Wernher der Gärtner:Meier Helmbrecht

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    Zum Werk:


    "Meier Helmbrecht" ist eine Verserzählung des oben stehenden Autors, der sich erst in den letzten Versen als solcher outet. Der Text stammt aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts und beklagt am Beispiel des Bauernsohnes Helmbrecht den Sittenverfall des Rittertums.
    Helmbrecht, dessen Vater Meier (also Landwirt mit Milchwirtschaft) ist, wird von Mutter und Tante mit einer wunderschön besticken Mütze beschenkt, die ihn wie einen Adeligen wirken lässt. Ob dadurch oder durch die Verzogenheit allgemein, Helmbrecht erhebt sich über seine Eltern und wird Raubritter. Als solcher zieht er mit üblen Spießgesellen übers Land, raubt, schändet und peinigt insbesondere die kleinen Leute, aber auch die Besitzenden. Den Höhepunkt seiner Laufbahn bietet, nachdem er seine Eltern verhöhnt und seine Schwester Gotelind überredet hat, seinen Raubkumpan zu heiraten, deren Hochzeit, wo sie prassen und saufen, was die geraubten Schatullen hergeben. Aber hier naht schon das Unglück in der Gestalt von Schergen, die die ganze Kumpanei ausheben. Helmbrecht als 10. Verhafteter entgeht zunächst dem Galgen, verliert aber Augenlicht, eine Hand und einen Fuß. Er versucht, bei seinem Vater unterzuschlüpfen, der ihn aber nun genauso abweist, wie er ihn vorher verhöhnt hat und wird am Ende doch noch von seinen früheren Opfern aufgeknüpft.


    Bewertung:


    Ein leicht zu lesendes Kleinod der mittelalterlichen Literatur, das uns die Welt des 13. Jahrhunderts ganz nahe kommen lässt. In der Klage des Dichters über die verlorene Welt des Hochmittelalters mit den ganzen Rittertugenden und dem strengen Verhaltenskodex wird noch einmal ein Schlaglicht auf diese klassische Epoche des Mittelalters gelenkt: Der Niedergang danach hin zum Raubrittertum muss für die Zeitgenossen, die das innerhalb zweier Generationen mitbekamen, umso schwieriger gewesen sein. Wie sich hier der überhebliche Sohn im Dialog mit seinem Vater als Vertreter des neuen schrankenlosen und inhumanen Hedonismus erweist, ist schon sehr lesenswert. Übrigens auch ein erstaunlich weltlicher Text. Helmbrecht wird nicht durch Gott gestraft, sondern von der Justiz und seinen Opfern, ganz ohne große religiös-sittliche Kommentare.
    Wer mal einen kleinen Text (etwas mehr als 1700 Verse) lesen möchte, der auf leichte Weise in die Welten des Mittelalters und hier insbesondere in die der Bauern und des niederen Adels einführt, ist hier gut bedient.


    Ach, und der Bezug zu unserem Thema:
    1. ist das kleine Epos in vier Kapitel wie vier Akte aufgeteilt: Exposition, Konfliktverschärfung, Höhepunkt und Fall.
    2. erkennt man hier, was passiert, wenn sich Menschen nicht zusammenreißen, sowohl der Gesellschaft als auch dem ungezügelten Einzelnen.

    Einmal editiert, zuletzt von finsbury ()