Kate Summerscale - Die Verfehlungen einer Lady: Der Fall Mrs. Robinson

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    Titel: Die Verfehlungen einer Lady: Der Fall Mrs. Robinson
    Autor: Kate Summerscale


    Allgemein:
    200 S., Bloomsbury, 2013


    Inhalt:
    England Mitte des 19. Jahrhunderts: Isabelle Robinson, das zweite Mal verheiratet, zwei Kinder, ist in ihrer Ehe unglücklich und schreibt über Jahre hinweg ein Tagebuch das sie mit intimen Träumen, Wünschen und Gedanken füllt. Ihr Ehemann findet dieses Tagebuch und nimmt es zum Anlass die Ehe zu anulieren und seine Frau auf Ehebruch zu verklagen - dazu muss man wissen das zu dieser Zeit das Scheidungsrecht gerade reformiert wurde und daher Ehen auch schneller und einfacher geschieden werden konnten. Solche Prozesse zu Mal aus der höheren Gesellschaft, erweckten sehr schnell das Interesse der Öffentlichkeit und die Presse schlachtete den Fall dann auch genüßlich aus.
    Kate Summerscale stellt den Fall als Geselschaftsportrait dar und versucht auch darzustellen weshalb das Tagebuch so eine Schlüsselrolle inne hatte, obwohl lange nicht ganz klar war, ob es reale Ereignisse schildert.


    Meine Meinung:
    Aus unerfindlichem Grund finden sich Kate Summerscale Bücher in vielen Bibliotheken bei den Romanen wieder. Und das obwohl sie eigentlich bei den historischen Sachbüchern besser aufgehoben wären. Denn in diesem Fall dokumentiert und rekonstruiert die Autorin zwar einen waren Fall, schreibt aber keinen Roman. Sie versucht die wahren Ereignisse auf zu zeigen. Dabei zeichnet sie mit Hilfe verschiedenster Quellen (die sie durch Fußnoten auch kennzeichnet) ein Bild der Viktorianischen Gesellschaft das es vor allem Frauen unglaublich schwer macht sich selbst zu entfalten.

    Gerade Frauen der Oberschicht waren eng in den Konventionen gefangen und standen als Vorbild sittlicher Moral stark im Fokus der Öffentlichkeit sobald sie den Vorstellungen nicht entsprachen. Erschreckend ist dabei wie die Tagebucheinträge der Beschuldigten in die Öffentlichkeit gezerrt wurden und wie sie dann als sich abzeichnete das sie den Fall gegen ihren Mann gewinnen würde, trotzdem einzig positiv für die beteiligten Männer ausfiel. Gerade die Betonung auf ihre angeschlagene Gesundheit (vermutlich eine Depression aus heutiger Sicht) wird dabei zentral und wiederum stark betont. Ich war sehr erschüttert darüber wie schnell man der Frau alle Schuld gab und der Mann es verstand sich aus der Affaire zu ziehen oder sich selbst in ein weit positiveres Licht dazustellen. Das zum Beispiel Mrs. Robinsons Mann ebenfalls eine Affaire hat, wird zu keinem Zeitpunkt Gegenstand der Verhandlung- er hatte sogar zwei Kinder aus dieser Affäre. Es geht allein darum seine Ehefrau negativ zu zeigen. Das er vor allem deshalb eine Heirat mit ihr eingegangen war um seine finanziellen Probleme lösen zu können, ihr persönliches Unglück daraus, auch das wird ihm niemals negativ ausgelegt.
    Für mich bleibt ein sehr bitterer Nachgeschmack, vor allem weil Mrs. Robinson nach dem Prozess nur noch negative Erfahrungen gemacht hat, während ihr Exmann wieder geheiratet hat und im Grunde so weiter leben konnte wie bisher. Interessant waren aber auch die Menschen aus ihrem Umfeld, die noch einmal zeigen welchen Stellenwert ein solcher Prozess in der Öffentlichkeit hatte aber auch in welchen Kreisen die Familie sich bewegt hat.
    Wer sich für die viktorianische Gesellschaft interessiert findet hier jedenfalls einen interessanten Zugang.

  • Ich habe auch ein Buch von Kate Summerscale (und das sogar beim SLW 2014 angemeldet, wenn ich mich recht erinnere). Das Buch hier klingt auch interessant. Mal sehen, ob ich mehr Bücher von ihr lese, wenn mir das eine, was ich habe, gefällt. :winken:

  • Den Mr. Whicher habe ich ja auch gelesen. Mein Problem damals war, das mir nicht klar war das es kein Roman ist. Die Werbung dafür (ich hab es damals in England gekauft) war irgendwie eher auf einen Roman ausgerichtet. Deshalb fand ich es zeitweise etwas ermüdend. Dieses Mal wusste ich ja schon was mich erwarten würde. (Ich hab das Buch nun auch schon wieder vor einiger Zeit gelesen, war nur etwas Rezifaul in letzter Zeit *g*)

  • Gut, dass du mich nun darauf aufmerksam gemacht hast, dass ich es nicht wie einen Roman lesen sollte. Ich bin gespannt! Wann ist 2014, damit ich anfangen kann?!