Elizabeth George - Denn sie betrügt man nicht/Deception On His Mind

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  • Ich kann deine erste Reaktion durchaus nachvollziehen, mir ging es ähnlich. Aber andererseits, im Prinzip wissen wir viel zu wenig, um über Azhar urteilen zu können. Wer weiß denn schon, was genau da zwischen ihm und seiner Frau vorgefallen ist, was dann zur Trennung führte? Ich würde mir sehr wünschen, dass wir über diese Figur noch mehr erfahren und dass Azhar und Haddiyah jetzt nicht wieder in der Versenkung verschwinden und nur noch beiläufig als Barbaras Nachbarn in Erscheinung treten. Dann würde ich mir auch eher eine Meinung über ihn bilden können, wobei ich ihn grundsätzlich schon sehr positiv sehe, mit seiner ruhigen, bedächtigen Art. Auch so ein gewisser melancholischer Zug haftet ihm an, das macht ihn noch ein Stück interessanter.


    Mir ist Azhar ja auch sympathisch. Ich meine mich schon erinnern zu können, dass er und seine Tochter noch weiter eine Rolle spielen :smile:. Und vielleicht erfährt man dann auch noch mehr über die Hintergründe.

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen


  • Ich muss mich outen, ich hätte die Verfolgungsjagd auf dem Meer nicht gebraucht, mir war das irgendwie alles zu actionreich und rasant. Außerdem habe ich nicht verstanden, warum er gerade Hadiyyah als Geisel mitnimmt und nicht einfach alleine flieht. Vielleicht wäre seine Abwesenheit gar nicht so schnell aufgefallen, wenn er sich alleine aus dem Staub gemacht hätte :gruebel:?


    Stimmt, logisch ist das eigentlich nicht. Ich kann mir nur vorstellen, dass er Hadiyyah vorsorglich mitgenommen hat, damit er ein Druckmittel hat, wenn er doch gestellt wird. Die Autorin hat die Szene mit Hadiyyah an Bord wohl mehr aus dramaturgischen Gründen eingebaut, sonst wäre es ja nicht zu dieser Konfrontation zwischen Emily und Barbara gekommen.



    Emily hat auf dem Boot ihr wahres Gesicht gezeigt und das ist leider kein schönes :sauer:. Wirklich sympathisch war sie mir von Anfang an nicht, aber das... :entsetzt:


    Doch, ich fand Emily anfangs klasse, eine toughe Frau, die sich durchzusetzen weiß. Aber im Laufe der Handlung hat sich dieser oberflächliche Eindruck dann verfeinert und die dunkle Seite der Polizistin kam zum Vorschein, leider.



    Barbara hat richtig gehandelt, auch wenn sie jetzt um ihre Karriere bangen muss. Ich bin gespannt, wie die Sache im nächsten band weitergeht. Ob Lynley ihr irgendwie helfen kann?


    Da ich den Klappentext vom nächsten Band schon gelesen habe, verrate ich denke ich nicht zu viel, wenn ich sage, wir werden im nächsten Band mit dieser Sache beschäftigt sein.



    Yumn als Mörderin hatte ich relativ am Anfang auch mal im Verdacht, aber dann war mir das Motiv, Sahlah als persönliche Sklavin zu behalten, zu dünn. Tja, wieder mal hat mich Frau George getäuscht, und das obwohl ich die Bücher ja schon zum zweiten Mal lese. :zwinker:


    Wie bei mir. :five: Bei mir kann höchstens die Ausrede dienen, dass ich Erstleserin bin. :breitgrins:



    Viele Fragen bleiben offen und vor allem Sahlah´s Zukunft hätte mich interessiert (das ihr Bruder der Vater des Kindes ist, ist unglaublich :entsetzt:! Was für ein Schwein! Wegen mir hätte er ertrinken können...).


    Stimmt, über diesen Punkt habe ich mich noch gar nicht ausgelassen :entsetzt: was ist das denn für ein Dreckskerl - aber findet ihr nicht auch, dass Frau George hier den Bogen gewaltig überspannt hat? Mir kommt das schon sehr weit hergeholt vor. Und damit setzt sie nochmal einen Punkt drauf auf ihre vielen Nebenkriegsschauplätze. Das hätte es nicht gebraucht, finde ich.

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Endlich komme ich dazu, hier nochmal ein paar Kommentare beizutragen.



    Doch, ich fand Emily anfangs klasse, eine toughe Frau, die sich durchzusetzen weiß. Aber im Laufe der Handlung hat sich dieser oberflächliche Eindruck dann verfeinert und die dunkle Seite der Polizistin kam zum Vorschein, leider.


    Emilys wahres Gesicht wird hier sehr schön herausgearbeitet und ich finde gut, dass Frau George hier eine solche Figur geschaffen hat. Nach gängiger political correctness sind ja toughe, durchsetzungsfähige Frauen absolut zu bewundern. Ich muss gestehen, ich hasse Frauen von diesem Typ wie die Pest, und habe im Berufsleben auch schon schlechte Erfahrungen mit ihnen gemacht. Sie leisten den Zielen der wahren Emanzipation einen Bärendienst und genau das will Elizabeth George hier zeigen, vermute ich mal... Deshalb habe ich Emily von Anfang an auch nicht gemocht, und alles berufliche Durchstarten nutzt nichts, wenn man wie sie dann den eigenen Vorurteilen auf den Leim geht und noch dazu das Leben Unschuldiger geringer schätzt als die eigenen Ziele. Vielleicht bin ich da auch voreingenommen durch den Film, wo Emily zwar nicht diesen üblen "Pakibalg"-Spruch bringt, aber gleich zwei Menschen dem sicheren Tod überlässt.


    Ansonsten geht es mir wie euch und ich finde die Handlung ziemlich überladen: wohin man auch schaut, sieht man Abgründe unter der glatten Oberfläche. Verschiedene Familienmodelle sind eins so kaputt wie das andere (Familie Malik, Rachel+Mutter, aber auch die Ruddocks). Einwandererproblematik, Fremdenfeindlichkeit, wirtschaftliche Aspekte,... - Probleme wohin man schaut, und überall setzt Frau George noch eins obendrauf. Das fand auch ich viel zu viel!


    Zu Azhar und seinen Verhältnissen kann man sich eigentlich keine wirkliche Meinung bilden, da man zuwenig weiß. Ich vermute, er hatte eine arrangierte Ehe mit zwei Kindern, aber es kommt auf den Blickwinkel an, ob er seine Frau hat sitzen lassen und ein Schweinehund ist, wie Emily meint, oder ob er sich halt einfach getrennt hat, weil es nicht funktionierte und er sich neu verliebt hat. Hier wäre ein wenig mehr Hintergrundinfo hilfreich gewesen,aber das Buch ist sowieso schon zu voll.


    Das pakistanische Familienmodell wird hier dem europäischen entgegengestellt und wirkt auf den ersten Blick zwar härter und einengender, aber Elizabeth George nennt auch positive Aspekte, nämlich den Zusammenhalt der Familienmitglieder und den Schutz, den sie genießen. Zumindest theoretisch klingt das nicht schlecht, aber es zeigt sich ja, dass Vater Malik hier eine Schlange in Gestalt seines Sohnes herangezüchtet hat, ohne es zu merken (oder ohne es wahrhaben zu wollen, was der eigentlich für ein Mistkerl ist). Der Druck, der die Familienmitglieder zum Zusammenhalten und die Familie zum Funktionieren bringen soll, verkehrt sich hier in sein Gegenteil, gerade weil solche Dinge nicht offen ausgesprochen werden dürfen. Solange alles nach außen hin verborgen bleibt, ist es okay, aber sobald ein Vergehen öffentlich wird, wird derjenige aus der Familie verstoßen. Statt dass man schon vorher mal darüber spricht, was wirklich zwischen den Familienmitgliedern abgeht. Eine sehr üble Doppelmoral.

    Freiheit ist immer Freiheit der Andersdenkenden (R. Luxemburg)

    Was A über B sagt, sagt mehr über A aus als über B.

  • Noch ein paar Kommentare zur Verfilmung, die ich mir gestern abend nochmal angeschaut habe. Hier gibt es einige Unterschiede zum Film. Es wurden Personen abgespeckt (Agatha Shaw, Rachels Mutter und Wardah Malik kommen nicht vor) und ebenso entfallen ganze Problemkreise (Familie Ruddock, die wirtschaftliche Lage des Ortes und die Gentlemans-Cooperative, Azhars erste Ehe und zweite Frau) und auch die Schuldknechtschaft wird nur kurz erwähnt. Anders wäre es wohl auch kaum möglich gewesen, dieses Buch zu verfilmen. Dafür ist Inspector Lynley (der unter einem Vorwand seine Hochzeitsreise abbrach) fast von Anfang an mit dabei :breitgrins:. Emily tritt nur selten in Erscheinung. Und auch das Mordmotiv ist ein wenig verändert, was mir nicht so gut gefiel. Ebenfalls verändert ist der Showdown mit der Bootsfahrt, wie ich schon weiter vorne erwähnt habe. Hier befinden sich Emily, Barbara und Lynley auf dem Boot, und Lynley ist es, der ins Wasser springt und Haddiyah rettet, während Emily weiterfährt und von Barbara mit Gewalt gestoppt werden muss.


    Ich bin auch ziemlich gespannt auf das nächste Buch und die Auswirkungen auf Barbaras Karriere, da ich nun doch sehe, dass die Bücher und die Verfilmungen sich in einigen Aspekten doch relativ stark unterscheiden. Möglicherweise versteht man die Filme erst richtig, wenn man auch die Bücher kennt. Aber sehenswert sind sie auf jeden Fall.


    Wann lesen wir das nächste Buch?

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  • Hallo ihr Lieben,
    dann gebe ich auch noch meinen Senf dazu, ich hoffe, ich komme mit dem Namen nicht durcheinander. Erstmal hat mir dieser Krimi wieder sehr gut gefallen, weil er auch wieder etwas rasanter war - und Barbara ist einfach toll. Ich muß gestehen, ich habe Lynley gar nicht vermisst und habe ihm seine Flitterwochen gegönnt :breitgrins:


    Yumn hatte ich relativ früh als Mörderin auf dem Schirm, aber aus einem ganz anderen Grund: ich hatte mir zusammengesponnen, daß Muhannad womöglich auch schwul ist und heimlich etwas mit dem Toten hatte, woraufhin Yumn ihn aus dem Weg geräumt hat, damit ihr Mann wieder "ganz Mann" sein kann. Mit ihrer ständigen Männlichkeitsbetonung und ihr Stolz auf ihre Fruchtbarkeit war die Frau schon ziemlich nervig. Irgendwann hatte ich sie aber als Mörderin wieder aus den Augen verloren.


    Muhannad ist ein absolutes Ekel: daß seine Schwester von ihm schwanger ist, darauf wäre ich überhaupt nicht gekommen, ich hatte ebenfalls nur Theo im Verdacht.


    Sehr gut dargestellt fand ich die den Konflikt der jungen Pakistani, die in England aufgewachsen sind, von ihrem Vater zum modernen englischen Leben angehalten werden, aber andererseits auch noch die Traditionen achten sollen, wie sie sich keiner Seite wirklich zugehörig fühlen. Salah würde ich wirklich wünschen, daß sie doch ein wenig ihren eigenen Lebensweg gehen dürfte. Habe ich das richtig verstanden, daß Theo ihr nun bei der Abtreibung helfen wird? Die letzte "Verabredung" zwischen den Beiden hörte sich mir danach an. Ich muß gestehen, in diesem Fall befürworte ich die Abtreibung und hoffe, daß ihre Eltern wirklich nichts davon erfahren werden - um ihrer selbst willen.


    Bei Emily war ich die ganze Zeit zwischen Sympathie und Unsympathie am schwanken, aber bei der Szene auf dem Boot hat sie dann vollends verloren. Ich habe überlegt, ob sie ihr Emanzen-Getue wegen ihrem Chef auslebt oder ob sie schon immer so war und es genau deswegen zu Konflikten mit ihrem Vorgesetzten kommt? Solche Frauen gibt es ja auch, die überall Benachteiligung wittern und sehen und sich dann genau so hysterisch bzw. überspannt geben, wie es das Klischeedenken sie gerne sieht. Ich weiß nicht, ob ihr mein Geschwurbel jetzt überhaupt versteht :redface:


    Und wenn mich nicht alles täuscht, bleibt Barbaras Übertretung ihrer Kompetenzen nicht ohne Folgen - in meinen Augen hat sie eine Belobigung verdient, aber die Vorschriften ... :rollen:


    Aber ich freue mich für Barbara, daß sie sich für eine Freundschaft mit Azhar öffnet, bei Haddiyah hatte sie sowieso keine Chance zum Entkommen :breitgrins:

    Liebe Grüße

    Karin

  • Bei Emily war ich die ganze Zeit zwischen Sympathie und Unsympathie am schwanken, aber bei der Szene auf dem Boot hat sie dann vollends verloren. Ich habe überlegt, ob sie ihr Emanzen-Getue wegen ihrem Chef auslebt oder ob sie schon immer so war und es genau deswegen zu Konflikten mit ihrem Vorgesetzten kommt? Solche Frauen gibt es ja auch, die überall Benachteiligung wittern und sehen und sich dann genau so hysterisch bzw. überspannt geben, wie es das Klischeedenken sie gerne sieht. Ich weiß nicht, ob ihr mein Geschwurbel jetzt überhaupt versteht :redface:


    Doch, ich verstehe dich :winken: Es gibt überall Leute, die sich aus irgendeinem dummen Grund diskriminiert fühlen, sich aber auch genauso verhalten dass sie das Klischee erfüllen. Bei Emily kann man sich nicht sicher sein was zuerst da war, weil man nur ihren Blickwinkel kennt. Sogar Barbara weiß ab einem bestimmten Punkt nicht mehr, was sie von ihr halten soll. Beim letzten Treffen war sie sehr begeistert von ihr, aber mittlerweile hinterfragt sie das Bild, das sie damals von Emily gewonnen hat.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Doch, ich verstehe dich :winken: Es gibt überall Leute, die sich aus irgendeinem dummen Grund diskriminiert fühlen, sich aber auch genauso verhalten dass sie das Klischee erfüllen. Bei Emily kann man sich nicht sicher sein was zuerst da war, weil man nur ihren Blickwinkel kennt. Sogar Barbara weiß ab einem bestimmten Punkt nicht mehr, was sie von ihr halten soll. Beim letzten Treffen war sie sehr begeistert von ihr, aber mittlerweile hinterfragt sie das Bild, das sie damals von Emily gewonnen hat.


    Genau diesen Eindruck hatte ich auch.

    Liebe Grüße

    Karin