Kira Mohn - Die Nacht der Bärin

  • Erschütternd


    ‎ Die Nacht der Bärin, Roman von Kira Mohn, HarperCollins eBook


    Gewalt innerhalb der Familie


    Jule ist entsetzt, bei einem Streit mit ihrem Freund, ist er ausgerastet und hat sie angegriffen. Nun verstört, ist sie auf dem Weg zu ihren Eltern, dort will sie in Ruhe überlegen, wie es weitergehen soll. Hier erfährt sie, dass ihre Großmutter, die sie nie kennenlernte, gestorben ist. Zusammen mit ihrer Mutter fährt sie in das Haus ihrer Oma, um auszuräumen, dort stößt sie auf Hinweise auf ein schreckliches Familiengeheimnis, welches ihre Mutter stets von ihr geheim gehalten hatte.
    Zuerst eine deutliche Triggerwarnung im Buch geht es um Beschreibungen von Gewalt in Beziehungen und in der Familie. Auch mich hat das Buch extrem aufgewühlt, wenn man in einer liebevollen Familie aufwachsen durfte, ist die Beschreibung eines Vaters, der Mutter und Kinder misshandelt und terrorisiert unbegreiflich. Für Betroffene vermutlich unerträglich.
    Das Buch besteht aus 19 aufwühlenden, atmosphärisch sehr dichten Kapiteln, voller Spannung, die sich immer weiter steigert. Die einzelnen Kapitel wechseln sich ab, zum einen die Schilderung was damals im Haus, in der Familie geschah, diese im auktorialen Stil. Die Beschreibung in der Gegenwart ist aus der Sicht der Protagonistin Jule in der Ich-Form, genau dieser Wechsel war es der den Lesefluss gesteigert hat, ich konnte einfach nicht aufhören und hab das Buch in einem Rutsch gelesen.
    Ganz besonders betroffen gemacht haben mich die Zitate zwischen den Kapiteln, einzelne Sätze die bei häuslicher Gewalt als bedrohliche Aussagen verwendet werden z.B. „Du tust, was ich dir sage“ „Du treibst mich doch dazu“ oder „Habe ich dir das erlaubt“. Da haben sich bei mir regelrecht die Haare aufgestellt. Gedanken sind kursiv gedruckt und damit deutlich gemacht.
    Anfangs habe ich den Erzählstrang in der Gegenwart fesselnder gefunden. Aktuell, was zwischen Jule und Jasper vorgefallen ist und wie es weitergeht, doch immer mehr und zusehend schlimmer wurden die Kapitel aus der Vergangenheit, eine Weile hat es gedauert bis ich die beiden Erzählstränge miteinander in Verbindung bringen konnte. Auch die Erzählung an sich, die Beschreibungen der Erlebnisse im Wald, waren sehr flüssig und stimmungsvoll und bildmalerisch zu lesen. Die Gewalttaten sind angedeutet, zum Glück kaum bildhaft angeführt.
    Die Geschichte erscheint zwar anfangs etwas wirr klärt sich aber zusehends, doch die große Frage die über allem schwebt und übrigbleibt: Was genau ist damals passiert? Und Warum spricht Jules Mama darüber mit keinem Wort. Warum hat Jule keinem Kontakt mehr, weder zu Mutter noch zur Schwester? Was hat zur Entfremdung der Schwestern geführt? Leider sind genau diese Fragen mir eigentlich kaum befriedigend beantwortet worden. Überhaupt fand ich Jules Mutter eine komische Figur im Buch, zu keiner Zeit hab ich ihre Handlungen verstanden, konnte ihre Beweggründe nicht nachvollziehen, im Erwachsenenalter und auch zum Teil als Jugendliche nicht.
    Da waren etliche sympathische Charaktere im Buch, Jules Vater z.B. Auch Jule selbst, ihre Entwicklung und ihr unerschütterliches Bedürfnis auf Klärung des Geschehens fand ich nachvollziehbar. Mir selbst ist es unbegreiflich, dass man erst am Todestag der Großmutter hinterfragt, warum es keinen Kontakt gab, noch nicht einmal von einer Tante wusste Jule bis dahin Bescheid.
    Insgesamt eine berührende Story, die mich über die Lektüre hinaus beschäftigt, beklemmend und mysteriös. Nicht in allen Punkten nachvollziehbar für mich. Wer sich einmal eine andere Seite von Kira Mohn erlesen möchte sollte zugreifen, von mir 3,5 also 4 Sterne.

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