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Die verschwiegene Bibliothek in der Edition Büchergilde; herausgegeben von Ines Geipel und Joachim Walther - https://www.buechergilde.de/shop/produkte/162067-badetag
Inhalt
Warum hast du nur ,Badetag' gesungen? Jetzt heißt es, der Chansonclub Leipzig verbreitet feindlich negative Texte", wird Salli Sallmann nach einem seiner Auftritte vorgeworfen. Das ist der Anfang vom Ende des Liedermachers in der DDR. Tatsächlich geht es in dem Lied nur um eine zu enge Küche und um Liebe in der Badewanne. Salli Sallmanns autobiografische Berichte, Balladen und Gedichte zeigen den authentischen DDR-Alltag, erzählen vom Eigensinn in einem repressiven System und von den möglichen Folgen, benennen, was die Menschen bewegte, was sie fröhlich stimmte oder verzweifeln ließ. Ein zeitgeschichtliches Dokument von besonderer Relevanz und Eindringlichkeit.
Buchbeginn
Menschen, die in der DDR Gitarre spielten, eigene Melodien und eigene Texte verfassten und auch noch der Meinung waren, mit ihren musikalischen Produkten auftreten zu müssen, benötigten eine ordentliche staatliche Erlaubnis, da die DDR-Behörden meinten, in der DDR müsse es ordentlich zugehen und da könne nicht jeder einfach so singen, was er will.
Aus dem Lesetagebuch
DDR, 1970er-Jahre. Der Liedermacher Salli Sallmann trat während seiner Studienzeit bei allen Möglichkeiten auf, die sich ihm boten. Bis man ihm mitteilte, dass er damit strafbare Handlungen beging. Um auftreten zu dürfen, brauchte er eine Auftrittserlaubnis und zusätzlich musste er sich einem Ensemble angliedern. Die Aufnahmeprüfung hatte er nur geschafft, weil er seine Liebesballaden, aber keine politischen Songs zum Besten gab.
Er wurde vom Chansonclub Leipzig aufgenommen, den Ortwin Quartz leitete. Dieser Club sang das Repertoire des "Oktoberklub", wie zum Beispiel "Brüder zur Sonne zur Freiheit", "Sag mir, wo du stehst" - "und alle gängigen Freiheitslieder der Befreiungsbewegungen sowie sowjetische Solidaritäts- und Militärlieder.
Salli Sallmann erhielt aber gleich zu Beginn die Order, keine politischen Texte zu singen:
",Da ist nur eine Sache', sagte Ortwin Quartz nach einem Auftritt im Maschinenbau-Klubhaus ,Roter Oktober'. ,Manche deiner Songs passen nicht besonders zu unserem Programm. Sing doch bei uns lieber deine schönen traurigen Liebeslieder und lass die politischen Sachen weg. Wir pflegen hier das Chanson, und wir wollen doch Erfolg haben, aufsteigen, auch mit dir zusammen! Da musst du uns auch ein bisschen entgegenkommen!'"
Doch schon beim nächsten Auftritt trickste Salli und sang als letztes die "Bahnhofsballade", die davon erzählte, wie er wegen seiner "langen Haare von der Transportpolizei verprügelt worden war".
Nach dem vorprogrammierten Ärger gelobte er Besserung. Aber nicht für lange. Während eines Auftritts im Leipziger Klubhaus der SED-Parteiveteranen sangen sie "Bella Ciao", "Partisanen vom Amur", "We shall overcom", "Wem gehören die Fabriken?" und "Die ganze Erde uns und kein Stück unseren Feinden". Während dieses Auftritts brach die Solistin zusammen.
In heller Aufruhr meinte Ortwin Quartz, Salli solle weitermachen. Doch der konnte mit den politischen Texten nichts anfangen. Dann eben dein Zeug, meinte Quartz und Salli nahm ihn natürlich beim Wort. Und so sang er mit seiner Gitarre vor zweihundert Veteranen der SED sein "Spielzeuglied" (gegen den Verkauf von Kriegsspielzeug in DDR-Kaufhäusern), "Badetag", "in dem auf miese Wohnverhältnisse in der DDR angespielt wurde, und einen Song über das Trampen in der DDR. Hier geht es darum, dass man den "Zwängen der Zeit" "den Zahn ziehen sollte", und sei es durch Flucht. Der Beifall hielt sich in Grenzen.
Fortsetzung folgt...