Loretta Napoleoni - Die Macht der Maschen

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    Dieses Buch ist das Pendant zu meinem gerade gelesenen "Vom Glück zu lesen" von Martin Latham: ein biografisches Sachbuch zum Thema Stricken.

    Ich liebe ja die Bücher von Susanne Oswald, die so schön übers Stricken und Wolle schreiben kann. Aber dieses Buch hier, das kann man mit solch einem Roman nicht vergleichen. Obwohl der Klappentext das ein wenig vermuten lässt.

    Hier geht es schon um die Geschichte des Strickens, die Autorin geht da Jahrhunderte zurück. Und feministisch war das Stricken ein Streitthema. Sollte es doch die Frauen ans Haus fesseln und für die Familie arbeiten. Mit dem ans Haus fesseln hat es nicht geklappt; Frauen stricken überall: im Park, am Strand, in Wartezimmern und und und. Und ja, früher mussten Frauen die Familien bestricken, weil das Geld für Kleidung fehlte. Doch nach dem 2. Weltkrieg änderte sich dies. Sie begannen, selbstbewusst chice Sachen für sich selbst zu stricken.

    Während der beiden Weltkriege strickten Mädchen und Frauen hauptsächlich für die Männer an der Front. Die freuten sich auf die Pakete mit den farbenfrohen Sachen. Das sahen wiederum die Regierungen äußerst ungern, sodass es bald Vorgaben gab, was die Frauen zum Stricken nutzen durften.

    Dann gab es auch strickende Spione, die in ihren Mustern Codes versteckten. Hatte ich noch nie gehört.

    Neu war mir, dass das Stricken auch nach den Kriegen so dermaßen politisch sein soll:


    "Dass das Stricken ein politisches Mittel ist, um die Kehrseite der Globalisierung, von den Einkommensunterschieden bis zum Zusammenbruch der Sozialdemokratie, zu hinterfragen, ist eines der bestgehüteten Geheimnisse unserer Zeit. Irgendwie haben es die Machthabenden geschafft, dass sich das Stricken als politische Protestform auf eine verschwindend geringe Anzahl exzentrischer, spleeniger Aktivisten beschränkt. Doch das Gegenteil ist der Fall. Das Stricken als Mittel des politischen Protests hat sich seit Beginn des 21. Jahrhunderts rasant verbreitet, und diejenigen, die sich der Bewegung anschließen, haben eine klare Vorstellung davon, was in unserer Gesellschaft schiefläuft. Sie bedienen sich häufig einer Revolutionsrhetorik, zuweilen sogar mit Anklängen an den Marxismus. Sie wollen den sozial Benachteiligten mit dem friedlichen Mittel des Strickens helfen, sich Gehör zu verschaffen. Das ist nicht bloß ein Lieblingsprojekt der Generation Y, die Bilder von Decken, die sie für Bäume gestrickt hat, auf Instagram veröffentlicht. Es ist ein friedliches, eindringliches Statement über die Auflösung unserer Gesellschaft, die Zerstörung der Umwelt und den Verfall sozialer Werte - alles ausgelöst durch die Profitgier."


    Ich bin nur so durch das Buch durchgerast, wollte alles aufsaugen, keine Seite war langweilig. Viele Namen, denen ich beim baldigen noch einmal lesen nachforschen werde.

    Äußerst interessant auch, was die Autorin beruflich alles so macht: https://de.wikipedia.org/wiki/Loretta_Napoleoni

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf