Carson McCullers: Spiegelbild im goldnen Auge

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    Inhalt laut amazon:


    Ein Militärcamp in einem trostlosen, verlassenen Südstaatennest, zwei Paare, die in ihrer monotonen Existenz gefangen sind und deren zwischenmenschliche Verstrickungen unausgesprochen bleiben. Jeden Abend sitzen der Major und seine kränkliche Frau beim Kartenspiel mit Hauptmann Penderton und dessen Frau Leonora, heimlich beobachtet vom Gefreiten Williams, der von der flamboyanten Frau Penderton magisch angezogen ist.



    Meine Meinung:
    Düster und gleichzeitig magisch schön. Sechs Menschen und ein Pferd sind in ein Gespinst von Langeweile, Frustation, unterdrückter Leidenschaft und Gewalt verstrickt. Mc Cullers erzählt ganz sparsam und vermag dennoch eine Atmosphäre heraufzubeschwören, die einen nicht loslässt. Ich habe den kleinen Roman fast in einem Zug gelesen, weil ich mich gar nicht davon lösen konnte.


    5ratten:tipp:

  • McCullers ist eine großartige Erzählerin. Das Buch setze ich mir gleich mal auf die Wunschliste, weil ich von ihr viel zu wenig kenne.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Es ist wirklich empfehlenswert und ich freue mich, dass der Stil von McCullers einen über die Geschichten hebt. Damit meine ich, dass man, wenn man ein Buch eines Autors/einer Autorin gelesen hat, das einem auch oder gerade wegen der Story gefallen hat - wie mir ihr Erstling "Das Herz ist ein einsamer Jäger", das wir hier vor einiger Zeit in einer Leserunde gelesen hatten - nicht unbedingt erwarten kann, dass einem die anderen Werke auch gefallen. Ich habe da schon viele Enttäuschungen erlebt. Von McCullers hatte ich mir damals gleich ganz viel nachgekauft, aber dann, aus Angst enttäuscht zu werden, noch nichts gelesen. Als nächstes nehme ich mir wohl "Frankie" vor, das hier ja auch sehr positiv besprochen wurde.

  • Aufgrund der positiven Rezension und des interessanten Klappentextes habe ich nun ebenfalls diesen Roman gelesen.


    Positiv: Reizvoll ist die ständig wechselnde Perspektive. Die Ereignisse werden abwechselnd aus Sicht von Hauptmann Penderton, Privat Williams, Major Langdonund Alison Langdon erzählt - jedoch nicht aus Sicht von Leonora Penderton. Dabei kommt man den Figuren unterschiedlich nah, am genauesten lernt man Hauptmann Penderton kennen.
    Die Figuren sind allesamt "nicht ganz dicht", um es einmal salopp auszudrücken.

    Gemeinsam haben sie, dass sie Einsamkeit und Schmerz umtreibt und sie in ihren Situationen gefangen bleiben.
    Ebenfalls positiv anzumerken ist, dass der Roman bis zum Schluss spannend bleibt.


    Negativ: Anfänglich nervt der streckenweise parataktische Sprachstil. Auch plumpe Anspielungen, die später aufgelöst werden, und Wiederholungen sind redundant.


    Fazit: Ganz so laute Lobeshymnen kann ich zwar nicht anstimmen, dennoch ist der Roman durchaus lesenswert.


    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von louzilla ()


  • Dass der Stil meist sehr lakonisch ist, drängt sich einem auf. Allerdings habe ich keine auffälligen Strecken von Parataxen bemerkt. Meistens sind mehrere Satzgefüge in einem Absatz.
    Ich denke, soweit dies nicht der Übersetzung geschuldet ist, sollen die oft unverbundenen Sätze (vielleicht meinst du ja das) das Einförmige dieses Militätcamps in der kargen Umgebung sprachlich nachbilden. Und diese Umgebung verursacht unter anderem auch diese schrägen Typen mit ihren merkwürdigen Verhaltensweisen. Das ganze Buch hat einen Fishbowl-Charakter.

  • Ich meinte schon die endlos erscheinende Aneinanderreihung von Hauptsätzen, die in einigen Passagen vor allem im ersten Drittel des Romans vorherrscht und nur vereinzelt durch einfache Hypotaxen unterbrochen wird. Das gefällt mir einfach nicht, da ich Fan von kunstvoller, komplexer Sprache bin und die sprachliche Gestaltung für mich genauso wichtig ist wie der Inhalt.


    Ein Beispiel, in dem eher nicht die karge Tristesse des Militärstützpunktes verstärkt werden soll:


    "Mrs. Penderton war nicht kleinlich mit dem Schnaps. Sie trank schnell zwei volle Gläser und goss dann einen Schluck kaltes Wasser hinterher. Sie sagte nichts mehr zu dem Soldaten, und er fragte sie nicht weiter nach dem Pferd. Keiner schien sich um die Gegenwart des anderen zu kümmern. Der Soldat lehnte sich zurück gegen seine Kiefer und starrte ohne zu blinzeln ins Weite.
    Die späte Herbstsonne warf einen goldenen Lichschleier über den frisch verlegten Winterrasen; und selbst im Wald blitzte sie hier und da durch das Blätterdach und malte leuchtende Goldmuster auf den Boden. Dann plötzlich war sie verschwunden. Die Luft kühlte sich ab, und ein leichter, frischer Wind kam auf. Es war Zeit, ins Haus zu gehen. Aus der Ferne klang der Ruf des Signalhorns milde herüber, und sein flüchtiges Echo hallte dumpf in den Wäldern wider. Die Nacht war nah.
    In diesem Augenblick kehrte Hauptmann Penderton zurück." (S. 14)


    Die Sprache ist durchaus bildhaft, was das Ganze noch rettet, aber den "lakonischen Stil" finde ich dröge.

    Einmal editiert, zuletzt von louzilla ()