Nico Semsrott - Brüssel sehen und sterben

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    Autor: Nico Semsrott

    Titel: Brüssel sehen und sterben

    Untertitel: Wie ich im Europaparlament meinen Glauben an (fast) alles verloren habe

    Erschienen: 2024

    Verlag: Rowohlt

    352 Seiten


    Klappentext laut Amazon:

    Das Europaparlament – eine hervorragende Idee. Nur in der Realität leider ein Witz, und noch dazu ein sehr schlechter. Nico Semsrott berichtet ehrlich und komisch von seinen Erfahrungen aus fünf Jahren Europaparlament. Von der sinnlosen Pendelei zwischen Brüssel und Straßburg, in der schon alles steckt, was das Parlament im Kern ausmacht: Steuerverschwendung, Tragik und grober Unfug. Von gierigen Parlamentariern, die keines ihrer unsinnigen Privilegien ungenutzt lassen und sich ständig in die eigene Tasche wirtschaften. Und von seinem aufreibenden Selbstversuch, sich bei unzähligen Lobbyveranstaltungen in Brüssel kostenlos durchzufuttern, ohne Smalltalk zu betreiben. Denn ihm ist schnell klar: An dem Ort, an dem wir dringend auf Gerechtigkeit und Vertrauen angewiesen sind, wird Korruption nur selten bestraft, sondern meistens belohnt.

    Nico Semsrott trat den «merkwürdigsten Job der Welt» als Idealist an, um seine letzten Ideale zu retten, beendet er seine Politkarriere freiwillig. Das ist deprimierend, aber immerhin muss er auf nichts und niemanden mehr Rücksicht nehmen. Ein tragikomischer, kluger Bericht aus den Untiefen des Europäischen Parlaments.



    Meine Meinung:

    "Europa steckt in einer tiefen Krise. Ich auch. Deshalb identifiziere ich mich mit Europa." (Nico Semsrott)


    Der Untertitel von Nico Semsrotts Buch ("Wie ich im Europaparlament meinen Glauben an (fast) alles verloren habe") täuscht etwas. Etwa im ersten Drittel geht es in dem Buch nicht um Europa oder seine Tätigkeit im Parlament dort. Vielmehr handelt es sich hier um eine Biographie. Wir erfahren von seiner Schulzeit und der Herausgabe einer "illegalen" Schülerzeitung, seinem halben Jahr in einer christlichen Gemeinde in Amerika, seinen ersten Erfahrungen beim Poetry Slam, seinem Weg in DIE PARTEI, und dann natürlich auch vom Europaparlament. Hauptsächlich geht es aber um einen Mann, der immer (mal stärker, mal schwächer) mit seinen Depressionen kämpft.

    Er schafft es, seine Liebe zum Konzept Europa und gleichzeitig seine Fassungslosigkeit bezüglich der aktuellen Politik, Machtlosigkeit, mangelnden Transparenz und Korruption zum Ausdruck zu bringen.


    Kleiner Kritikpunkt von mir: Da das Buch teils chronologisch erzählt wird und teils zwischen Themen hin- und herspringt, gibt es vor allem im letzten Drittel zahlreiche Doppelungen und "das habe ich doch schon gelesen?!"-Momente. Ja, krass, dass der eine griechische Abgeordnete im Gefängnis sitzt und trotzdem volle Bezüge erhält und auch wieder zur Wahl antreten kann und während Corona quasi 'aus dem Homeoffice' sogar an Abstimmungen teilnehmen durfte. Aber es hätte gereicht, das einmal zu erzählen.


    Insgesamt aber ein kritisches und notwendiges Buch und ein Aufruf, wählen zu gehen, sich zu engagieren und mitzugestalten.

    4ratten