"Aber Jakob ist immer quer über die Gleise gegangen."
So lautet der erste Satz und von nun an wird der Leser aufgefordert, eigene Vermutungen anzustellen, wieso Jakob schlussendlich ums Leben kam. Dabei wird dem Leser einige Konzentration abverlangt, denn die Wochen vor Jakobs Tod werden gröβtenteils aus den Gedanken der Protagonisten umrissen. Kleine Fetzen, die von verschiedenen Personen aus Jakobs Umkreis erdacht werden. Wer genau das Wort ergreift und worüber gerade erzählt wird, muss selbst herausgefunden werden – anhand des Sprachstils oder der Umstände des Einzelnen. Ein Schema wird zusammengesetzt, ein anderes wieder verworfen, da der Erzähler vielleicht falsch gemutmasst hat oder weil ein zusätzliches Detail in die Runde geworfen wurde. Doch worum geht es in dieser Geschichte?
Jakob lebt in mecklenburgischen Jerichow als Rangierer der Reichsbahn. Seine Mutter flüchtet nach Westdeutschland und als seine Freundin Gesine im Westen für die NATO arbeitet, könnte von nun an Jakob für die Stasi von Interesse sein. Die Stasi taucht in der Gestalt von Rolfhs auf, der, um die Sache zu erschweren, mit mehreren Namen auftaucht. Rolfhs setzt sich in Jerichow ab, um Jakob zu beobachten und verfolgt ihn, lässt ihn jedoch an der langen Leine. Selbst als Jakob für kurze Zeit nach Westdeutschland reist, lässt Rolfhs ihn gewähren. Als Jakob enttäuscht von dort zurückkommt, wird er vom Zug überrollt.
Interessant ist die Distanz des Autors zu seinen Figuren. Seine Protagonisten führen ein Eigenleben, sie handeln und denken selbständig, ohne ersichtliches Eingreifen des Autors – was zur Folge hat, dass weder beschönigt, noch verurteilt wird und findet womöglich Verständnis für deren Taten.
Punkte werde ich jedoch nicht verteilen, da für mich noch einige Rätsel ungelöst geblieben sind und somit ein zweites Lesen erforderlich macht. Wer sich darauf einlässt, findet Gefallen an der anspruchsvollen Spurensuche.
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