Petra Oelker - Im schwarzen Wasser

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    Verschachtelter historischer Krimi


    Es ist ein schöner Morgen im Mai des Jahres 1774, als Jacob, Lehrling einer Gerberei in der Lohebrühe einen Toten findet. Es herrscht helle Aufregung und schnell stellt sich heraus, es kann nur Mord gewesen sein. Leider kann den Toten keiner identifizieren, er scheint fremd in Hamburg zu sein. Wer hatte also Grund, den Mann vom Leben zum Tode zu befördern? Der Weddemeister Wagner begibt sich auf Spurensuche, nicht jedoch ohne dabei die Hilfe von Rosina der Komödiantin in Anspruch zu nehmen.


    Dieser historische Krimi ist Teil einer ganzen Reihe um die Protagonistin Rosina. Allerdings erschien der letzte Band bereits vor 10 Jahren. Ich kenne die Vorgänger nicht, hatte aber hier keine Probleme, mich zurechtzufinden. Ein paar kleine Rückblenden hat die Autorin mit eingeflochten, sodass man spürt, welch aufregendes Leben hinter der jungen Frau steckt. Jetzt ist sie eine verheiratete Frau und will in Hamburg leben. Ob ihr das so einfach gelingen wird, sei mal dahin gestellt. Ihre Sehnsucht nach der Ferne ist immer noch deutlich zu spüren.


    Mit dem Toten in der Lohebrühe beginnt ein spannender Krimi, der seine Leser durch Hamburgs Gassen führt. Der Fall stellt sich schnell als viel verzwickter heraus als gedacht. Petra Oelker versteht es, Spuren zu legen und die Spannung steigen zu lassen.


    Ihr Erzählstil ist zwar etwas gewöhnungsbedürftig und ihre Sätze lang und verschachtelt, dafür aber wird man mit einer guten Geschichte belohnt. Während Rosina zu erfahren versucht, wer hinter der Tat steckt, kommen noch so einige andere Geschichten ans Licht. Es gibt jede Menge Klatsch und Tratsch aus den Hamburger Stuben dieser Zeit zu entdecken.


    Rosina scheint hier eigentlich nur ein Charakter unter vielen zu sein. Der Krimi verbirgt sich gut hinter den Geschichten der Hamburger Protagonisten. Erst so nach und nach kommt Licht in diesen verzwickten Mordfall, doch dabei bleibt der Mörder bis zum Schluss im Dunklen. Mir hat es Spaß gemacht, hier zu rätseln und zu entschlüsseln, wer hinter der Tat steckte und zu entdecken, wohin die Gedanken der anderen Protagonisten gingen. Auch hat mir Rosina gut gefallen. Ihre Art, an die Dinge heranzugehen und ihre Freunde, die ihr zur Seite standen, haben dieser Geschichte ihren ganz eigenen Charme verliehen.


    Gleich zu Beginn ist ein Personenregister vorhanden, sodass man schon vor dem Lesen einen kleinen Überblick über die Protagonisten bekommt. Am Ende des Buches befindet sich ein umfangreiches Glossar der fremden Begriffe, und ein abschließendes Nachwort der Autorin klärt Fiktion und Wahrheit. Mir gefallen solche kleinen Details in historischen Romanen immer sehr gut.


    Fazit:


    „Im schwarzen Wasser“ ist ein verschachtelter historischer Kriminalroman, der nicht auf direktem Wege zum Ziel führt. Mir hat gut gefallen, wie die Charaktere agiert haben. Auch wenn es für mich der erste Fall mit Rosina war, war es sicher nicht mein Letzter. Ein kleiner Aufhänger ganz zum Schluss sorgt schon dafür, dass es noch mal ein Wiedersehen mit Rosina und ihren Freunden geben könnte.


    4ratten

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    REZENSION – Vor einem Jahrzehnt hatte Petra Oelker (73) ihre um das Jahr 1770 in Hamburg spielende Kriminalreihe mit dem zehnten Band „Die Nacht des Schierlings“ abgeschlossen. Nun folgte doch noch mit „Im schwarzen Wasser“ ein elfter Band, der trotz zehnjähriger Schreibpause chronologisch an den Vorgängerband anschließt und wieder mit einem Mord beginnt.

    Im Mai 1774 wird in der Gerberei an der Kleinen Alster – damals ein See südlich der Binnenalster, heute nur noch ein schmaler Fleet am Rathausmarkt – der Leichnam eines jungen Mannes in der Lohebrühe gefunden. Niemand kennt den Fremden, der sich erst seit wenigen Tagen in der Stadt aufhielt und sich als Erfinder ausgab. Wem mag dieser Unbekannte nach nur wenigen Tagen schon im Weg gewesen sein? Weddemeister Wagner kommt bei der Aufklärung dieses geheimnisvollen Falles nicht voran.

    Wer nun in Oelkers Roman einen echten Krimi erwartet, dürfte bald enttäuscht sein. Denn spannend ist „Im schwarzen Wasser“ nicht unbedingt. Der Weddemeister, den man als Vorgänger heutiger Kriminalkommissare sehen kann, geht seiner Arbeit eher lustlos nach, und die Ermittlung tritt in der nachfolgenden Handlung fast völlig in den Hintergrund. Erst im letzten Fünftel dieses 400-Seiten-Romans nimmt der Kriminalfall wieder Fahrt auf, endet dann aber unerwartet. Die eigentlichen Hintergründe, die letztlich zur Lösung des Falles geführt haben, erfahren wir von der Autorin, fast als seien sie Nebensache, in einem kurzen, abschließenden Rückblick. Dieser Roman ist also keineswegs, wie vom Verlag irreführend angegeben, ein Krimi, stattdessen aber eine lebensechte Alltagsschilderung des Lebens und Arbeitens im aufstrebenden Hamburg zur Zeit des Wandels von der mittelalterlichen Hansestadt in die neuzeitliche vorindustrielle Handels- und Hafenstadt.

    So gesehen, ist der Autorin eine faszinierende historische Abhandlung gelungen, die vor allem jenen Lesern gefallen dürfte, die der Stadt Hamburg eng verbunden sind. Aber auch alle anderen geschichtlich interessierte Leser kommen auf ihre Kosten. Oelker beschreibt die Arbeit eines Gerbers und der Stadtleichenfrau ebenso wie die eines Stadtphysikus. Wir erfahren viel über das noch kleine Hamburg mit seinen engen und schmutzigen Gassen, bemerkenswerten Gebäuden und Institutionen, das außerhalb seiner kreisförmigen Stadtmauer im Osten noch von riesigen Gärten und Äcker (heute St. Georg) umgeben ist, im Westen von innerstädtisch störendem Gewerbe wie Tran-Brennereien und Bordellen (heute St. Pauli). Neben fiktiven Figuren begegnen uns, geschickt in die Handlung eingebunden, reale Persönlichkeiten jener Zeit.

    Reine Krimi-Leser werden bei „Im schwarzen Wasser“ kaum auf ihre Kosten kommen, dient der Mordfall doch nur als Auftakt zu einer interessanten Alltagsschilderung Hamburgs im Jahr 1774. Manche Seite überliest man vielleicht auch etwas schneller, wenn die Autorin in ihrer Beschreibung allzu kleinteilig wird. Doch überwiegend beschreibt Petra Oelkers dieses alltägliche, eigentlich unspektakuläre Leben der Hamburger Arbeiter und Bürger sowie die Atmosphäre und Stimmung jener Zeit so wirklichkeitsnah sowie ihre so verschiedenen Figuren und deren Hausgemeinschaften so bezaubernd, dass man bei der Lektüre dieses leicht lesbaren und gut unterhaltenden Romans fast glauben könnte, selbst durch die nächtliche Mattentwiete zu laufen, dem Stadtphysikus beim Sezieren im Anatomischen Theater zuzuschauen oder inmitten der Arbeiter beim Bier im Eschenkrug oder der Kaufleute beim Mocca in Jensens Kaffeehaus zu sitzen.