Kapitel 23 - 29

Es gibt 12 Antworten in diesem Thema, welches 1.467 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Zank.

  • Hier ist Raum für alles, was ihr zu Kapitel 23 - 29 zu sagen habt. :)

    Schreiben ist meine Sucht. Ich bändige Ideen, spiele mit Worten und habe nicht verlernt zu träumen. Meine Geschichten sind phantasievoll und bunt oder abgründig und dunkel. Meine Leser schubse ich in Welten, in denen sie sich hoffentlich verlieren, um irgendwann atemlos wiederaufzutauchen.

    Einmal editiert, zuletzt von Claudia Starke ()

  • Diese Dunkelheit hinter dem Spiegel ist für mich immer noch sehr greifbar und wirkt noch nach. Diese Leere, Verzweiflung und Einsamkeit war bis zum buchstäblich letzten Wort sehr einfühlsam beschrieben. Vor allem das letzte Wort „Mama“ hat mich sehr berührt. Ich hoffe, dass du, liebe Claudia Starke, hier nicht auch wieder eigene Erfahrungen eingebaut hast wie bei „Verloren“. Das wäre zu grausam.
    Über die Deutung bin ich mir noch nicht ganz sicher. Einerseits scheint Anna Lily’s Schwester zu sein, sogar die Zwillingsschwester. Das erklärt das gleiche Aussehen. Sie könnte durch einen Unglücksfall in ein Koma gefallen und schließlich wieder erwacht sein. Aber das erklärt nicht die anderen Personen.
    Ich tendiere eher zu einer gespaltenen Persönlichkeit, wobei die einzelnen Identitäten ins Innere / hinter dem Spiegel verbannt werden, wenn gerade eine andere Identität die Führung übernimmt. Dort können sie nur durch die Augen / Spiegel in die Welt hinaussehen. Sofias in sich Aufnehmen von anderen Personen könnte eine Art gelungene Psychotherapie sein, wobei sich die überflüssigen Identitäten nach und nach auflösen. Falls das die Idee dahinter ist, kann ich mir nicht vorstellen, wie grausam das für die betroffene Person sein muss. Ich hoffe, dass der Film „Split“ mich auf eine falsche Fährte gelockt hat!

  • Ein grandioses Finale. Ich bin rundherum zufrieden mit dem Buch. Claudias Bücher haben mich zwar noch nie enttäuscht, aber es hätte ja sein können ?


    Ich finde es toll, dass es eine richtige Auflösung gab. Sowohl in Bezug auf die Geschichte, wie nun die erste Frau hinter den Spiegeln gelandet ist und wieso sie die anderen anlockt; als auch die Botschaften (Bahnhof, Frisur) und das Happy End für Lily und Anna. Ganz, ganz toll!


    Dass Lily Anna helfen kann, war gleich am Anfang von Kapitel 22 klar (das ich bei meinen Lesezeichen im Buch versehentlich diesem Abschnitt zugerechnet hatte). Diese Geschichte mit dem Verlobten und wie die Frau ihn aus den Spiegeln beobachtet und seiner neuen Frau gruselige Bilder vom Babybauch zeigt – schon unheimlich. Ich hätte alle Spiegel weggeworfen an Stelle der Schwangeren. Irgendwie skurril fand ich, wie er dann vor dem Spiegel masturbiert, sie erwischt ihn und sie trennen sich? Ich meine, ja, ist schon etwas ungewöhnlich, aber es gibt schlimmeres, oder?


    Dann ist er mit im Spiegel und sie erschaffen sich eine perfekte Scheinwelt. Das hat mich total an den Film „Inception“ erinnert. Wie heißt es dort?

    Zitat von Inception (Film)

    „Du weißt, wohin dich der Zug hoffentlich bringen wird, aber du weißt es nicht sicher. Aber das ist dir nicht wichtig, weil wir zusammen sein werden.“

    Das fand ich hier ganz schön widergespiegelt (Achtung, Spiegelwortspiel).


    Dass Leseesel ein Palindrom ist, habe ich tatsächlich erst verstanden, als Lily es erwähnt. Ups.


    Das Charlotte-Kapitel hätte es für mich eigentlich nicht mehr gebraucht. Mir ist auch nicht ganz klar, was da nun passiert ist. Das ist das erste Mal, dass jemand mit dem Spiegelbild spricht, oder? War das im Spiegel die „Gestalt“ oder Anna? Die Gestalt hatte doch mit Anna schon ihr nächstes Opfer – warum hätte sie Charlotte holen sollen?


    Insgesamt, wie schon oben geschrieben, fand ich das Buch wirklich stark. Meine Rezi kommt wahrscheinlich erst nächstes Wochenende (vielleicht schaffe ich es heute noch, aber dann ist bei mir wieder ganz schön viel los..).

  • Ich tendiere eher zu einer gespaltenen Persönlichkeit

    Ich mag ja deine Deutungen, aber liest du hier nicht vielleicht einfach zu viel rein? Jetzt bin ich neugierig, was Claudia Starke dazu sagt!!


    Ich würde das ganze als reine Phantastik-Geschichte genau so stehen lassen, wie es ihm Buch steht.

    Vielleicht denke ich da auch einfach zu schlicht, aber so passt wenigstens alles zusammen und ergibt einen Sinn ^^ Ich lese ja gerne solche Bücher (u.a. von Wolfgang Hohlbein), in denen unsere reale Welt etwas aus den Fugen gerät und Fantasyaspekte - wie hier der Gang durch die Spiegel - einfließen. Da brauche ich gar keine versteckte psychologische Ebene.


    Das soll nicht heißen, dass es die nicht geben kann und dass Claudia sich vielleicht genau so etwas beim Schreiben überlegt hat. Oder dass sie es zwar nicht geplant hat, aber man es trotzdem reinlesen kann. Das ist ja das Schöne bei Texten - es gibt so viel Interpretationsspielraum. Ich habe mir das schon in der Schule bei Gedicht-/Romananalysen oft gedacht: Was wir da alles in jede Blume hineininterpretiert haben. Ja, vielleicht hat Fontane absichtlich weiße Lilien verwendet, weil die für Unschuld stehen. Vielleicht mochte er aber auch einfach die Blumen ^^

  • Vielleicht hast du recht und ich interpretiere tatsächlich zu viel hinein. Das ist das Problem mit mir. Ich muss immer alles hinterfragen.?

    Jetzt bin ich mal wirklich auf Claudias Antwort gespannt! ?

  • Ihr Lieben, erst einmal <3lichen Dank für eure Rückmeldungen! Ich bin wirklich begeistert, wie ihr lest, und kann es gar nicht oft genug sagen. :love:


    In diesem Fall ist der Roman - wie Zank es so schön erkannt hat - eine reine Phantastik-Geschichte. Was nicht heißt, dass nicht RitaM mit ihren Gedanken ebenso recht hat. Es ist nur so nicht von mir gedacht, aber umso schöner, wenn auch dies daraus entnommen werden kann. (Auch ich war stets der Meinung, dass nicht alles von Autoren mit Hintergedanken geschrieben wird. Umso wichtiger sollte auch im Deutschunterricht gelten, dass jeder die Freiheit haben sollte, Texte so zu interpretieren, wie sie bei ihm ankommen. Leider hatte ich nur ein halbes Jahr in der Oberstufe bei einem Lehrer, der so offen war.)


    Schön ist, dass ich durch diese Leserunde so viel Anregungen für meinen nächsten Roman "Riss in der Wirklichkeit" mitnehme, dass ich definitiv auf euch als Vorab-Leserinnen zukommen werde.


    Doch nun zu "Spiegelgänger":


    Anna war von Anfang diejenige, die ich hinter die Spiegel schicken wollte - allerdings hatte ich keine Idee, wie sie von dort wieder wegkommen sollte. Geschweige denn, was sie dahinter erwarten würde. Kein Wunder, dass die Idee lange ruhte. (Ganz zu Anfang lebte in meiner Vorstellung ein böser, mächtiger Magier in der Spiegelwelt, doch das war mir dann doch zu klischeehaft. Da finde ich Sofia geeigneter, da sie selbst Opfer ist.)

    Irgendwann - ich glaube, es war in einer Krimiserie - schnappte ich den Begriff "Spiegelzwillinge" auf und kannte den Ausweg für Anna. Zunächst hieß ihre Schwester noch Lena, doch auf der Suche nach Zeichen, die Anna ihrer Schwester geben musste, verfiel ich auf die Palindrome und aus Lena wurde Lil(y).

    Nun brauchte ich nur noch ein paar Opfer, die ebenfalls durch die Spiegel gehen mussten. Auch hier wollte ich nicht 08/15-Missbrauchsopfer kreieren, sondern überlegte mir, welche Gründe es jeweils geben könnte. In Lauras Fall hab ich es z. B. ausführlich mit meiner Tochter diskutiert, die dem Szenario schließlich zustimmen konnte.


    Das Charlottes Geschichte eigentlich überflüssig sei, hab ich schon von anderer Seite gehört, wobei auch betont wurde, dass dieses Kapitel andererseits sehr stark sei. Also ließ ich es drin. (Ein bisschen war es beeinflusst von meinen Depressionen, die auch "Verloren" geprägt hatten - aber eben nur ein bisschen.) Ein anderer Grund, das Kapitel noch zu lassen, obwohl es doch gar nicht nötig sei - auch für Sofia nicht - habe ich versucht, kurz anzureißen. "Die Stadt, für die diese so viel Interesse aufwies, hatte sie abgelenkt. Zu viele Verzweifelte. Leichte Opfer." Damit wollte ich andeuten, dass auch Sofia sich veränderte. Es ging nicht mehr nur ums Überleben, sondern sie fand Gefallen daran, verzweifelte Menschen zu Opfern zu machen. Deshalb musste ich sie auch am Ende machtlos in der Dunkelheit zurücklassen. Eine Testleserin regte an, dass Anna sie mitnehmen könne, doch mir erschien dieses Ende folgerichtiger. Mit genau diesem einen letzten Gedanken.


    Danke. Fühlt euch gedrückt. <3

    Schreiben ist meine Sucht. Ich bändige Ideen, spiele mit Worten und habe nicht verlernt zu träumen. Meine Geschichten sind phantasievoll und bunt oder abgründig und dunkel. Meine Leser schubse ich in Welten, in denen sie sich hoffentlich verlieren, um irgendwann atemlos wiederaufzutauchen.

  • Sehr interessant, deine Ausführungen! Ich hatte leider nie einen Deutschlehrer gehabt, der viel Spielraum für eigene Gedanken ließ. Und bei einigen Büchern hatte ich auch, wie du beschrieben hast, das Gefühl, hier steckt mehr dahinter, auch wenn es meistens für mich nicht so greifbar war, wie bei deinem.
    Auch wenn es nicht von dir beabsichtigt war und ich wahrscheinlich nur wegen „Split“ auf den Gedanken gekommen bin, finde ich immer noch, dass deine Beschreibungen der Spiegelwelt sehr gut zu der Verzweiflung und Einsamkeit passen, die in einer gespaltenen Persönlichkeit vorhanden sein können. Aber wie Zank es schon bemerkt hat, auch ohne diese Interpretation ist es ein sehr spannendes Buch. ?
    Und es ist gut, dass du dieses Ende gewählt hast. Gerade dieses „Mama“ in kursiv als letztes Wort macht diese Einsamkeit greifbar.

    Ich freue mich schon auf dein nächstes Buch und dass wir wieder dabei sein dürfen! ?

  • (Auch ich war stets der Meinung, dass nicht alles von Autoren mit Hintergedanken geschrieben wird. Umso wichtiger sollte auch im Deutschunterricht gelten, dass jeder die Freiheit haben sollte, Texte so zu interpretieren, wie sie bei ihm ankommen. Leider hatte ich nur ein halbes Jahr in der Oberstufe bei einem Lehrer, der so offen war.)

    Ich hatte auch eine ganz tolle Lehrerin, die uns immer sagte "solange eure Interpretation schlüssig ist, ist sie richtig. Auch wenn es nicht die ist, die ich hören wollte oder die im Lehrbuch steht"

    Eine andere Lehrerin war da strenger. Ich erinnere mich an eine Gedichtanalyse (Goethe - Nähe des Geliebten). Meine beste Freundin schrieb eine ausführliche Analyse mit lyrischem Ich blabla und dann noch die Ergänzung "oder Goethe war schwul". Die Lehrerin malte ein Smiley daneben, schrieb "war er nicht" und gab ihr eine 4. Woher will sie das wissen? ;)


    Schön ist, dass ich durch diese Leserunde so viel Anregungen für meinen nächsten Roman "Riss in der Wirklichkeit" mitnehme

    Der Titel ist mal wieder sehr vielversprechend :love:


    In Lauras Fall hab ich es z. B. ausführlich mit meiner Tochter diskutiert, die dem Szenario schließlich zustimmen konnte.

    Ach wie schön, dass du deine Familie mit einbeziehst! Wie alt ist deine Tochter?


    Eine Testleserin regte an, dass Anna sie mitnehmen könne, doch mir erschien dieses Ende folgerichtiger.

    Hätte mir nicht gefallen, muss ich zugeben. Das wäre vom Gefühl her nicht stimmig gewesen.


    Gerade dieses „Mama“ in kursiv als letztes Wort macht diese Einsamkeit greifbar.

    Oh ja, da stimme ich dir komplett zu. Ich finde "Mama" ist sowieso so ein starkes Wort (vor allem seit ich selbst Mama bin).


    Wenn ich das Buch nochmal lese, werde ich es mit der multiplen Persönlichkeit im Hinterkopf tun, RitaM , und ich bin mir jetzt schon sicher, dass das alles super zusammenpasst. Danke dir für diesen Input!

  • Ach ja, dazu noch:

    Das Charlottes Geschichte eigentlich überflüssig sei, hab ich schon von anderer Seite gehört, wobei auch betont wurde, dass dieses Kapitel andererseits sehr stark sei. Also ließ ich es drin.

    Stark war es auf jeden Fall. Es ist für mich ein bisschen aus dem Rahmen gefallen, weil es eben an dieser Stelle "überflüssig" war (vielleicht hätte man es einfach weiter nach vorne verschieben können) und weil Charlotte eben mit dem Spiegelbild spricht, was sonst nie vorgekommen ist.

  • Für unseren Deutschlehrer war nur das richtig, was in "Königs Erläuterungen" stand. Hatte natürlich den Vorteil, dass man sich super vorbereiten konnte. Oder hätte können, denn ich fand es schon immer viel spannender, sich eigene Gedanken zu machen.

    Ach wie schön, dass du deine Familie mit einbeziehst! Wie alt ist deine Tochter?

    Ich weiß nicht, ob sie das immer so schön finden. ;)
    Meine Tochter ist 18 und somit nah genug an Lauras Alter, um es nachvollziehen zu können. Und auch Max' Geschichte haben wir gemeinsam überlegt.


    Vielen, vielen Dank für diese Mini-Leserunde, es war wieder ein großes Vergnügen und ich freue mich auf euer Testlesen beim nächsten Buch! :jumpies:

    Zank - wärst du auch bei einem Kinderbuch ab 10 Jahre dabei?

    Schreiben ist meine Sucht. Ich bändige Ideen, spiele mit Worten und habe nicht verlernt zu träumen. Meine Geschichten sind phantasievoll und bunt oder abgründig und dunkel. Meine Leser schubse ich in Welten, in denen sie sich hoffentlich verlieren, um irgendwann atemlos wiederaufzutauchen.