Clarissa Bühler - Wechselbalg

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    Ich habe lange überlegt, und habe mich bei diesem Buch für 5 Sterne entschieden. Schon beim Lesen kletterten die Sterne, die ich vergeben wollte, stetig nach oben, zum Schluss waren es solide 4+. Warum volle 5? Ganz einfach: seit ich dieses Buch beendet habe, habe ich 3 weitere Bücher gelesen, doch meine Gedanken kreisen immer noch um Mo, Joe und Marie. Ihre Geschichten lassen mich nicht los.


    Alle drei sind irgendwie extreme Persönlichkeiten.


    Mo, dem das, was seine Ahnen geschaffen haben, über alles geht - Ansehen, Bildung, Anstand und Moral. Der alles dafür tut, seinem ›Erbe‹ gerecht zu werden. Außer, es geht um Joe. Ich frage mich, ob er es schaffen wird, seine Probleme zu lösen.


    Joe, dessen innige Bindung an seinen Onkel Robbie so extrem ist, dass er seinen Verlust kaum ertragen kann und völlig aus der Bahn geworfen wird. Obwohl ich selber einen Verlust noch nie so tief gespürt habe, und ich Joe manchmal schütteln wollte, damit er wieder klar dreht, ist seine Gefühlswelt so eindrücklich beschrieben, dass ich immer noch daran denken muss.


    Marie, deren extremer Gottesglaube sie auf einen Lebensweg zwingt, den sie sich ursprünglich ganz anders vorgestellt hatte. Ich war selber viele Jahre in einer ziemlich radikalen Freikirche, und kann deshalb diesen starken Glauben nachfühlen. Ich muss immer noch darüber nachdenken, was ich wohl zu Marie sagen würde, wenn wir uns unterhalten könnten.


    Die Erzählperspektive ist anfangs klar: Mos und Maries Geschichten werden in der dritten Person erzählt, Joe berichtet dagegen in der Ich-Form. Doch dann schaltet sich Joe, der Ich-Erzähler, plötzlich ein paarmal in die Perspektiven der anderen beiden ein. Beim ersten Mal war das ziemlich verwirrend. Aber ich glaube, ich habe es durchschaut: Joe erzählt die ganze Geschichte, wählt bei den anderen beiden aber fast immer die dritte Person, außer, er macht eine persönliche Beobachtung.


    Die Geschichte beginnt gleich im ersten Kapitel mit der Todesnachricht von Onkel Robbie (nein, das ist noch kein Spoiler) hat aber trotz dieser Tragödie erstmal ein ruhiges Tempo. Nach und nach entwickelt sie allerdings einen Sog, denn es ist nicht alles so, wie es auf den ersten Blick scheint, weder bei den Brüdern, noch bei Marie. Je weiter die Handlung fortschreitet, desto spannender wird es, vor allem bei Mo.


    Das Buch endet mit einem Cliffhanger, die Geschichte wird in Teil 2 fortgesetzt. Ich bin schon mega gespannt, wie es mit den Dreien weitergeht, und werde mir den nächsten Band ganz sicher nicht entgehen lassen.


    5ratten

  • Offenes Ende!


    Mo und Joe sind Brüder und die Erben eines renommierten Verlages. Während Mo Werte wichtig sind, die es ihm ermöglichen Karriere zu machen und eine Familie zu gründen, ist sein jüngerer Bruder komplett anders.

    Der 16-jährige Joe ist labil und nach dem Unfalltod seines geliebten Onkels Robbie geht es ihm psychisch nicht gut. Er leidet sehr, denn sein einziger Halt neben Mo, um an dem cholerischen Vater und der instabilen Mutter nicht zu zerbrechen, ist nun weggebrochen.


    In Kapiteln in angenehmer Länge wird einerseits Mo, der älteste Sohn der Familie von Treuenfels, in den Mittelpunkt gestellt. Diese Kapitel wechseln sich ab mit Kapiteln, in denen Marie, eine junge Studentin, die in Freiburg mit ihrem Studium beginnt, steht. Die Kapitel dieser Figuren sind in Erzählform gehalten.

    Dann ist da auch noch Joe, der jüngere Bruder von Mo, dem die weiteren Teile der Kapitel gewidmet sind. Irritierend fand ich, dass Joe sich in die "Marie und Mo - Kapiteln" einmischt und Details über diese Figuren erzählt. Das machte mir den Einstieg in die Geschichte schwer, später empfand ich das als störend. Einzig Kapitel aus der Sicht von Joe sind in Ich - Form gehalten. In diesen Passagen gibt Joe sehr viel Persönliches preis und man spürt als Leser, wie es ihm psychisch schlechter und schlechter geht.

    Etwas Probleme bereiteten mir die Zeitebenen. Gleich zu Beginn startet die Geschichte mit dem letzten Tag vor den Sommerferien im Internat von Mo und Joe. Drei Kapitel später arbeitet Mo im Verlag seines Vaters und denkt über eine Anmeldung bei einer Universität nach. Die Anmeldung zur Universität wurde dann jedoch nicht mehr erwähnt und so frage ich mich, was der Zweck war, diese zu thematisieren. Dann, wieder einige Kapitel später, steht er kurz vor dem Abschluss seines Studiums. Ich konnte das zeitlich nicht einordnen, denn daneben laufen die Kapitel "Marie" und " Joe" so, dass das Geschehen maximal ein paar Wochen dauert.

    Der Schreibstil von Clarissa Bücher liest sich gut. Einzig ein paar aufgesetzte Sätze oder Stellen holpern etwas. Ausdrücke wie zum Beispiel......der hehren Erbschaft unserer Ahnen...Seite 295 oder " ...die Tür, die zu ihren Gemächern führte, stand offen" Seite 59 empfinde ich als altmodisch, künstlich und sie passen nicht recht zu einer Story in denen auf der anderen Seite Interviews, Laptops und E-Mails integriert sind.

    Meine Lieblingsfigur ist Joe. Diesen labilen und selbstmordgefährdeten Teenager fand ich überzeugend charakterisiert. Mich fesselten die Kapitel von und mit Joe. Nicht warm wurde ich mit Marie und Mo.

    Marie ist gottesfürchtig, naiv und weltfremd. Eine Einladung ihrer Mitstudenten "etwas trinken zu gehen" schlägt sie erschrocken ab, denn schon der Gedanke daran könnte sie verunreinigen (O-Ton). Marie passt, meiner Meinung nach, irgendwie nicht so richtig in die heutige Zeit.

    Mo scheint aus einem anderen Jahrhundert gefallen. Ich bin mir nicht sicher, wann die Geschichte zeitlich einzuordnen ist. Aber da es Handys, E-Mail und Laptops gibt, siedle ich die Story in der realen Gegenwart an. Mo ist dagegen, mit einer Frau "vor der Ehe das Schlafzimmer zu teilen"(Seite 58) und hat Ansichten wie vor 100 Jahren. Mo wurde mir mehr und mehr unsympathisch mit seiner überheblichen Art. Er sieht auf Menschen herab, die nicht seinem Stand entsprechen. So sagt er zum Beispiel, dass er immer Untermenschen gehabt hat, die sich um niedere Belange kümmerten. Auch hier wieder sehr gestelzte Worte. Mo und Maries Passagen haben mir weit weniger zugesagt, da ich die Charakterisierung dieser Figuren als nicht passend in die Zeit, in der die Geschichte wohl handelt, empfand.

    Die Geschichte um Mo, Marie und Joe endet mit einem offenen Ende und ist zum Schluss klar als erster Teil deklariert. Schade, wurde auf dem Cover nicht vermerkt, dass dies ein erster Teil ist. Da ich Reihen und nicht in sich abgeschlossene Bücher nicht mag, stehe ich nun vor vielen Fragen und müsste theoretisch bis zur Veröffentlichung der Fortsetzung warten, um eine Antwort zu finden.


    3ratten

  • Marie, deren extremer Gottesglaube sie auf einen Lebensweg zwingt, den sie sich ursprünglich ganz anders vorgestellt hatte. I

    Den starken Glauben habe ich ihr abgenommen, aber daneben empfand ich Marie als sehr weltfremd. Ist so eine Figur in der heutigen Zeit real? Das war für mich nicht stimmig. Ebenso wie Mo...

  • die sehr streng gläubig sind und für Aussenstehende weltfremd wirken können.

    Marie ist weltfremd wenn es um Kontakte, technische Finessen und Werte geht. Das ist sicher ihrem Aufwachsen in einer religlös geprägten Familie ( keine Sekte) einem kleinen Dorf geschuldet. Sie beginnt soziale Arbeit zu studieren weil sie unbedingt Nonne werden will. Den Zusammenhang habe ich persönlich ebenso wenig begriffen, wie, dass sie sich überhaupt in die Grossstadt Freiburg wagt. Es ist schwer zu beschreiben ... mich hat die Figur nicht überzeugt, denn oft empfand ich sie " künstlich" weltfremd und naiv, damit sie in den Plot passt.