Andrea Bennett - Die wundersamen Abenteuer der Galina Petrowna

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    Eine Hündin mit Damenbart und mit nur drei Beinen namens Barada - die Bärtige - ist zwar nicht die Hauptfigur, aber doch ein wichtiger Faktor in diesem Roman, der im Russland der 1990er Jahre, während der Jelzin-Ära spielt. Die Protagonistin: Galina Petrowna, eine ältere Dame, die bereits während des 2. Weltkriegs einiges mitgemacht hat und auf ihre eigene Art ein Produkt der Sowjetära ist - schließlich hat sie den Löwenanteil ihres Lebens in dieser Epoche verbracht, an der sie nichtsdestotrotz einiges auszusetzen hat - ebenso wie an der seit einigen Jahren bestehenden Russischen Föderation. Aber schlecht geht es ihr nicht, sie hat ihre Freundinnen, ihren Seniorenclub, ihren treuen, von ihr allerdings nicht weiter ermutigten Verehrer Wasja, der zudem Vorsteher des erwähnten Clubs ist - und vor allen Dingen gibt es in ihrem Leben seit einiger Zeit Barada, die dreibeinige Hündin, die sie innig liebt.


    Diese wird eines Tages vom Hundefänger Mitja, einem überzeugten Vertreter seiner Zunft eingefangen und entführt - zu Klebstoff soll sie verarbeitet werden! Und Wasja, der wie immer Galia, wie Galina Petrowna genannt wird, zur Seite steht, wird schnurrstracks eingebuchtet - und das ist auch in der Post-Sowjet-Ära nicht gerade ein Zuckerschlecken.


    Eine Posse der Jelzin-Ära, nicht mehr und nicht weniger ist es, was die Britin Andrea Bennett, eine Russland-Expertin und vor allem Kennerin der genannten Ära hier aufbietet - nicht mit britischem, sondern mit slawischem Humor gespickt ist die Geschichte, in der sich Galia mit ihrer Freundin Soja - einer überaus esoterischen und zugleich exaltierten Persönlichkeit - nach Moskau aufmacht, um Hund und Verehrer - zunächst in genau dieser Reihenfolge zu retten. Es ist schon toll, ja tollkühn, was Andrea Bennett hier aufbietet, gleichwohl ist es mir einerseits zu chaotisch, andererseits ein bisschen zu schlicht im Hinblick auf die Verwirrungen. Ein bisschen erinnert es mich an einen Film mit Dick und Doof oder aber mit den Marx-Brothers, in dem alle planlos zunächst in die eine, dann wieder in die andere Richtung laufen. Schließlich gibt es dann doch ein Ergebnis und das hat mir ganz gut gefallen, ist es doch wirklich anders als erwartet, aber überhaupt nicht schlecht.


    Dennoch, so richtig begeistert hat mich diese Geschichte nicht, die zwar dazu einlud, in ihr zu schwelgen, jedoch nicht hielt, was sie versprach. Es war, nun ja, ganz nett und nett ist bekanntlich die kleine Schwester von - nein, das sage ich jetzt nicht.
    3ratten

  • „Die wundersamen Abenteuer der Galina Petrowa“ ist ein Roman von Andrea Benett, erschienen 2016.


    Inhalt:
    Galia Petrowa ist eine agile Seniorin und lebt in einen Wohnblock im russischen Asow mit vielen älteren Menschen und ihrer dreibeinigen Hündin Boroda. Boroda ist ihr zugelaufen und trägt weder Halsband noch Leine. So war sie leider ein leichtes Opfer für den Hundefänger Mitja, einen seltsamen Menschen. Galias Freund Wasja versucht einzuschreiten und gerät ins Gefängnis. Galia nimmt mit ihrer Freundin Soja alles in Kauf um Wasja und Boroda zu retten. Ein Abenteuer im hohem Alter beginnt.


    Meine Meinung:
    Der Roman war ein humorvoller Einblick in das Leben der Seniorin Galia mitsamt der typischen russischen Lebensart.
    Der Schreibstil war stellenweise satirisch und lustig. Auch waren phantasievolle Metaphern vorhanden, die ich so noch nicht gelesen habe wie z.B „...die trockene Zunge raschelte wie eine Maus im Sommergras...“ Stellenweise hatte ich aber das Gefühl das ein paar Übersetzungsfehler vorkommen, weil Erdbeeren eigentlich nicht aus Stauden gepflückt werden und wie ein Mann schäumen kann verstehe ich auch nicht ganz.
    Die Protagonisten waren klar charakterisiert, auch wenn ich mir manche Beschreibungen z.B „Spatzenbeine“ und eine Oma mit linanen Haaren nicht ganz vorstellen kann. Der Hundefänger war richtig unsympathisch. Die Vorstellung, wie Senioren die verschiedenen Situationen gemeistert haben war aber amüsant.
    Das Ende hat mir nicht gefallen, das war irgendwie abgehackt, als würde eine Seite fehlen. Es waren noch ein paar Punkte offen, wo es interessant wäre zu wissen, wie es weiter geht.
    Deswegen muss ich einen Stern abziehen, insgesamt 4 von 5 Sternen.

  • Die Oma mit lila Haaren kann ich mir gut vorstellen - ältere Damen haben doch öfter so einen (gefärbten) Blau- oder Lilastich im Grau, so wie hier: klick

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Haha! An Punker denke ich dabei weniger: in den 1970er war ich mit meinem Vater in England in Urlaub, am Meer in East Anglia. Mein Vater kannte da nix und hat mich - ich war 12 - durch sämtliche Spielhöllen geschleust, wo lilahaarige Omas mit Schmetterlingsbrille saßen und kettenrauchend Bingo spielten. Deswegen habe ich mich bei der Lektüre gar nicht über die Oma mit den lilanen Haaren gewundert...

  • Inhalt:


    Galina Petrowna lebt im kleinen russischen Städtchen Asow der 1990er-Jahre; es geht es beschaulich zu, man teilt das Wenige, das man hat, und trifft sich zu Vorträgen und Lotterien im Seniorenclub. Ihr gleichtöniges Leben wird aber gehörig durcheinander gewirbelt, als ihre dreibeinige Hündin Boroda vom städtischen Hundefänger Mitja eingefangen wird, weil sie kein Halsband trägt. Und als wäre das nicht schlimm genug, wird ihr Verehrer Wasja nach einem Befreiungsversuch ebenfalls inhaftiert und ins städtische Untersuchungsgefängnis eingeliefert. Hilfe ist nur von einer Seite zu erwarten: Russlands Obrigkeit muss sich um den Fall kümmern und so reist Galina mit ihrer exzentrischen Freundin Soja nach Moskau, um dort ein gutes Wort für Wasja und Boroda einzulegen.


    Unterdessen hat der Hundefänger Mitja eine Begegnung der dritten Art; die geheimnisvolle Katja tritt in sein Leben und säht erste Zweifel bei ihm - kann es wirklich sein Lebensziel sein, Hunde einzufangen und an die Behörden zur Vernichtung und Leimproduktion weiter zu geben? Warum eigentlich sein großer Haß auf alle Streuner? Und wie kann er seinen folgenschweren Fehler wieder gut machen und nebenbei auch noch Katjas Herz erobern?


    Während Galia und Soja in Moskaus Nachtleben eintauchen und begleitet von einem ebenso mysteriösen wie dementen Cousin zielstrebig nach dem richtigen Minister für ihre Angelegenheit suchen, macht Mitja eine denkwürdige Wandlung durch, und am Ende stellt sich heraus, dass die Verwicklungen zwischen den Figuren viel enger sind als gedacht und eigentlich doch alle an einem Strang ziehen.


    Meine Meinung:


    Dieses wilde und skurille Roadmovie aus dem Russland der 90er hat mir sehr viel Spaß gemacht. Die Atmosphäre ist wunderbar dargestellt, eine Mischung aus Armut und guter alter Zeit, aber auch Aufbruchstimmung in die neue Welt des Kapitalismus. Nicht jeder der Protagonisten kommt damit so gut klar, aber sie schlagen sich auf ihre Art und Weise durchs Leben. Die Autorin lässt dabei immer wieder abgefahrene und schräge Situationen entstehen, bei denen ich zumindest schmunzeln und erstaunt mit dem Kopf schütteln musste, zuweilen aber auch lauthals loslachen konnte. Besonders gut gefiel mir dabei die Entwicklung von Mitja, dem Hundefänger, aber auch die in der Mehrzahl alten Menschen habe ich nach und nach ins Herz geschlossen.


    Was für meinen Geschmack etwas übertrieben ist, ist die Darstellung der Körperlichkeit; ich habe selten ein Buch gelesen, in dem es so hartnäckig um Körpergerüche, Blutkrusten, Hundekot und ähnliches ging. Das muss man schon mögen. Ansonsten war mir der bildhafte und bisweilen blumige Schreibstil ganz recht, ohne das ich ihn als herausragend bezeichnen würde. Was bleibt ist eine nette Geschichte mit liebenswerten Protagonisten, die ein wundersames, skurilles Abenteuer erleben und uns dabei einen Blick in das postsowjetische Russland ermöglichen.


    4ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel