Jakob Wassermann: Caspar Hauser

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  • Erste Erkenntnisse zu dem Auftreten von Erkältungsviren und -Bakterien bei jahrelang isolierten Personen konnte ich inzwischen schon am historischen Beispiel des Caspar Hauser gewinnen.
    Laut meinem Gewährsmann, der geschätzten Fachkoryphäe Jakob Wassermann, litt Caspar während der Zeit seiner Isolation an keinerlei Krankheit, hatte jedenfalls kein Bewusstsein davon, obwohl er sich ausschließlich von Wasser und Brot ernähren musste, was aus heutiger ernährungsphysiologischer und medizinischer Sicht keineswegs gut zu heißen ist. Sobald er jedoch dem Sonnenlicht und allgemein der Welt draußen ausgesetzt war, bekam er hohes Fieber. Ob sich dazu auch ein Schnupfen gesellte, da bleibt mein Gewährsmann seltsam ungenau, aber ich bleibe dran ... .

  • Unserem Caspar geschehen im Laufe der von Wassermann dokumentierten Ereignisse so einige Unpässlichkeiten: So manches Mal zeigt er sich überreizt, fiebert und fällt in tranceähnlichen Schlaf. Ob dies aber an ihn überschwemmenden Erkältungsviren liegt oder doch eher an den tragischen Ereignissen um seine Person, da bin ich mir noch nicht sicher.
    Caspar nämlich ist das Opfer unersättlicher Neugier seiner Umgebung; In der heutigen Zeit wären Tausende von Handyfotos von ihm im Netz; Damals besuchte man ihn ständig dort, wo ihn Mitleid oder Sensationssucht unterbrachten, jedenfalls ein Quell jeglichen Kontakts mit aggressiven Viren und Bakterien.

  • Leider muss ich verkünden, dass mein historischer Proband ein gewalttätiges Ende gefunden hat; Es ist aus den Akten des medizinhistorischen Biografen Wassermann nicht ersichtlich, inwiefern Erkältungsviren oder -Bakterien dazu beitrugen. Zu denken gibt jedoch, dass Caspar an einem verschneiten Wintertag ohne einen Mantel seine Unterkunft verließ und durch einen Messerstich ins Herz zu Tode kam. Somit kam der gewaltsame Tod wahrscheinlich einer fiebrigen und womöglich ebenfalls tödlichen Erkältungskrankheit mit heftigem Schnupfen zuvor.


    Um nun zusammenfassend auf meine Aufgabenstellung "Einfluss des Spracherwerbs und der Bildung auf die Degeneration des Immunsystems am Beispiel eines historischen Falls" zurückzukommen:


    Ganz eindeutig hat der verzögerte Spracherwerb und die insgesamt verzögerte Entwicklung Caspar geschädigt, allerdings weniger sein Immunsystem als seinen Verstand. Dazu trugen allerdings insbesondere auch die bösartigen Nachstellungen von Menschen seiner Umgebung bei, deren "Trägheit des Herzens" - wie der Untertitel der Arbeit unseres geschätzten Dokumentators Wassermann lautet - dazu führte, dass Caspar kein Vertrauen in die Menschen fassen konnte und sich daher in märchenhafte Lügenwelten flüchtete.


    Es gilt daher abschließend festzustellen, dass das Immunsystem nicht erkennbar beeinflusst wurde, dennoch wurden mir viele anderen Deformationsaspekte unserer sozialen Beziehungen schon früher wie auch heute wieder bewusst gemacht.