Ende schließt die Geschichte befriedigend ab, lässt aber Fragen offen, die nach einer Fortsetzung rufen.
    Als kleine Nörgelei sei anzumerken, dass das Buch Zeit braucht, um seinen Sog zu entfalten. Als Leser wird man zu Beginn mitunter überfahren von dem Konzept der fremdartigen Welten und der teils komplizierten, keltisch inspirierten Namen. Die Erzählstränge von Ken und Marielle beginnen zuerst getrennt, Ken in dem normalen, modernen Detroit, Marielle dagegen am Königshof einer märchenhaften Zauberwelt. Das fügt man nicht sofort zusammen, auch wenn bereits der Prolog die Verbindung andeutet. Doch die Geduld wird belohnt. Sobald die Wege der Protagonisten sich kreuzen, ergibt alles Sinn. Und dann kann man eigentlich nicht mehr aufhören zu lesen.
    Ich fühlte mich verzaubert, gebannt und in wundersame Welten entführt, aber zugleich auch herausgefordert, denn die Geschichte lädt zum Spekulieren ein und schlägt mitunter unerwartete Haken. Es gibt allwissende Blumen, eine bunte, naseweise, sprechende Katze, einen Buchstabensammler, der ein mächtiger Magier ist, zähnefletschende Monstrositäten und hirnverdrehende Gespinstgeister, die unter Brücken und auf Freeways ihr Unwesen treiben. Es mangelt nicht an Verzweiflung, Leidenschaft, an Lebensfreude, Intrigen und Verrat.
    'Purpurdämmern' ist die andere Seite hinter dem magischen Spiegel.
    Man muss hindurchtreten, sich darauf einlassen, und wird überreichlich belohnt - mit außergewöhnlich märchenhafter und farbenprächtiger Fantasy, die mit tollen Ideen, einer komplexen Geschichte und facettenreichen Charakteren aufwartet.
    Ein Fest für alle, die Phantastik lieben.


    5ratten


    EDIT: Betreff angepasst. LG, Saltanah

    :lesen: Anna im blutroten Kleid

    Einmal editiert, zuletzt von Saltanah ()

  • Das Buch hat mir auch total gut gefallen, schon die Aufmachung ist wunderschön und der Inhalt ebenso.
    Ich fürchte nur, ich bringe keine Rezi mehr zustande, da es so unglaublich voller Details und Ideen steckte!


    Ich drücke ganz fest die Daumen für einen zweiten Teil, von dieser Geschichte hätte ich sehr gerne mehr!

    LG, Dani


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  • Ich hatte es in einer Leserunde mitgelesen, und da wurde gesagt, dass eine Fortsetzung wohl nicht unwahrscheinlich wäre. Ich fände das auch toll, vor allem gibt es noch so viele offene Fragen.

    :lesen: Anna im blutroten Kleid

  • Da war ich auch dabei, deswegen drück ich ja die Daumen :breitgrins:

    LG, Dani


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  • Überreuter hatte es vor kurzem in einer Aktion auf Amazon vergünstigt, Spatzi hat es empfohlen und auch wenn ich nichts von dem tollen Cover habe, ist es auf meinem Reader gelandet.


    Gestern ausgelesen und noch immer bin ich ganz gefangen in der Geschichte und den Welten. Auch wenn es am Anfang relativ lange gedauert hat, so richtig drinnen im Buch war ich erst, als sich beiden Stränge zu einem verbunden haben. Was aber durchaus an 2 Dingen liegt, zum Einen lese ich sehr wenig Fantasy bzw. kenne ich aus dem Genre noch fast nichts. Zum Anderen ist das Buch sehr geballt, mit vielen Ideen und Details, aber auch sehr vielen Geschichten vor der Geschichte zu manchen Figuren. Da war es nicht immer leicht den Überblick zu behalten. Vor allem schreit das Ganze einfach nach einer Fortsetzung, ich hoffe die Autorin sitzt bereits daran, das wäre toll.


    Schade fand ich, dass ein paar Dinge doch vorhersehbar waren und dass Kens Leben bevor er auf Marielle trifft so wenig Raum, Zeit und Platz einnimmt.

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh

  • Freut mich, dass meine Empfehlung doch zumindest teilweise gefallen hat - ich hoffe auch sehr, dass Band 2 bald kommt!

    LG, Dani


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  • Freut mich, dass meine Empfehlung doch zumindest teilweise gefallen hat - ich hoffe auch sehr, dass Band 2 bald kommt!


    Mehr als teilweise, aber stellenweise hatte ich schon arg das Gefühl dass es sich um einen "Einführungsband" in die Welt(en) handelt. Da bleibt noch einiges offen. Andererseits ist das Buch erst letztes Jahr erschienen.

    Das Leben besteht aus vielen kleinen Münzen, und wer sie aufzuheben versteht, hat ein Vermögen.<br />Jean Anouilh

  • Kens Heimat ist Detroit, eine Stadt mit extrem hoher Verbrechensrate. Auch sein Vater und sein älterer Bruder Pat sind nicht auf der Seite des Gesetzes und während er für den einen gegen seinen Willen oft Schmiere stehen muss, prügelt der andere gerne auf ihn und seine Mutter ein. Um ihnen zu entgehen, flüchtet er sich oft in ein altes Depot, in dem er seine Schätze aufbewahrt und abwartet, bis sich zu Hause wieder alles ein wenig beruhigt hat. Hier trifft er auch das erste Mal auf Marielle, eine Prinzessin aus einer anderen Welt, die völlig unwirklich auftaucht und wieder verschwindet und ihm dabei nur eine außergewöhnliche Blüte als Erinnerung hinterlässt.


    Erst Jahre später begegnet er ihr erneut, als er sich gemeinsam mit ihrem Lehrer, dem Magier Santino, der ihm in einer bedrohlichen Situation das Leben rettet, unfreiwilligerweise auf die Suche nach ihr macht. Auf diese Weise entdeckt er das Geheimnis von parallelen Welten und von Magie und begibt sich dabei in ungeahnte Gefahren. Er genießt die Flucht aus seiner Realität und erkennt dabei Fähigkeiten an sich, die er bislang nicht für möglich gehalten hätte. Die beginnenden Gefühle für Marielle stellen sein Leben vollends auf den Kopf und gemeinsam versuchen sie nicht nur ihr Leben, sondern auch die Zukunft zu retten. Wird es ihnen gelingen?


    Der im Überreuther Verlag erschienene Roman "Purpurdämmern" von Andrea Gunschera ist ein Jugendfantasyroman, der mit dichter Atmosphäre zu überzeugen weiß und ein Zeugnis des vielfältigen, schriftstellerischen Talents der Autorin ist, die sich mit diesem Buch auf für sie ungewohntes Terrain begeben hat.


    Angezogen von dem wunderschönen Cover des in Leinen gehüllten Buches und einer Begeisterung für die "City of Angels"-Reihe der Autorin, fand sich das 510 Seiten starke Buch ziemlich schnell in meinem Bücherregal wieder und ist dort eine echte Augenweide.


    Zum Anfang fiel es mir ein wenig schwer, in die Geschichte hineinzufinden, da ich mich nicht nur mit unheimlich vielen Informationen, Handlungen und fremdklingenden Namen konfrontiert sah, sondern zunächst parallel dazu natürlich auch versucht habe, die komplexe Welt der Protagonisten zu verstehen. Inhaltlich hatte ich ab und an das Gefühl ein wenig in den High Fantasy-Bereich abzudriften und die actiongeladene Handlung in der ersten Hälfte des Buches ließ mich zwischendurch gar nicht richtig zu Atem kommen. Doch der flüssige Schreibstil der Autorin trieb mich stetig voran, so dass ich mich spätestens ab der zweiten Hälfte des Buches gefesselt fühlte und die Lektüre auch nicht mehr unterbrechen mochte.


    Auch zu den Charakteren habe ich erst allmählich Zugang gefunden, aber besonders Ken war mir ausgesprochen sympathisch, so dass ich sein Schicksal mit Bangen verfolgt habe. Aufgewachsen in einem sogenannten schwierigen Elternhaus, in dem der Vater regelmäßig alle anderen windelweich prügelt, der ältere Bruder zu dessen Kopie mutiert und vor Verbrechen keinen Halt macht, und die Mutter sich scheinbar regelmäßig in eine Fantasiewelt flüchtet, hat es Ken im Alltag nicht leicht. Seine Mitmenschen haben ihn bereits als Kind in die ihm zugedachte Schublade gestopft und insbesondere in der Schule hat er es sehr schwer. Als angeblicher "bad boy" stellt ihm Julie, die High School Queen und Zicke vom Dienst, vergeblich nach und die Direktorin möchte ihn lieber heute als morgen von der Schule werfen. Einzig ein Lehrer glaubt an Ken und bereitet ihn auf ein mögiches Stipendium am College vor. Ein Verbrechen seines Bruders und eine fiese Falschaussage von Julie drohen seine Bemühungen zunichte zu machen, als sich plötzlich ungeahnte Möglichkeiten in fremden Welten für Ken auftun.


    Marielle ist die Tochter und Erbin des Königs von Tír na Mórí und soll aufgrund von Rissen im Gewebe ihrer Welt zeitnah mit Newan, dem Enkel der Königin von Tír na Avalâín vermählt werden. Ein gemeinsamer Erbe der beiden Licht- und Nebel-Fayeí gilt als einziges Mittel zur Rettung ihrer Welt. Doch Marielle ist jung, ungestüm und gewöhnt ihren kleinen Kopf durchzusetzen und büxt ohne Berücksichtigung der Folgen aus. Hier kommt ihr ihr ungewöhnliches Talent zu Hilfe, mit dem sie Tore in fremde Welten errichten kann. Auf diese Weise landet sie auch in Kens Welt. Doch ihr Lehrer Santino ist ihr bereits auf den Fersen. Leider hat es Marielle noch nicht gelernt, Rücksicht auf andere Menschen zu nehmen und zu versuchen, hinter deren Beweggründe und Gefühle zu schauen. Das lässt sie zwar unterhaltsam, aber leider nicht so sympathisch erscheinen, wie ich es mir für sie erhofft habe. Doch Ansätze einer Entwicklung ihres Charakters sind durchaus spürbar und diesbezüglich hoffe ich sehr auf eine Fortsetzung der Geschichte.


    Besonders gut gefallen hat mir auch die vorwitzige und besserwisserische Purpurkatze "Nessa", die Marielle beratend zur Seite steht. Sie kann sich in Gedanken mit den Menschen unterhalten und steuert immer wieder einmal bissige Kommentare bei, die die Handlung angenehm auflockerten.


    "Purpurdämmern" ist ein atmosphärisch dicht geschriebener Jugendfantasyroman, der vor allem in der zweiten Hälfte spannend und fesselnd ist. Die Geschichte profitiert nicht nur von dem sicheren und gekonnten Schreibstil der Autorin, sondern auch von der phantasiegeladenen Handlung, die von gut umgesetztem Ideenreichtum nur so strotzte. Wer als Leser seichte Jugendfantasy mit 0815-Handlung erwartet, sollte sich jedoch lieber nach einem anderen Buch umsehen, denn mit "Purpurdämmern" erwartet einen eine anspruchsvolle Geschichte, die die volle Konzentration ihres Lesers erfordert. Wer hierzu bereit ist, wird mit einer phantastischen Welt belohnt werden, deren Fesseln man sich nicht so leicht entziehen kann. Das Ende ist zum Glück kein böser Cliffhanger, hat aber trotzdem ganz viel Potential für eine Fortsetzung. Ich wäre auf jeden Fall gerne wieder dabei.