Sonja Rüther - Geistkrieger: Feuertaufe

Es gibt 4 Antworten in diesem Thema, welches 1.149 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von HoldenCaulfield.

  • Geistkrieger: Feuertaufe - Sonja Rüther


    Kaufen* bei

    Amazon
    * Werbe/Affiliate-Link





    Alternate History-Romane habe ich zu Hauf gelesen, aber so sehr ich mir auch das Hirn zermartere, mir fällt kein Roman ein, der das Szenario ‚die amerikanischen Ureinwohner wurden nie enteignet‘ anfasste. Das heißt nicht, dass es das noch nicht gibt, aber mir sind andere Bücher zu diesem Szenario nicht bekannt. Das reizte mich. Die Prämisse ist absolut brilliant. Das Buch war durch sf-lit.de bereits auf meine Must-Read-Liste gewandert und als ich im Literaturschockforum sah, dass Rezensenten gesucht werden, habe ich kurzerhand gefragt, ob ich auch ein Exemplar bekommen kann. Ich hab mich riesig gefreut, als das geklappt hat.


    Kaum, dass das eBook in meinem Posteingang eingetrudelt war, habe ich es auf den Reader geladen und losgelegt. Wir folgen eigentlich dem Schotten Finnley Whittle, der seiner Verlobten Taima in ihre Heimat Powtanka folgt. Finnley war mir bis kurz vor Ende des Buches eher unsympathisch. Ich hatte die ganze Zeit den Eindruck, er würde die Powtankaner mit der Arroganz der Europäer betrachten, ihre Kultur und ihren Glauben an die Astralwelt lächerlich finden und allgemein die ganze Gesellschaft nicht ernst nehmen. Das merkt man auch immer wieder in seinem Widerwillen, das Wort Indianer nicht zu benutzen oder sich auch nur ansatzweise in die Gesellschaft zu integrieren. Das wurde mit der Zeit extrem anstrengend.


    Der Mord an Professor Atius Catori ist äußerst rätselhaft. Mysteriöser wird es dann, als weitere Todesfälle hinzukommen und die Einheit der Geistkrieger kaum Fortschritte macht. In der Einheit finden sich noch Tate und Deidra, ein Weißer und eine Schwarze sowie Chenoa, die Schamanin des Teams. Tate wuchs mir von allen sofort ans Herz. Er ist eine Waise und wurde von Powtankanern aufgezogen. Chenoa selbst ist eine stolze Frau, die sich beweisen will und die Kultur ihres Volkes gegen die Ignoranz der Europäer verteidigt. Deidra blieb mir von allen das größte Rätsel. Ich wurde mit ihr absolut nicht warm. Ihre merkwürdige Affäre und ihre Sucht nach Erniedrigung und Schmerz erschienen mir ein bisschen too much. Vor allem, als sie deswegen auch ihre Arbeit vernachlässigt.


    Alles in allem ist das Team eine interessante Mischung und gerade Finnley lässt absolut kein Fettnäpfchen aus, was charmant sein könnte, aber durch seine fehlende Bereitschaft sich zu integrieren, mich mehr als einmal die Augen verdrehen ließ.


    Die Geschichte beginnt rasant und das zieht sich bis zum Ende hin. Ich mochte das Buch wirklich kaum zur Seite legen. Persönlich hätte ich mir gewünscht, dass sich die Autorin etwas mehr Zeit gelassen hätte, nicht nur für das Worldbuilding sondern auch für das Erzählen ihrer Geschichte. Die Perspektiven wechseln sehr oft auch mitten im Kapitel, was mich manches Mal etwas verwirrt zurückblättern ließ. Allgemein hatte ich auch den Eindruck, dass Sonja Rüther hier ihre ‚Stimme‘ noch nicht so sicher gefunden hat. Andererseits war die Geschichte aber so spannend, die Mordfälle so ausgeklügelt und der Cliffhanger am Ende so unfair, dass ich mich wirklich extrem auf den zweiten Band freue, der meinetwegen ruhig ein paar hundert Seiten mehr haben darf. Die in diesem Band erschaffene Welt und die Figuren sind interesserant und ich will unbedingt mehr erfahren. Die potentiellen Konflikte und angedeuteten zukünftigen Veränderungen machen Appetit auf mehr und wünsche mir sehr, dass das Warten auf Band 2 nicht zu lange dauern wird.


    Insgesamt finde ich es super, dass eine deutsche Autorin sich in diesen Bereich der Alternate History vorwagt und endlich etwas Abwechslung in das Genre bringt. Die Szenarien rund um den 1. und 2. Weltkrieg oder Kennedys Ermordung wurden einfach schon zu oft aufgegriffen. Frischer Wind ist hier dringend nötig und ich finde es absolut beeindruckend, mit welchen Ideen und Gedankenspielereien Sonja Rüther hier aufwarten kann.

    Fazit

    Mehr davon, bitte! Klare Lesempfehlung und eine Autorin, die man im Auge behalten sollte.


    4ratten

    ~~ noli timere messorem ~~

  • TheNightingale Interessant, ich fand z.B schon das es Finley auch nicht so leicht gemacht wurde, anzukommen. Auch wenn ich finde das er sich beim Sprachelernen ruhig mal anstrengen sollte. Da macht er es sich schon etwas zu einfach.

    Meine Meinung kommt auch noch, ich sortiere grad noch ein bissl meine Gedanken. Es gab nämlich doch ein paar Sachen die mich gestört haben, ohne das das ich das Buch deshalb insgesamt schlecht gefunden hätte.

    Spoiler ;) Ich fand es auch echt super und freu mich auch auf den zweiten Band. Muss mir nur überlegen wie ich das formuliere, damit klar wird was ich sagen will.

  • TheNightingale Interessant, ich fand z.B schon das es Finley auch nicht so leicht gemacht wurde, anzukommen. Auch wenn ich finde das er sich beim Sprachelernen ruhig mal anstrengen sollte. Da macht er es sich schon etwas zu einfach.

    Meine Meinung kommt auch noch, ich sortiere grad noch ein bissl meine Gedanken. Es gab nämlich doch ein paar Sachen die mich gestört haben, ohne das das ich das Buch deshalb insgesamt schlecht gefunden hätte.

    Spoiler ;) Ich fand es auch echt super und freu mich auch auf den zweiten Band. Muss mir nur überlegen wie ich das formuliere, damit klar wird was ich sagen will.

    Ja, der rassistische Aspekt von Seiten der Powtankaner ist da sicherlich nicht zu verachten. Allerdings erwarte ich von Jemandem, der in einer ihm fremden Kultur sesshaft werden will, dass er sich anstrengt. Das hat Finnley nicht mal ansatzweise getan, egal wie schwer es ihm gemacht wurde. Ich bin sehr auf Deine Rezension gespannt <3

    ~~ noli timere messorem ~~

  • man muss nur die 'alten' Hasen der Scifi-Literatur fragen und schon bekommt man Antworten. Hier Empfehlungen für alternate History-Romane, die sich damit beschäftigen, dass die Kolonisierung der Welt nicht so stattgefunden hat, wie wir es kennen. Also nur, falls jemand von Euch auch gern sowas liest:


    Robert Silverberg

    Auf zu den Hesperiden!


    William Tenn

    Das freie Land


    Martin Cruz Smith

    Der andere Sieger


    Christopher Evans

    Der Sturm der Azteken


    Jetzt muss ich nur mal schauen, wo ich die herbekomme. xD

    ~~ noli timere messorem ~~

  • Irgendwie habe ich es nie so recht geschafft, eine für mich befriedigende Bewertung zu schreiben. Deshalb, kurz und schmerzlos (oder so).


    Meine Meinung:

    Eigentlich hat mir das Lesen wirklich Spaß gemacht. Die Handlung war erfrischend anders und es war unterhaltsam zu lesen. Ich fand die Figuren interessannt und alles in allem war das Ganze spannend umgesetzt.


    Aber und ja, dieses Aber hängt für mich über allem....


    Ich wünsche mir mehr, sehr viel mehr Own-Voices Romane. Deshalb finde ich es eher kontraproduktiv Romane von weißen, westeuropäischen Menschen über Native Americans zu veröffentlichen, statt gezielt nach Autor*innen ausschau zu halten und diese zu fördern, die selbst diesen Hintergrund kennen und sich daher aus einem ganz anderen Blickwinkel heraus, damit auseinander setzen.


    Ich weiß, dieser Roman hier ist gut gemeint. Aber ich fand es an ein paar Stellen schon problematisch, wie dann doch exotische und herorisierende Vorurteile - wenn auch positive - in den Roman eingebaut wurden. Dies ist eine Form von Raissismus, der vielen vielleicht nicht so klar ist, aber er ist und bleibt leider eben trotzdem rassistisch. Mir ist bewusst, das hier versucht werden sollte, eben eine Positive Stimme hinein zu bringen, aber leider hate das für mich eben wieder so einen Beigeschmack... Das folgt am Ende doch wieder einer Weltaufteilung die ich so nicht sehe und der ich nicht folgen möchte.

    Und deshalb plädiere ich glasklar dafür, gezielter Own Voices Autor*innen zu fördern und zu veröffentlichen. Denn nur so kann dieser Kreislauf endlich aufgebrochen werden.