Alaya Dawn Johnson - The Summer Prince

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 1.256 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Wendy.

  • Hallo ihr Lieben!


    Wieder so ein Buch, das ich allen ans Herz legen möchte, wovon ich aber keine deutsche Übersetzung finde. :traurig:


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    Inhalt:
    Die glänzende Pyramidenstadt Palmares Tres vereint Tech und Tradition, shreiende Klatschreporter und geübte Politiker. Mitten in der Metropole erschafft June Costa Kunst, von der sie sich Ruhm und Anerkennung erhofft. Doch ihre Träume, mehr als nur eine Künstlerin unter vielen zu sein, verändert sich als sie Enki trifft, den charismatischen neuen Sommerkönig. Die gesamte Stadt verliebt sich in Enki, darunter auch Junes bester Freund Gil. Doch June sieht in Enke mehr als schöne Augen und einen tödlichen Samba. Sie sieht einen Künstler.


    Zusammen kreieren June und Enki explosive Kunstprojekte, die Palmares Tres nie vergessen wird. Sie schüren das Feuer der wachsenden Rebellion gegen die Regierung und ihre strengen Gesetze gegen neue Technologien. Und June verliebt sich tragisch in Enki - tragisch, weil Enki, wie alle Sommerkönige vor ihm, bald sterben wird.


    Meine Meinung:
    Mir fällt es unheimlich schwer, meine Gefühle in sinnvolle Worte zu packen. Dieses eher dünne Buch steckt so voller Ideen, dass man nicht weiß, wo man anfangen soll. Sollte ich zwischendurch in Begeisterungsschreie ausbrechen - verzeiht mir. :breitgrins:


    June Costa ist eine waka - ein Mädchen der jüngeren Generation. In dieser futuristischen Version von Brasilien lebt man inzwischen problemlos bis man 150 Jahre alt ist, manche sogar noch länger. Nach Atomkriegen und (vermutlich) einem Virus, ist von der Menschheit nicht viel übrig geblieben. Diejenigen, die überlebt haben, leben in Pyramidenstädten, deren Ebenen dem sozialen Status entsprechen. Die mächtigen Politikerinnen leben ganz oben, am Fuße der Pyramide finden sich die stinkenden Slums. Alleine diese Grundidee bietet so viel Raum für Gedanken, dass ich ganze Seiten darüber schreiben könnte. Die Autorin lässt ihren Lesern relativ freien Lauf und predigt auf keiner einzigen Seite mit erhobenem Zeigefinger. Es wird durch die Handlung klar, dass Palmares Tres nicht ganz gerecht ist. Der Klassenkonflikt ist aber nur ein kleiner Teil des Romans. Die strenge Unterteilung in wakas und grandes - jung und alt - zeigt sich auch in der Politik. So hat man bestimmte Rechte z.B. erst wenn man 30 Jahre alt ist. Ist man jünger, gilt man praktisch noch als Minderjährig...


    Die Regierung selbst fand ich auch sehr interessant. An ihrem Kopf steht die Königin, Oreste, die mit den "aunties" regiert. Diese "Tanten" sind vergleichbar mit Ministern und Junes Stiefmutter ist eine von ihnen. Das führt mich zum nächsten spannenden Aspekt. June vergöttert ihren verstorbenen Papa und hat eine komplexe, traurige Beziehung zu ihrer Mutter. Als diese nämlich nach dem Tod des Vaters wieder geheiratet hat, war June am Boden zerstört. In Palmares Tres scheinen alle bisexuell zu sein, zumindest zuckt niemand mit der Wimper, wenn man zuerst einen Mann, dann eine Frau heiratet. Junes bester Freund Gil hat unter seinen zahlreichen Liebschaften ebenso viele Männer wie Frauen. Es war erfrischend zu lesen, wie diese Dynamik einfach hingenommen wird. Die Klatschreporter berichten zwar darüber, wer mit wem, aber das Geschlecht der Betroffenen ist völlig egal.


    Nun klingt das Buch hoch politisch, dabei steht in seinem Zentrum die Kunst. June möchte mit ihrem Graffiti die Welt verändern. Sie möchte berühmt sein und den Königinnenwettbewerb gewinnen. Zusammen mit dem neuen Sommerkönig Enki schafft sie tatsächlich, die Aufmerksamkeit der ganzen Stadt auf sich zu ziehen. Doch Sommerkönige regiern nur ein Jahr an der Seite der Königin und werden zum Karneval geopfert. Das geschieht freiwillig, niemand wird gezwungen, König zu werden. Doch ein Jahr lang plötzlich Macht zu haben, ist genug Anreiz um diverse Bewerber anzulocken.


    In diesem Buch gibt es so viel zu entdecken. Die Protagonisten sind nicht immer sympathisch. June ist ehrgeizig, aber trifft auch - sagen wir moralisch fragwürdige Entscheidungen, nur um an ihren Preis zu kommen. Zudem verliebt sie sich in Enki, doch Enki und ihr bester Freund Gil sind ein Paar (wenn auch nicht exklusiv). Junes Beziehung zu ihrer Mutter und Stiefmutter alleine wäre schon ein spannendes Thema gewesen, doch wenn man die politische Situation bedenkt und Junes Obsession mit ihrem Vater, wird alles nochmal um einiges interessanter.


    Ich habe ein paar Rezensionen gelesen, in denen sich beschwert wurde, dass zu wenig aufgeklärt wird. Die Tradition des Sommerkönigs wird durchaus kurz erklärt und auch wenn sie nicht zu 100% glaubwürdig ist, hatte ich kein Problem damit. "Erklärungen" sind in diesem Buch eigentlich nicht nötig. Welche Technologien erlaubt sind und welche verboten, geht klar aus der Handlung hervor, ebenso wie die Gründe dafür, warum Palmares Tres z.B. keine so modernen Modifkationen zulässt wie Tokyo Ten. Man muss schon aufmerksam lesen, denn die Autorin erklärt nicht seitenlang, warum die Welt so funktioniert wie sie funktioniert. Sie steckt diese Informationen in die Handlung, in Junes Gedanken, in Enkis Ideen für neue Kunstwerke.


    Für mich war The Summer King ein faszinierend anderes Buch. Es geht um Kunst und Liebe, um Familie und Politik, um alt gegen jung, Tradition gegen neue Technologie, um reich gegen arm. Und dabei wirkt keine Seite überladen, alles fügt sich wunderbar ineinander. Der Schreibstil hat mir ebenfalls sehr zugesagt. Ich werde jedenfalls noch mehr von dieser Autorin lesen. Das ist keine typische Teenager-Dystopie, wie sie zur Zeit so beliebt sind, aber gerade deshalb hat mir jede Seite Spaß gemacht.


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:


    Liebe Grüße,
    Wendy

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  • Ui, na da ist es ganz gut, dass du dazu eine Rezi geschrieben hast. Nach dem, was ich bei Amazon so an Kritiken gelesen hatte, hatte ich das Buch nämlich quasi schon abgeschrieben.
    Aber so wie du das schreibst, klingt das wieder richtig genial...

    Even when reading is impossible, the presence of books acquired produces such an ecstasy that the buying of more books than one can read is nothing less than the soul reaching towards infinity... - We cherish books even if unread, their mere presence exudes comfort, their ready access reassurance.

  • Ich war ziemlich erstaunt über die vielen schlechten Kritiken. Meistens beschweren sich die Leser wohl darüber, dass die Welt nicht genau genug erklärt wird. Für mich hat gereicht, was erklärt wurde und den Rest habe ich mir zwischen den Zeilen zusammen gereimt. Man muss ja nicht immer seitenlang exakt beschreiben, wie das politische System funktioniert wenn es ohnehin aus der Handlung hervorgeht. Aber es stimmt schon, das gewisse Dinge unerklärt bleiben. Mich hat das nicht gestört, das ist wohl Geschmackssache.
    Und selbst wenn mich das gestört hätte, überwiegen die positiven Aspekte! Ich glaube, das ist so ein Buch, das mir noch lange im Gedächtnis bleibt und das man mehrmals wieder lesen kann.

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